Abschriften der Chronik des Jean de Bayon (verf. 1326) von 1544 in Ms.
537 (348) f. 54rb–vb der Stadtbibliothek zu Nancy (B1) und von 1682 in Ms. lat. 10.015 p. 268–272 der Nationalbibliothek zu
Paris (B2). – Zwei Einzelabschriften des 16. Jh. im Départementalarchiv zu
Épinal, Série H suppl. (C) und Fonds Buvignier-Clouet (D). – Französ.
Übers. des 16. Jh. in Ms. français 5.383 f. 17r–v der
Nationalbibliothek zu Paris (Ü).
Drucke: Aus B1: Belhomme, Historia Mediani in monte Vosago monasterii 259 = Ders., Antiquitates montis Vogesi 259. – Calmet, Hist. de Lorraine 11, preuves 535; 23, preuves 71. – Schoepflin, Alsatia dipl. 1,191 no
242 (aus Belhomme; angebl. “Ex authographo abbatiae Mediani monast.”) = Grandidier, Hist. eccl. d’Alsace 2,220 no
566 Auszug. – Posse, CD Sax. regiae 1.2,36 no
42 Auszug aus Schoepflin. Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,498 no
3. – Bréquigny, Table chronol. 2,440. – Stälin, Wirtemberg. Gesch. 2,379. – Erhard, Reg. Westf. 1,222 no
1397. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,231 no
1092. – Wentzcke, Strassburger Reg. 1,302 no
395. – Böhmer
Reg. 2037. – Stumpf
Reg. 3111.
Sämtliche Überlieferungen des D.127 beruhen offensichtlich auf seinem
Insert in der Chronik des Jean de Bayon; zu ihm vgl. Belhomme
a.a.O. 229f. u. 299f., Calmet, Bibliothèque lorraine 86f., Jérome, L’abbaye de Moyenmoutier 1,44ff. und Kaeppeli, SS Ord. Praed. 2,384; Belhomme
und Calmet
kannten von der Chronik nur die Kopie von 1544 (= B1), von der Belhomme
a.a.O. 300 die damalige Handschriftensignatur der Klosterbibliothek
mitteilt (“sub litt.X.2.n.25”). – Das Einsetzen der abschriftlichen
Überlieferung erst mehr als zwei Jahrhunderte nach Abfassung der
Chronik erschwert ein sicheres Urteil über die Abhängigkeiten der
insgesamt recht fehlerhaften Abschriften; wir müssen annehmen, dass
zwischen 1326 und 1544 mehrere verlorene Abschriften der Chronik
entstanden waren (vgl. Anm. co!), die alle den Kopisten als Vorlagen
dienen konnten; außerdem dürfte die Abschrift des D.127 schon in der
Original-Handschrift nicht ganz fehlerfrei gewesen sein (vgl.
insbesondere Anm. dr). Für große Lücken in der Überlieferung spricht
letztlich, dass von den für den Druck verwendeten vier Abschriften
keine unmittelbar von der anderen abhängig ist: Dass B2
keine Abschrift von B1
ist, zeigen zahlreiche Abweichungen (vgl. z.B. Anm. m, p, s, u, y,
a’, c’ usw.); die Abschriften B2CD stehen einander zwar sehr nahe (vgl. z.B. Anm. a, s, a’, c’, f’,
h’, i’ usw.), was aber offenbar nur auf die Benützung einer
gemeinsamen Vorlage zurückzuführen ist, da die häufig miteinander
übereinstimmenden Abschriften CD (vgl. z.B. Anm. e–g, o, x, b’, l’
usw.) vielfach von B2
abweichen und dabei öfters die besseren Lesungen bieten (vgl. z.B. c,
e–g, y, b’, x’ usw.); aber auch D ist nicht eine Abschrift von C, da
in ihr gelegentlich Fehler von C vermieden sind (vgl. z.B. Anm. e’,
dk, dm, ee; s. auch Anm. eb). Schließlich fußt auch die Übersetzung
des 16. Jh. (Ü), die wir in den Anmerkungen nur gelegentlich zitieren,
offenbar auf keiner der vier Abschriften, ermöglicht sie doch in
einzelnen Fällen eine Korrektur gegenüber BCD (vgl. Anm. a”, am und
ca). – Diese Divergenzen zwischen den ihrerseits unzuverlässigen
Abschriften erschweren die Herstellung eines in allen Punkten
gesicherten Textes.
An der Herstellung des verlorenen Originals, für dessen Dispositio
ohne Zweifel ein Empfängerentwurf vorgelegen hat, war Notar Adalbert A
in nicht mehr ganz zu klärendem Umfang beteiligt. Bei Hausmann, Reichskanzlei 66 fehlt D.127 überhaupt unter den dem Notar
zugewiesenen Stücken, da er offenbar, in falscher Einschätzung der zwischen den mit demselben Tagesdatum
versehenen DD.127 und † 293 tatsächlich bestehenden Abhängigkeit,
irrigerweise das D.†293 für Étival für das (einzige) unter
Kanzleibeteiligung entstandene (später verfälschte) Diplom hielt
(a.a.O. 66 no
62 zu St. 3110 [= D†293]: “Diktat der echten Vorlage”).
Die Frage nach der Präzedenz hatte jedoch schon vorher Perrin, Recherches 340ff. u. 353ff. eindeutig dahingehend beantwortet, dass
sowohl D.†293 als auch das Privileg P. Innocenz’ II. von 1140 Dez. 12
(JL 8109) für Étival mit Hilfe des D.127 bzw. des Innocenz-Privilegs
für Moyenmoutier von 1140 Dez. 12 (JL 8108) hergestellte
Totalfälschungen darstellen, wobei aus D.127 der ganze Anfang (bis
Anm. i’) und der ganze Schluss (ab Anm. cp) fast wörtlich in D.†293
übernommen wurden, wie ähnlich auch zwischen den beiden
Papstprivilegien – bis auf den Austausch der Dispositio –
weitestgehende textliche Deckungsgleichheit besteht.
Bemerkenswert ist dabei aber, dass die – abgeleiteten – beiden Texte
für Étival in der dortigen Überlieferung weit besser die ursprüngliche
Textgestalt ihrer Vorlagen bewahrt haben als die auf Jean de Bayon
basierenden Abschriften. Bei den Papstprivilegien bietet z.B. JL 8109
für Étival am Schluss der Inskriptio das einem Privileg gemäße
in perpetuum gegenüber dem
salutem et apostolicam benedictionem des JL 8108 (Abschrift in B1
f. 76ra–77ra; teilweise fehlerhafter, aber offenbar noch eine andere
Vorlage benützender [s. Jérome
a.a.O. 260 Anm. 1; s. auch unten Anm. 3] Druck bei Belhomme
a.a.O. 284ff.; unten wird das Privileg gelegentlich mit der Angabe
“1140” zitiert), außerdem enthält JL 8109 eine wesentlich
vollständigere Wiedergabe der Kardinalsunterschriften.
Was nun unser Diplom angeht, so ist es in zahlreichen Fällen erst mit
Hilfe des D.†293 (unten jeweils als NU. zitiert) möglich, einen
einwandfreieren Text von D.127 herzustellen (vgl. Anm. b, k, w, c’
usw.) oder die Entscheidung zugunsten einer bestimmten
handschriftlichen Variante zu treffen (vgl. Anm. e, f, p, s, u, y, a’,
e’–g’ usw.): So liefert die NU. für die in D.127 zweifelsfrei auf den
Notar zurückgehenden Partien, nämlich das engere Protokoll (Invokatio
u. Intitulatio), die in BCD teilweise verderbte richtige Formulierung
(s. Anm. a und b), im Eschatokoll die kanzleigemäßen, in BCD
vollständig fehlenden Signum- und Rekognitionszeilen (s. Anm. dr). –
Wenn jedoch in der, im übrigen vollständig den gleichzeitigen Diplomen
entsprechenden Datierung das dortige stereotype
quinto rege Romanorum sowohl in BCD als auch in NU. ersetzt ist durch
quarto Romanorum augusto (= B und NU.), quarto Rom. imperatore augusto (= D) bzw.
quarto Rom. augusto imperatore (= C; vgl. Anm. dz), was so auf keinen Fall in dem vom Notar
verfassten Original gestanden haben kann, dann ist aus dieser –
offenbar an der Formulierung der Intitulatio orientierten,
überflüssigen und zudem in ihrer Verbindung der Zahl der Königsjahre
mit dem Kaisertitel unsinnigen – Manipulation der zwingende Schluss zu
ziehen, dass sowohl Jean de Bayon als auch der Fälscher des D.†293
nicht mehr das echte Original von D.127, sondern eine mit dessen Hilfe
hergestellte Fälschung
vorfanden.
Die Beantwortung der Frage, in welchem Umfang dieses Falsum den
ursprünglichen Text veränderte oder erweiterte, hängt zunächst davon
ab, welche weiteren Textpartien, über Protokoll und Eschatokoll
hinaus, mit einiger Wahrscheinlichkeit als vom Kanzleinotar herrührend
angenommen werden können: Die Wiederholung der Intitulatio (Z. ■), mit
ihrer Eröffnung durch
ego in der im übrigen pluralischen Satzkonstruktion, ist eine
Diktateigentümlichkeit des Notars, wie sie gerade in seinen Diplomen
der ersten Hälfte des Jahres 1114 wiederholt begegnet (s. DD.117, 124,
130, 132), so dass der ganze betreffende Satz, mit Publikatio (zur
Verwendung des eröffnenden
Notum sit statt des üblicheren
Omnibus … notum fieri volumus vgl. z.B. D.126), Interventio, Petitio und Dispositio-Beginn, seinem
Diktat zugesprochen werden muss. – Wohl zwangsläufig muss dann auch
die vorangehende ausführliche Arenga mit ihrem singulären Gedankengut
vom Notar stammen. – Zu seinem Diktat gehört sodann mit Sicherheit
wieder der ganze Kontextschluß ab
Hanc igitur … (Z. ■), da die in die Korroboratio eingebaute Intervenientenliste nur
von ihm erstellt werden konnte; die ungewöhnliche Stellung ist wohl
dadurch zu erklären, dass der Notar sein Versäumnis, dass er bei der
eingangs (s. oben) schon gebotenen Interventionsformel (die dortigen
Termini sind hier um
testimonio erweitert) die üblicherweise dort erfolgende namentliche Nennung der
Intervenienten unterlassen hatte, nachträglich wettmachen wollte; Bresslau, Handb. 22,211 Anm. 5 spricht fälschlich von einer “Zeugenliste”. – Bei dem
Umfang dieser Diktatzuweisungen, die ein reichliches Drittel des
überlieferten Textes erfassen, ist davon auszugehen, dass das
verlorene Diplom zur Gänze von Adalbert A verfasst war.
Aus stilistischen und inhaltlichen Gründen spricht alles dafür, dass
seinem echten Diplom die ganze Fortsetzung der Dispositio bis
… observandam confirmamus (Z. ■) zugehörte: In einem logischen Kontext folgt auf die im ersten
Satz allgemein angesprochenen Entfremdungen die konkrete Angabe des
Umfangs dieser
ablata, danach die aus diesem Lehenbesitz (ex nostra manu) resultierende Pflicht des lothringischen Herzogs zur unentgeltlichen Ausübung der Vogtei in Moyenmoutier und
Vézeval (abg. Priorat bei dem ca. 5 km nw. Moyenmoutier gelegenen
Raon-l’Étape) und dann – nach Einfügung der Nachricht über
Teilrestitution der
ablata in Gestalt der zugehörigen Kirchen – das ausführliche Vogteistatut für
den als Vertreter des Herzogs fungierenden, vom König (wiederum
de nostra manu!) mit dem Bann belehnten Vogt, abschließend (ut compendium faciamus) mit der Verfügung, dass die Bestimmungen der für die genannten
due ville erlassenen
lex advocationis im Gebiet der ganzen Abtei Gültigkeit haben sollen.
Zu den im Text angesprochenen historischen Vorgängen, der im 9. Jh.
erfolgten Vergabe des Klosters durch Lothar I. oder Lothar II. an den
lothringischen Herzog, der sich die 1515 Hufen aneignete, sowie der
offensichlich im Einvernehmen mit Otto I. geschehenen Restitution der
Kirchen durch Herzog Friedrich I. von Oberlothringen (959–978), die
mit der von ihm vorgenommenen Wiedereinführung der Benediktinerregel
zusammenhängen dürfte, vgl. knapp, mit Literaturverweisen, Büttner
in ZGO 89,383ff. Vgl. ebenda zu den Klosterbesitzungen allgemein; zu
den in D.127 genannten Ortsnamen vgl. Belhomme
a.a.O. (Randvermerke zum Druck) und Jérome
a.a.O. 243ff.
Dass die Fortsetzung der Dispositio (Z. ■ff.) – ob zur Gänze oder nur
zum Teil, muss letztlich offenbleiben – nicht zum echten Original
gehörte, verrät der unübersehbare und totale Stilbruch, der sich schon
in der Eröffnung des ersten Satzes mit zwei Ortsnamen ausdrückt, die
wegen ihrer deutschen Namensformen nicht einmal den intendierten
Lokativ erkennen lassen (s. Anm. af); die daran anschließende
verunglückte Konstruktion, mit der Plazierung des Relativsatzes
quem … voluerint vor dem Hauptsatz
ipsum … habeant, begegnet, ein und denselben Diktator als Fälscher entlarvend, nochmals
und gleich doppelt weiter unten (qui … tenuerit, advocatus sit und
qui … tenet, … tueatur).
An letzterer Stelle, wo das Faktum, dass der Leheninhaber des Hofes zu
Bergheim die Vogtei über den Klosterbesitz zu Rorschwihr ausüben soll,
zweimal ausgedrückt ist, verrät sich u.E. auch das Hauptanliegen des
Fälschers: Er will die Regelung der Vogtei an ausgewählten Orten, an
denen es wahrscheinlich ihretwegen Probleme gegeben hatte, im Sinne
der für Moyenmoutier und Vézeval und das ganze Abteigebiet getroffenen
Bestimmungen, auf die in fast peinlich wirkender Weise immer wieder
zurückverwiesen wird (prescriptam legem advocationis custodiant …;
advocationis legem – semel dixisse sufficiat[!] – superius iam edictam … custodiat;
… sub prescripta lege advocationis), als durch den Kaiser unmittelbar verfügt darstellen; nebenbei
gelingt es ihm noch, in einem Nebensatz, die Eigentumsrechte des
Klosters an dem mit dem Hochstift Toul streitigen Hof zu Bergheim
festzuschreiben (vgl. dazu Büttner
a.a.O. 385 Anm. 3; s.A: D.*128), was im echten Original der
intervenierende B. Richwin von Toul wohl nicht hätte durchgehen
lassen.
Die Vogteipassagen bei den einzelnen Orten, die ja auch zu der
Abschluss-Bemerkung
ut compendium faciamus (s. oben) in Widerspruch stehen, sind demnach mit Sicherheit allesamt
als Interpolationen zu werten, waren auch für Pischek, Vogteigerichtsbarkeit 68 Anm. 2 der Grund, das D.127 insgesamt als
Fälschung zu verwerfen; dieselbe Bewertung, mit Datierung ins Ende des
13. Jh., bei Dubled
in Arch. de l’église d’Alsace 26,73 Anm. 378, der sich ausgiebig mit
den Vogteibestimmungen unseres D. befasst (a.a.O. 34 mit Anm. 149,
38ff. mit Anm. 177, 181 u. 192, 54f. mit Anm. 247, 255 u. 260, 57 mit
Anm. 273, 66ff. mit Anm. 325 u. 332 und 74f. mit Anm. 381 u. 387,
jeweils mit ausführlichen Textzitaten). Zur Deutung der herzoglichen
Vogtei als Rest der ursprünglichen Reichsrechte vgl. Boshof
in ZRG Kan. 66,69 u. 89.
Unklar bleibt, ob die im Passus über Feldkirch (abg. zwischen Obernai
u. Niedernai, s. Jérome
a.a.O. 245 Anm. 3) und Hindisheim enthaltene Bestätigung der Kirchen
und Kapellen an beiden Orten sowie zu Krautergersheim und Niedernai
evtl. zum ursprünglichen Textbestand zählt; dagegen könnte immerhin
sprechen, dass sich D.127 in seiner Konzeption offenbar mit einer
allgemeinen Besitzbestätigung begnügt hatte, und dass die im jetzigen
Text genannten Namen ohnedies nur einen verschwindend kleinen
Bruchteil der in der Enumeratio des Innocenz-Privilegs von 1140
aufgezählten weit über 50 Besitzungen ausmachen. – Man wird sich auch
fragen müssen, ob die im gleichen Passus enthaltene Befugnis des Abtes
und Propstes zur Einsetzung von
officiales in den gegebenen Lokalzusammenhang gehört und nicht etwa für das ganze
Klostergebiet gilt, in welchem Fall sie Bestandteil des
Original-Textes gewesen sein könnte; dies wäre dann auch für die
Bestimmungen über die
decime anzunehmen, zumal dort die kaiserliche
ira angedroht ist (Z. ■), was gegen eine Interpolation sprechen dürfte. –
Der Fälscher hätte dann seine Interpolationen nicht en bloc eingebaut,
sondern mit originalen Textpartien vermischt gehabt.
Zum ursprünglichen Text könnte am ehesten noch die Bestätigung der
Schenkung der
cella von Belval durch den Grafen Gerhard (von Vaudémont, s. Jérome
a.a.O. 247) gehören, da die dort erklärte Vogtfreiheit immerhin in
einem negativen Zusammenhang mit dem allgemeinen Vogteistatut steht. –
Schließlich könnte zum Originaltext auch das die Dispositio
abschließende Verbot von
exactiones und pernoctationes gerechnet werden. – Nachdem eine säuberliche Scheidung zwischen Echtem
und Interpolationen mit diplomatischen Mitteln nicht möglich ist,
verzichten wir in Regest und Text auf Kennzeichnung auch der für
sicher angesehenen Interpolationen durch Einschluss in spitze
Klammern. Diese haben wir im Kontext nur bei dem sinnlosen Einschub
von Anm. cu verwendet; außerdem bei den fünf Ortsnamen von Anm. co.
Letztere haben wegen ihrer asyndetischen Einfügung sogar sicher nicht
einmal im Original des Falsum gestanden; man wird vielmehr annehmen
müssen, dass sie in einer Abschrift der Chronik (oder dem Original des
Jean de Bayon?) am Rande notiert waren und erst in einer späteren
Abschrift in den Text eingefügt wurden. Es spricht immerhin viel
dafür, dass diese (aus dem Privileg von 1140 geschöpfte?) Namenliste
auf heimatgeschichtliche Interessen des Jean de Bayon zurückgeht, da
alle Orte in engerer Nachbarschaft von Bayon (arr. Lunéville) liegen;
das
Guneis identifizierte Belhomme
mit dem sw. Bayon gelegenen Gugney, was Jérome
a.a.O. 247 Anm. 5 ablehnt, der es wohl wegen der Nähe zu Mont (nach
ihm a.a.O. Anm. 4 “près de Réchicourt-le-Château”, fehlt auf Karte)
mit dem ca. 6 km s. Réchicourt gelegenen Gogney (arr. Lunéville, c.
Blâmont) gleichsetzt, womit alle 5 Orte, in einer Entfernung zwischen
ca. 10 und 45 km, östlich von Bayon lägen. – Zum Begriff
tenor (Z. ■; zum franz. Äquivalent
teneur s. Anm. 3) in Verbindung mit
possessio vgl. Du Cange, Glossarium s.v.
§ 2 und Blaise. Lex. lat. medii aevi s.v.
§ 1.
D.127 ist ein Schlüsseltext für die in der Literatur vieldiskutierte
Frage, ob dem Grafen Hermann I. von Winzenburg, der öfters, allerdings überwiegend in Diplomen, die in Italien
ausgestellt wurden (vgl. Nachweise in Vorbemerkung zu D.*10), als
comes de Saxonia bezeichnet wird, der Titel eines
marchio zustand. – Gestützt auf die von ihnen auf ihn bezogene hiesige
Formulierung
Hermanni marchionis de Saxonia haben Posse, CD Sax. regiae 1.1,142ff. Anm. 172 (Wiederholung aus dessen ein Jahr
älteren Darstellung Die Markgrafen von Meissen 265ff. Anm. 172) und Patze, Landesherrschaft 590ff. mit Anm. 55 (vorher in Anm. 52–54
unvollständige Aufzählung der
comes-Nennungen des Winzenburgers) einige der erstmals in D.95 von 1111
Oktober 2 begegnenden Nennungen eines
Herimannus marchio auf den Winzenburger beziehen wollen, allerdings nur die in relative
zeitliche Nähe zu D.127 gehörigen DD.130, 132 u. 135 von 1114 April
14–Aug. 26. wobei jedoch Patze
(a.a.O. 591) zugesteht, daß “oft” nicht zu unterscheiden sei, ob der
Winzenburger oder Markgraf Hermann II. von Baden (1074–1130) gemeint
sei, und (a.a.O. 592) meint, der Hermann I. von Winzenburg (er spricht
von “Hermann III. von Winzenburg-Reinhausen”) “beigelegte Titel
marchio (könne) nur die hervorgehobene Stellung zum Ausdruck bringen, die
Hermann in Sachsen erlangt hatte”; nicht recht verständlich ist, wenn Patze
(a.a.O. 591) als Indiz dafür, dass der Winzenburger (= Hermann I.)
gemeint sei, auf die seinen Sohn Hermann II. nennende Urkunde EB.
Adalberts II. von 1139 Mai 23 verweist (Acht, Mainzer UB 2.1.10 no
8:
marchio Herimannus et frater eius comes Heinricus de Asleburc).
Umgekehrt hat Jungmann-Stadler
in ihrer Untersuchung über die in 1. Ehe mit Hermann I. von
Winzenburg vermählte “Hedwig von Windberg” in ZBLG 46,235ff. keine
Bedenken getragen (S. 270f. mit Anm. 150–165), alle
ihr ab D.108 von 1112 Okt. 16, das sie als “erste Erwähnung seiner
Erhebung[!] zum Markgrafen” wertet, bekannt gewordenen Nennungen eines
Herimannus marchio bis einschließlich D.135 von 1114 Aug. 26 auf den Winzenburger zu
beziehen (es entgingen ihr nur D.†113 von 1113 April 6 sowie der
älteste Beleg, obiges D.95, und der jüngste, D.137 von 1114 Sept. 13;
außerdem Jer
marchio Herman von D.99, vgl. dortige Vorbem.). – Metz
in Die Salier u. das Reich 1,361 hat in seiner sehr unvollständigen
und fehlerhaften Liste der Nennungen des Winzenburgers (bezieht auf
ihn fälschlich zusätzlich die DD. † 16, 24 u. 94) die Nennungen in
DD.127/†293 ohne weiteres für ihn gelten lassen. Es ist nun zunächst
grundsätzlich davon auszugehen, dass, wie die
comes-Nennungen eines Hermann durchwegs auf den Winzenburger, so auch alle
marchio-Nennungen auf den Badener zu beziehen sind; das gilt insbesondere für
die knappe Zeit von 1111 Sept. bis 1112 Juli, in der sich letzte
Nennungen eines
comes (bis D. † 290 und in DD.100–103) und erste eines
marchio (in DD.95, 99, † 101. 102 und ab D.104) überlappen, wobei in DD.†101
und 102 der Badener und der Winzenburger gemeinsam hintereinander
genannt sind und in beiden letzterer mit dem sonst selten gebrauchten
(s. D.*10) Zusatz
de Winzeburch/Winzenburg, der Markgraf in D.102 mit dem Zusatz
de Badun versehen ist, der nur noch einmal in D.104 (de Badin) verwendet ist; in dieser Zeit war offenbar erstmals die
Notwendigkeit gegeben, zwei Hermanne zu unterscheiden, wobei man sie
sowohl mit unterschiedlichem Titel als auch (teilweise) mit ihrem
Geschlechtsnamen versah.
Es scheint aber ausgeschlossen, dass nach dieser säuberlichen
Scheidung der
comes- bzw.
marchio-Nennungen seit 1111 Sept. und nach der letzten Nennung eines
comes Hermann in D.103 sowie der Nennung des
Hermannus de Badin marchio in dem einen Monat jüngeren D.104 von 1112 Juli 16, plötzlich die – nur durch unser D.127 unterbrochene – lange Reihe der
bloßen
Herimannus marchio-Nennungen in DD.108 (von 1112 Okt. 16) … 137 (von 1114 Sept.13) nicht
den Badener, sondern den Winzenburger gemeint haben sollen, zumal nach
einer großen zeitlichen Lücke von Herbst 1114 bis Ende 1119, in der
keiner der beiden Hermanne in den Diplomen genannt wird, in D.224 von
1120 Jan. 21 wieder (und letztmals) der 1122 gestorbene Winzenburger
mit der Bezeichnung
Hermannus comes erscheint.
Letzte Gewissheit wird sich wohl nicht erzielen lassen, doch scheint
uns angesichts der Tatsache, dass der Winzenburger auch in den beiden
letzten vor der ersten
marchio-Nennung (D.95) liegenden, in Mainz ausgestellten DD.92 u. †290 den
Zusatz
comes de Saxonia aufwies, die plausibelste Erklärung zu sein, dass wir in D.127 mit
einer Ellipse gegenüber dem ursprünglichen Text zu rechnen haben, der
am ehesten
Hermanni marchionis, [Hermanni comitis] de Saxonia gelautet haben könnte! Da die Nachurkunde D. †293 dieselbe
Formulierung wie D.127 aufweist, ist wohl nicht mit einem
Kopistenfehler zu rechnen, sondern mit einem Fehler im Original (falls
nicht DD.127 und †293 eine gemeinsame fehlerhafte Kopie benützten).
Jedenfalls reicht die einmalige Nennung eines
marchio de Saxonia in dem kopialen D.127 nicht aus, so weitgehende Schlüsse wie vor allem Jungmann-Stadler
zu ziehen. – Es bleibt das auffällige Phänomen, dass D.127 nach der
langen Pause seit der letzten Nennung in D.103 von 1112 den einzigen
Beleg für die Anwesenheit des Winzenburgers am Hof darstellen würde,
der dort auch in der Folge nicht mehr nachweisbar ist; immerhin aber
ergäbe sich daraus zugleich, dass er sich im Jahre 1114 noch nicht der
sächsischen Opposition angeschlossen hatte (vgl. dazu Vorbemerkung zu
D.130). – Im übrigen darf hinsichtlich der rangmäßigen Einschätzung
eines
marchio auf das eine Woche ältere D.126 verwiesen werden, wo Pfalzgraf
Siegfried, Herimannus marchio und drei Grafen mit
necnon et comitum eingeführt sind.