Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<127.>>

Verunechtet.

Heinrich bestätigt dem Kloster Moyenmoutier die nach früheren Entfremdungen verbliebenen sowie die neuerworbenen Besitzungen, bestimmt, dass der Herzog von Lothringen, der 1515 dem Kloster entrissene Hufen jetzt vom König zu Lehen hat, dafür neben dem Königsdienst die Vogtei in Moyenmoutier und Vézeval unentgeltlich ausüben soll, bestätigt den freien Besitz der von Herzog Friedrich (I. von Oberlothringen) und Kaiser Otto (I.) restituierten Kirchen in den Dörfern der genannten Hufen, trifft spezielle Regelungen über die Vogtei im Gebiet der ganzen Abtei und an einzelnen Orten, gewährt dem Abt und Propst das Recht der Einsetzung der dörflichen Beamten und bestätigt einige einzeln genannte Besitzungen mit Bestimmungen über das dortige Vogtrecht.

Straßburg, 1114 März 18.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Abschriften der Chronik des Jean de Bayon (verf. 1326) von 1544 in Ms. 537 (348) f. 54rb–vb der Stadtbibliothek zu Nancy (B1) und von 1682 in Ms. lat. 10.015 p. 268–272 der Nationalbibliothek zu Paris (B2). – Zwei Einzelabschriften des 16. Jh. im Départementalarchiv zu Épinal, Série H suppl. (C) und Fonds Buvignier-Clouet (D). – Französ. Übers. des 16. Jh. in Ms. français 5.383 f. 17r–v der Nationalbibliothek zu Paris (Ü).

Drucke: Aus B1: Belhomme, Historia Mediani in monte Vosago monasterii 259 = Ders., Antiquitates montis Vogesi 259. – Calmet, Hist. de Lorraine 11, preuves 535; 23, preuves 71. – Schoepflin, Alsatia dipl. 1,191 no 242 (aus Belhomme; angebl. “Ex authographo abbatiae Mediani monast.”) = Grandidier, Hist. eccl. d’Alsace 2,220 no 566 Auszug. – Posse, CD Sax. regiae 1.2,36 no 42 Auszug aus Schoepflin. Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,498 no 3. – Bréquigny, Table chronol. 2,440. – Stälin, Wirtemberg. Gesch. 2,379. – Erhard, Reg. Westf. 1,222 no 1397. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,231 no 1092. – Wentzcke, Strassburger Reg. 1,302 no 395. – Böhmer Reg. 2037. – Stumpf Reg. 3111.

Sämtliche Überlieferungen des D.127 beruhen offensichtlich auf seinem Insert in der Chronik des Jean de Bayon; zu ihm vgl. Belhomme a.a.O. 229f. u. 299f., Calmet, Bibliothèque lorraine 86f., Jérome, L’abbaye de Moyenmoutier 1,44ff. und Kaeppeli, SS Ord. Praed. 2,384; Belhomme und Calmet kannten von der Chronik nur die Kopie von 1544 (= B1), von der Belhomme a.a.O. 300 die damalige Handschriftensignatur der Klosterbibliothek mitteilt (“sub litt.X.2.n.25”). – Das Einsetzen der abschriftlichen Überlieferung erst mehr als zwei Jahrhunderte nach Abfassung der Chronik erschwert ein sicheres Urteil über die Abhängigkeiten der insgesamt recht fehlerhaften Abschriften; wir müssen annehmen, dass zwischen 1326 und 1544 mehrere verlorene Abschriften der Chronik entstanden waren (vgl. Anm. co!), die alle den Kopisten als Vorlagen dienen konnten; außerdem dürfte die Abschrift des D.127 schon in der Original-Handschrift nicht ganz fehlerfrei gewesen sein (vgl. insbesondere Anm. dr). Für große Lücken in der Überlieferung spricht letztlich, dass von den für den Druck verwendeten vier Abschriften keine unmittelbar von der anderen abhängig ist: Dass B2 keine Abschrift von B1 ist, zeigen zahlreiche Abweichungen (vgl. z.B. Anm. m, p, s, u, y, a’, c’ usw.); die Abschriften B2CD stehen einander zwar sehr nahe (vgl. z.B. Anm. a, s, a’, c’, f’, h’, i’ usw.), was aber offenbar nur auf die Benützung einer gemeinsamen Vorlage zurückzuführen ist, da die häufig miteinander übereinstimmenden Abschriften CD (vgl. z.B. Anm. e–g, o, x, b’, l’ usw.) vielfach von B2 abweichen und dabei öfters die besseren Lesungen bieten (vgl. z.B. c, e–g, y, b’, x’ usw.); aber auch D ist nicht eine Abschrift von C, da in ihr gelegentlich Fehler von C vermieden sind (vgl. z.B. Anm. e’, dk, dm, ee; s. auch Anm. eb). Schließlich fußt auch die Übersetzung des 16. Jh. (Ü), die wir in den Anmerkungen nur gelegentlich zitieren, offenbar auf keiner der vier Abschriften, ermöglicht sie doch in einzelnen Fällen eine Korrektur gegenüber BCD (vgl. Anm. a”, am und ca). – Diese Divergenzen zwischen den ihrerseits unzuverlässigen Abschriften erschweren die Herstellung eines in allen Punkten gesicherten Textes.

An der Herstellung des verlorenen Originals, für dessen Dispositio ohne Zweifel ein Empfängerentwurf vorgelegen hat, war Notar Adalbert A in nicht mehr ganz zu klärendem Umfang beteiligt. Bei Hausmann, Reichskanzlei 66 fehlt D.127 überhaupt unter den dem Notar zugewiesenen Stücken, da er offenbar, in falscher Einschätzung der zwischen den mit demselben Tagesdatum versehenen DD.127 und † 293 tatsächlich bestehenden Abhängigkeit, irrigerweise das D.†293 für Étival für das (einzige) unter Kanzleibeteiligung entstandene (später verfälschte) Diplom hielt (a.a.O. 66 no 62 zu St. 3110 [= D†293]: “Diktat der echten Vorlage”).

Die Frage nach der Präzedenz hatte jedoch schon vorher Perrin, Recherches 340ff. u. 353ff. eindeutig dahingehend beantwortet, dass sowohl D.†293 als auch das Privileg P. Innocenz’ II. von 1140 Dez. 12 (JL 8109) für Étival mit Hilfe des D.127 bzw. des Innocenz-Privilegs für Moyenmoutier von 1140 Dez. 12 (JL 8108) hergestellte Totalfälschungen darstellen, wobei aus D.127 der ganze Anfang (bis Anm. i’) und der ganze Schluss (ab Anm. cp) fast wörtlich in D.†293 übernommen wurden, wie ähnlich auch zwischen den beiden Papstprivilegien – bis auf den Austausch der Dispositio – weitestgehende textliche Deckungsgleichheit besteht.

Bemerkenswert ist dabei aber, dass die – abgeleiteten – beiden Texte für Étival in der dortigen Überlieferung weit besser die ursprüngliche Textgestalt ihrer Vorlagen bewahrt haben als die auf Jean de Bayon basierenden Abschriften. Bei den Papstprivilegien bietet z.B. JL 8109 für Étival am Schluss der Inskriptio das einem Privileg gemäße in perpetuum gegenüber dem salutem et apostolicam benedictionem des JL 8108 (Abschrift in B1 f. 76ra–77ra; teilweise fehlerhafter, aber offenbar noch eine andere Vorlage benützender [s. Jérome a.a.O. 260 Anm. 1; s. auch unten Anm. 3] Druck bei Belhomme a.a.O. 284ff.; unten wird das Privileg gelegentlich mit der Angabe “1140” zitiert), außerdem enthält JL 8109 eine wesentlich vollständigere Wiedergabe der Kardinalsunterschriften.

Was nun unser Diplom angeht, so ist es in zahlreichen Fällen erst mit Hilfe des D.†293 (unten jeweils als NU. zitiert) möglich, einen einwandfreieren Text von D.127 herzustellen (vgl. Anm. b, k, w, c’ usw.) oder die Entscheidung zugunsten einer bestimmten handschriftlichen Variante zu treffen (vgl. Anm. e, f, p, s, u, y, a’, e’–g’ usw.): So liefert die NU. für die in D.127 zweifelsfrei auf den Notar zurückgehenden Partien, nämlich das engere Protokoll (Invokatio u. Intitulatio), die in BCD teilweise verderbte richtige Formulierung (s. Anm. a und b), im Eschatokoll die kanzleigemäßen, in BCD vollständig fehlenden Signum- und Rekognitionszeilen (s. Anm. dr). – Wenn jedoch in der, im übrigen vollständig den gleichzeitigen Diplomen entsprechenden Datierung das dortige stereotype quinto rege Romanorum sowohl in BCD als auch in NU. ersetzt ist durch quarto Romanorum augusto (= B und NU.), quarto Rom. imperatore augusto (= D) bzw. quarto Rom. augusto imperatore (= C; vgl. Anm. dz), was so auf keinen Fall in dem vom Notar verfassten Original gestanden haben kann, dann ist aus dieser – offenbar an der Formulierung der Intitulatio orientierten, überflüssigen und zudem in ihrer Verbindung der Zahl der Königsjahre mit dem Kaisertitel unsinnigen – Manipulation der zwingende Schluss zu ziehen, dass sowohl Jean de Bayon als auch der Fälscher des D.†293 nicht mehr das echte Original von D.127, sondern eine mit dessen Hilfe hergestellte Fälschung vorfanden.

Die Beantwortung der Frage, in welchem Umfang dieses Falsum den ursprünglichen Text veränderte oder erweiterte, hängt zunächst davon ab, welche weiteren Textpartien, über Protokoll und Eschatokoll hinaus, mit einiger Wahrscheinlichkeit als vom Kanzleinotar herrührend angenommen werden können: Die Wiederholung der Intitulatio (Z. ■), mit ihrer Eröffnung durch ego in der im übrigen pluralischen Satzkonstruktion, ist eine Diktateigentümlichkeit des Notars, wie sie gerade in seinen Diplomen der ersten Hälfte des Jahres 1114 wiederholt begegnet (s. DD.117, 124, 130, 132), so dass der ganze betreffende Satz, mit Publikatio (zur Verwendung des eröffnenden Notum sit statt des üblicheren Omnibus … notum fieri volumus vgl. z.B. D.126), Interventio, Petitio und Dispositio-Beginn, seinem Diktat zugesprochen werden muss. – Wohl zwangsläufig muss dann auch die vorangehende ausführliche Arenga mit ihrem singulären Gedankengut vom Notar stammen. – Zu seinem Diktat gehört sodann mit Sicherheit wieder der ganze Kontextschluß ab Hanc igitur … (Z. ■), da die in die Korroboratio eingebaute Intervenientenliste nur von ihm erstellt werden konnte; die ungewöhnliche Stellung ist wohl dadurch zu erklären, dass der Notar sein Versäumnis, dass er bei der eingangs (s. oben) schon gebotenen Interventionsformel (die dortigen Termini sind hier um testimonio erweitert) die üblicherweise dort erfolgende namentliche Nennung der Intervenienten unterlassen hatte, nachträglich wettmachen wollte; Bresslau, Handb. 22,211 Anm. 5 spricht fälschlich von einer “Zeugenliste”. – Bei dem Umfang dieser Diktatzuweisungen, die ein reichliches Drittel des überlieferten Textes erfassen, ist davon auszugehen, dass das verlorene Diplom zur Gänze von Adalbert A verfasst war.

Aus stilistischen und inhaltlichen Gründen spricht alles dafür, dass seinem echten Diplom die ganze Fortsetzung der Dispositio bis … observandam confirmamus (Z. ■) zugehörte: In einem logischen Kontext folgt auf die im ersten Satz allgemein angesprochenen Entfremdungen die konkrete Angabe des Umfangs dieser ablata, danach die aus diesem Lehenbesitz (ex nostra manu) resultierende Pflicht des lothringischen Herzogs zur unentgeltlichen Ausübung der Vogtei in Moyenmoutier und Vézeval (abg. Priorat bei dem ca. 5 km nw. Moyenmoutier gelegenen Raon-l’Étape) und dann – nach Einfügung der Nachricht über Teilrestitution der ablata in Gestalt der zugehörigen Kirchen – das ausführliche Vogteistatut für den als Vertreter des Herzogs fungierenden, vom König (wiederum de nostra manu!) mit dem Bann belehnten Vogt, abschließend (ut compendium faciamus) mit der Verfügung, dass die Bestimmungen der für die genannten due ville erlassenen lex advocationis im Gebiet der ganzen Abtei Gültigkeit haben sollen.

Zu den im Text angesprochenen historischen Vorgängen, der im 9. Jh. erfolgten Vergabe des Klosters durch Lothar I. oder Lothar II. an den lothringischen Herzog, der sich die 1515 Hufen aneignete, sowie der offensichlich im Einvernehmen mit Otto I. geschehenen Restitution der Kirchen durch Herzog Friedrich I. von Oberlothringen (959–978), die mit der von ihm vorgenommenen Wiedereinführung der Benediktinerregel zusammenhängen dürfte, vgl. knapp, mit Literaturverweisen, Büttner in ZGO 89,383ff. Vgl. ebenda zu den Klosterbesitzungen allgemein; zu den in D.127 genannten Ortsnamen vgl. Belhomme a.a.O. (Randvermerke zum Druck) und Jérome a.a.O. 243ff.

Dass die Fortsetzung der Dispositio (Z. ■ff.) – ob zur Gänze oder nur zum Teil, muss letztlich offenbleiben – nicht zum echten Original gehörte, verrät der unübersehbare und totale Stilbruch, der sich schon in der Eröffnung des ersten Satzes mit zwei Ortsnamen ausdrückt, die wegen ihrer deutschen Namensformen nicht einmal den intendierten Lokativ erkennen lassen (s. Anm. af); die daran anschließende verunglückte Konstruktion, mit der Plazierung des Relativsatzes quem … voluerint vor dem Hauptsatz ipsum … habeant, begegnet, ein und denselben Diktator als Fälscher entlarvend, nochmals und gleich doppelt weiter unten (qui … tenuerit, advocatus sit und qui … tenet, … tueatur).

An letzterer Stelle, wo das Faktum, dass der Leheninhaber des Hofes zu Bergheim die Vogtei über den Klosterbesitz zu Rorschwihr ausüben soll, zweimal ausgedrückt ist, verrät sich u.E. auch das Hauptanliegen des Fälschers: Er will die Regelung der Vogtei an ausgewählten Orten, an denen es wahrscheinlich ihretwegen Probleme gegeben hatte, im Sinne der für Moyenmoutier und Vézeval und das ganze Abteigebiet getroffenen Bestimmungen, auf die in fast peinlich wirkender Weise immer wieder zurückverwiesen wird (prescriptam legem advocationis custodiant …; advocationis legem – semel dixisse sufficiat[!] – superius iam edictam … custodiat; … sub prescripta lege advocationis), als durch den Kaiser unmittelbar verfügt darstellen; nebenbei gelingt es ihm noch, in einem Nebensatz, die Eigentumsrechte des Klosters an dem mit dem Hochstift Toul streitigen Hof zu Bergheim festzuschreiben (vgl. dazu Büttner a.a.O. 385 Anm. 3; s.A: D.*128), was im echten Original der intervenierende B. Richwin von Toul wohl nicht hätte durchgehen lassen.

Die Vogteipassagen bei den einzelnen Orten, die ja auch zu der Abschluss-Bemerkung ut compendium faciamus (s. oben) in Widerspruch stehen, sind demnach mit Sicherheit allesamt als Interpolationen zu werten, waren auch für Pischek, Vogteigerichtsbarkeit 68 Anm. 2 der Grund, das D.127 insgesamt als Fälschung zu verwerfen; dieselbe Bewertung, mit Datierung ins Ende des 13. Jh., bei Dubled in Arch. de l’église d’Alsace 26,73 Anm. 378, der sich ausgiebig mit den Vogteibestimmungen unseres D. befasst (a.a.O. 34 mit Anm. 149, 38ff. mit Anm. 177, 181 u. 192, 54f. mit Anm. 247, 255 u. 260, 57 mit Anm. 273, 66ff. mit Anm. 325 u. 332 und 74f. mit Anm. 381 u. 387, jeweils mit ausführlichen Textzitaten). Zur Deutung der herzoglichen Vogtei als Rest der ursprünglichen Reichsrechte vgl. Boshof in ZRG Kan. 66,69 u. 89.

Unklar bleibt, ob die im Passus über Feldkirch (abg. zwischen Obernai u. Niedernai, s. Jérome a.a.O. 245 Anm. 3) und Hindisheim enthaltene Bestätigung der Kirchen und Kapellen an beiden Orten sowie zu Krautergersheim und Niedernai evtl. zum ursprünglichen Textbestand zählt; dagegen könnte immerhin sprechen, dass sich D.127 in seiner Konzeption offenbar mit einer allgemeinen Besitzbestätigung begnügt hatte, und dass die im jetzigen Text genannten Namen ohnedies nur einen verschwindend kleinen Bruchteil der in der Enumeratio des Innocenz-Privilegs von 1140 aufgezählten weit über 50 Besitzungen ausmachen. – Man wird sich auch fragen müssen, ob die im gleichen Passus enthaltene Befugnis des Abtes und Propstes zur Einsetzung von officiales in den gegebenen Lokalzusammenhang gehört und nicht etwa für das ganze Klostergebiet gilt, in welchem Fall sie Bestandteil des Original-Textes gewesen sein könnte; dies wäre dann auch für die Bestimmungen über die decime anzunehmen, zumal dort die kaiserliche ira angedroht ist (Z. ■), was gegen eine Interpolation sprechen dürfte. – Der Fälscher hätte dann seine Interpolationen nicht en bloc eingebaut, sondern mit originalen Textpartien vermischt gehabt.

Zum ursprünglichen Text könnte am ehesten noch die Bestätigung der Schenkung der cella von Belval durch den Grafen Gerhard (von Vaudémont, s. Jérome a.a.O. 247) gehören, da die dort erklärte Vogtfreiheit immerhin in einem negativen Zusammenhang mit dem allgemeinen Vogteistatut steht. – Schließlich könnte zum Originaltext auch das die Dispositio abschließende Verbot von exactiones und pernoctationes gerechnet werden. – Nachdem eine säuberliche Scheidung zwischen Echtem und Interpolationen mit diplomatischen Mitteln nicht möglich ist, verzichten wir in Regest und Text auf Kennzeichnung auch der für sicher angesehenen Interpolationen durch Einschluss in spitze Klammern. Diese haben wir im Kontext nur bei dem sinnlosen Einschub von Anm. cu verwendet; außerdem bei den fünf Ortsnamen von Anm. co.

Letztere haben wegen ihrer asyndetischen Einfügung sogar sicher nicht einmal im Original des Falsum gestanden; man wird vielmehr annehmen müssen, dass sie in einer Abschrift der Chronik (oder dem Original des Jean de Bayon?) am Rande notiert waren und erst in einer späteren Abschrift in den Text eingefügt wurden. Es spricht immerhin viel dafür, dass diese (aus dem Privileg von 1140 geschöpfte?) Namenliste auf heimatgeschichtliche Interessen des Jean de Bayon zurückgeht, da alle Orte in engerer Nachbarschaft von Bayon (arr. Lunéville) liegen; das Guneis identifizierte Belhomme mit dem sw. Bayon gelegenen Gugney, was Jérome a.a.O. 247 Anm. 5 ablehnt, der es wohl wegen der Nähe zu Mont (nach ihm a.a.O. Anm. 4 “près de Réchicourt-le-Château”, fehlt auf Karte) mit dem ca. 6 km s. Réchicourt gelegenen Gogney (arr. Lunéville, c. Blâmont) gleichsetzt, womit alle 5 Orte, in einer Entfernung zwischen ca. 10 und 45 km, östlich von Bayon lägen. – Zum Begriff tenor (Z. ■; zum franz. Äquivalent teneur s. Anm. 3) in Verbindung mit possessio vgl. Du Cange, Glossarium s.v. § 2 und Blaise. Lex. lat. medii aevi s.v. § 1.

D.127 ist ein Schlüsseltext für die in der Literatur vieldiskutierte Frage, ob dem Grafen Hermann I. von Winzenburg, der öfters, allerdings überwiegend in Diplomen, die in Italien ausgestellt wurden (vgl. Nachweise in Vorbemerkung zu D.*10), als comes de Saxonia bezeichnet wird, der Titel eines marchio zustand. – Gestützt auf die von ihnen auf ihn bezogene hiesige Formulierung Hermanni marchionis de Saxonia haben Posse, CD Sax. regiae 1.1,142ff. Anm. 172 (Wiederholung aus dessen ein Jahr älteren Darstellung Die Markgrafen von Meissen 265ff. Anm. 172) und Patze, Landesherrschaft 590ff. mit Anm. 55 (vorher in Anm. 52–54 unvollständige Aufzählung der comes-Nennungen des Winzenburgers) einige der erstmals in D.95 von 1111 Oktober 2 begegnenden Nennungen eines Herimannus marchio auf den Winzenburger beziehen wollen, allerdings nur die in relative zeitliche Nähe zu D.127 gehörigen DD.130, 132 u. 135 von 1114 April 14–Aug. 26. wobei jedoch Patze (a.a.O. 591) zugesteht, daß “oft” nicht zu unterscheiden sei, ob der Winzenburger oder Markgraf Hermann II. von Baden (1074–1130) gemeint sei, und (a.a.O. 592) meint, der Hermann I. von Winzenburg (er spricht von “Hermann III. von Winzenburg-Reinhausen”) “beigelegte Titel marchio (könne) nur die hervorgehobene Stellung zum Ausdruck bringen, die Hermann in Sachsen erlangt hatte”; nicht recht verständlich ist, wenn Patze (a.a.O. 591) als Indiz dafür, dass der Winzenburger (= Hermann I.) gemeint sei, auf die seinen Sohn Hermann II. nennende Urkunde EB. Adalberts II. von 1139 Mai 23 verweist (Acht, Mainzer UB 2.1.10 no 8: marchio Herimannus et frater eius comes Heinricus de Asleburc).

Umgekehrt hat Jungmann-Stadler in ihrer Untersuchung über die in 1. Ehe mit Hermann I. von Winzenburg vermählte “Hedwig von Windberg” in ZBLG 46,235ff. keine Bedenken getragen (S. 270f. mit Anm. 150–165), alle ihr ab D.108 von 1112 Okt. 16, das sie als “erste Erwähnung seiner Erhebung[!] zum Markgrafen” wertet, bekannt gewordenen Nennungen eines Herimannus marchio bis einschließlich D.135 von 1114 Aug. 26 auf den Winzenburger zu beziehen (es entgingen ihr nur D.†113 von 1113 April 6 sowie der älteste Beleg, obiges D.95, und der jüngste, D.137 von 1114 Sept. 13; außerdem Jer marchio Herman von D.99, vgl. dortige Vorbem.). – Metz in Die Salier u. das Reich 1,361 hat in seiner sehr unvollständigen und fehlerhaften Liste der Nennungen des Winzenburgers (bezieht auf ihn fälschlich zusätzlich die DD. † 16, 24 u. 94) die Nennungen in DD.127/†293 ohne weiteres für ihn gelten lassen. Es ist nun zunächst grundsätzlich davon auszugehen, dass, wie die comes-Nennungen eines Hermann durchwegs auf den Winzenburger, so auch alle marchio-Nennungen auf den Badener zu beziehen sind; das gilt insbesondere für die knappe Zeit von 1111 Sept. bis 1112 Juli, in der sich letzte Nennungen eines comes (bis D. † 290 und in DD.100–103) und erste eines marchio (in DD.95, 99, † 101. 102 und ab D.104) überlappen, wobei in DD.†101 und 102 der Badener und der Winzenburger gemeinsam hintereinander genannt sind und in beiden letzterer mit dem sonst selten gebrauchten (s. D.*10) Zusatz de Winzeburch/Winzenburg, der Markgraf in D.102 mit dem Zusatz de Badun versehen ist, der nur noch einmal in D.104 (de Badin) verwendet ist; in dieser Zeit war offenbar erstmals die Notwendigkeit gegeben, zwei Hermanne zu unterscheiden, wobei man sie sowohl mit unterschiedlichem Titel als auch (teilweise) mit ihrem Geschlechtsnamen versah.

Es scheint aber ausgeschlossen, dass nach dieser säuberlichen Scheidung der comes- bzw. marchio-Nennungen seit 1111 Sept. und nach der letzten Nennung eines comes Hermann in D.103 sowie der Nennung des Hermannus de Badin marchio in dem einen Monat jüngeren D.104 von 1112 Juli 16, plötzlich die – nur durch unser D.127 unterbrochene – lange Reihe der bloßen Herimannus marchio-Nennungen in DD.108 (von 1112 Okt. 16) … 137 (von 1114 Sept.13) nicht den Badener, sondern den Winzenburger gemeint haben sollen, zumal nach einer großen zeitlichen Lücke von Herbst 1114 bis Ende 1119, in der keiner der beiden Hermanne in den Diplomen genannt wird, in D.224 von 1120 Jan. 21 wieder (und letztmals) der 1122 gestorbene Winzenburger mit der Bezeichnung Hermannus comes erscheint.

Letzte Gewissheit wird sich wohl nicht erzielen lassen, doch scheint uns angesichts der Tatsache, dass der Winzenburger auch in den beiden letzten vor der ersten marchio-Nennung (D.95) liegenden, in Mainz ausgestellten DD.92 u. †290 den Zusatz comes de Saxonia aufwies, die plausibelste Erklärung zu sein, dass wir in D.127 mit einer Ellipse gegenüber dem ursprünglichen Text zu rechnen haben, der am ehesten Hermanni marchionis, [Hermanni comitis] de Saxonia gelautet haben könnte! Da die Nachurkunde D. †293 dieselbe Formulierung wie D.127 aufweist, ist wohl nicht mit einem Kopistenfehler zu rechnen, sondern mit einem Fehler im Original (falls nicht DD.127 und †293 eine gemeinsame fehlerhafte Kopie benützten). Jedenfalls reicht die einmalige Nennung eines marchio de Saxonia in dem kopialen D.127 nicht aus, so weitgehende Schlüsse wie vor allem Jungmann-Stadler zu ziehen. – Es bleibt das auffällige Phänomen, dass D.127 nach der langen Pause seit der letzten Nennung in D.103 von 1112 den einzigen Beleg für die Anwesenheit des Winzenburgers am Hof darstellen würde, der dort auch in der Folge nicht mehr nachweisbar ist; immerhin aber ergäbe sich daraus zugleich, dass er sich im Jahre 1114 noch nicht der sächsischen Opposition angeschlossen hatte (vgl. dazu Vorbemerkung zu D.130). – Im übrigen darf hinsichtlich der rangmäßigen Einschätzung eines marchio auf das eine Woche ältere D.126 verwiesen werden, wo Pfalzgraf Siegfried, Herimannus marchio und drei Grafen mit necnon et comitum eingeführt sind.

In nomine sancte et individue trinitatis. Henricus divina favente clementia quartus Romanorum imperator augustus. Cum dicente scriptura, cui plus committitur, plus ab eo exigitur, prelatos quosque utilitati et sublevationi ecclesie dei intendere ac studere oporteat, tamen maxime eum, cui regia auctoritate predito tanto plura commissa esse dignoscuntur, quanto pluribus potentia et gravitate antefertur. Annuendum est igitur nobis dei servorum iustis petitionibus, quatenus ratio de nostris actibus reddenda eorum orationibus apud communem iudicem adiuvetur. Notum sit proinde universis, quod ego Henricus quartus Romanorum imperator augustus consilio [et rogatu] dilectissimorum principum nostrorum super bonis Medii Monasterii petitione et obsecratione Bertrici abbatis fratrumque suorum hanc privilegii paginam fieri iussimus, ut ab eisdem fratribus, quorum possessiones et predia olim iniuste ablata noscuntur, saltem pauca relicta vel postea acquisita nostro munimento firmius teneantur. Cum ergo dux Lothariensis mille quingentos et quindecim mansos, ab illo monasterio quondam non sine peccato discissos, ex nostra manu teneat, non solum nobis exinde servitium, sed et ipsi Medio Monasterio et Visiuallo utpote liberum advocatum deffensionem et patrocinium se debere cognoscat; ecclesias tamen in villis constructas, de quibus et in quibus isti mansi sunt, nimirum a duce Frederico et Ottone augusto Medio Cenobio redditas, monachos integre inviolabiliterque et absque censuali servitio tenere nostra decernit auctoritas. Alter sub duce advocatus, qui et bannum de nostra manu recepit, hoc solum in predictis duabus villis, videlicet Medio Monasterio et Visiuallo, sibi iure vendicare debebit: si quis raptum fecerit, idest per vim feminam rapuerit, si suam non comparem duxerit, si furtum, si incendium, si homicidium perpetraverit, abbas per suum villicum et ministros inde placitabit, et tertiam partem iusticiarum advocatus habebit; quodsi vel ad hoc vel ad alia placita vocatus ab abbate venerit, non tamen amplius quam supradictam tertiam sibi vendicabit; ad nullum vero placitum illuc unquam nisi vocatus veniet, non subadvocatum substituet, non ullas exactiones faciet; poro si aliquando voluntate sine necessitate monasterium adierit vel in predictas duas villas venerit, non quicquam abbas vel monasterium nec quisquam inibi manentium iure vel quasi pro debito ei non vocato dabit, nisi quod villicus, qui ei de supra determinata tercia fidelitatis sacramentum faciet, si quid inde habuerit, ipsi dare poterit. Quam et legem advocationis, ut compendium faciamus, per totam abbatiam ratam esse et observandam confirmamus. Veltzkiercheim et Hundenesheim, quem abbas et fratres asciverint et cui eas commendare voluerint, ipsum advocatum vel melius dicam custodem habeant; ipsique, qui ad hoc vocati fuerint, prescriptam legem advocationis custodiant. De novem mansis apud Dutelcheim duos illos advocatus tenebit, pro quo beneficio Veltzkiercheim et Hundenesheim tutari et custodire debebit. In quibus etiam locis villicos, decanos, decimatores ceterosque officiales abbas et prepositus eius, quos voluerint, constituent et, cum voluerint, de officio deiicient. Ecclesiam Veltzkiercheim in honore sancti Maximini et alteram in honore sancti Apri apud Hernigesheim, ecclesiam nihilominus apud Hundenesheim canonice sepedicti fratres teneant et capellam in honore sancte Marie apud Ehenheim. Nec quisquam de decimis vel de reliquis ad ipsos pertinentibus eis calumniam facere audeat, ne forte nostram et, quod gravius est, iram dei incurrat. Eorum sane, que in Radaldiuillare habent, qui beneficium de corte Bercheim tenuerit, advocatus sit, quia eadem cors ad eos pertinere certissime dignoscitur; et ideo, qui beneficium de corte tenet, res ibi eorum ex antiquo iure tueatur, advocationis legem – semel dixisse sufficiat – superius iam edictam iste quoque custodiat. Predium Danuillere libere a liberrimo viro datum libere possideant; advocatum [de] Valtercheim pro beneficio duorum designatorum mansorum sub prescripta lege advocationis advocatum habeant. Quamdiu ibidem ecclesiam non habuerint, decimas, cui voluerint, dabunt; si vero fecerint, sibi et sue ecclesie retinebunt. Cellam, que dicitur Belleuallis, cum suis appenditiis ea libertate habeant, qua comes Gerardus et uxor sua Hiluidis cum filiis suis donaverunt, quia nec advocationem nec bannum nec ullam dominacionem in eis sibi vel suis posteris retinuerunt. – <Barbanuille, Montis, Guneis, Romonoldiuille, Modum>. – In omni denique possessione vel tenore ipsorum nullus episcoporum [seu] ducum vel advocatorum exactiones faciat vel pernoctationes exerceat. <Advocatis eadem que supra lex erit advocationis>. Hanc igitur privilegii paginam consilio et rogatu simul et testimonio principum nostrorum, Burchardi Monasteriensis episcopi, Cononis Argentinensis episcopi, Epponis Nouariensis electi, Hermanni marchionis de Saxonia, Godefridi palatini comitis, Amedei comitis de Burgundia, Lothariensium vero Riquini Tullensis episcopi et Folmari comitis, conscribi iussimus et sigilli [nostri] impressione insigniri precepimus. Si quis vero, quod absit, hoc nostre auctoritatis preceptum infringere presumpserit, auri libras decem et centum argenti, medietatem camere nostre et medietatem monasterio supradicto persolvat.

[Signum domni Heinrici quarti Romanorum imperatoris invictissimi].

[Bruno cancellarius recognovit].

Data XV. kal. aprilis, indictione VII, anno incarnationis dominice millesimo CXIIII, regnante Henrico <quarto Romanorum augusto> anno VIIII, imperante III; actum est Stra[s]borc; in Christo feliciter amen.