Original (ca. 48,5/49 b : 57 h) im Stiftsarchiv zu Einsiedeln (A);
Rückvermerk des 14. Jh.:
Privilegium H. V. imperatoris super terminos huius loci, datum anno
millesimo CXIIII.
Drucke: Guillimann, Habsburgiaca 1193 kurzer Auszug “ex instr. Heremi”; 2264; 3235. – Hartmann, Ann. Heremi 176. – Aus A: (von Pflaumeren), Libertas Einsidl., Doc. 31 no
7 mit dt. Übers. – Tschudi, Chron. Helvet. ed. Iselin
1,54; ed. Stadler-Stettler
1,193 mit dt. Übers. – Herrgott, Genealogia Habsburg. 2.1,134 no
195. – Ringholz
in Geschichtsfreund 43,326 no
6 = Ringholz, Geschichte 198 no
6 = Wopfner, Urk. z. dt. Agrar-Gesch. 114 no
77. – Schiess, Quellenwerk 1.1,48 no
104.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,498 no
2. – Lichnowsky, Gesch. des Hauses Habsburg 1,338 no
4. – Liber Heremi in Geschichtsfreund 1,138. – Kopp, Gesch. d. eidgenöss. Bünde 2.2.1,313. – Erhard, Reg. Westf. 1,222 no
1395. – Stälin, Wirtemberg. Gesch. 2,320 no
■. – Morel, Reg. Einsiedeln 6 no
35. – Mohr, CD Cur-Rätiens 1,151 no
108. – Stillfried-Maercker, Mon. Zoll. 1,5 no
6 und 7. – Trouillat, Mon. de Bâle 1,230. – Hidber, Schweizer. Urk.-Register 1,455 no
1581. – Franklin
in Forsch. z. dt. Gesch. 4,528. – Rochholz
in Argovia 16,11 no
16. – Oechsli, Anfänge d. Schweiz. Eidgenossenschaft 8* no
20. – Fester, Reg. Baden 1,6 no
39. – Ladewig-Müller, Constanzer Reg. 1,84 no
687. – Steinacker, Reg. Habsburgica 1,13 no
33. – Kocher, Solothurner UB 1,30 no
29. – Meyer-Marthaler
u. Perret, Bündner UB 1,188 no
248. – Diestelkamp-Rotter, Urk.-Regesten 1,126 no
177. – Böhmer
Reg. 2034. – Stumpf
Reg. 3108.
Geschrieben von Notar Adalbert A, von dem auch das Diktat von
Protokoll und Eschatokoll stammt, vgl. Hausmann, Reichskanzlei 66 no
60. Zu seiner richtigen Berechnung der Jahreskennzahlen vgl.
Vorbemerkung zu D.124; wieweit der Notar noch an der Formulierung der
Protokollierung des Fürstenspruches beteiligt war, lässt sich aus
Mangel an Vergleichsmaterial nicht überprüfen. – Im übrigen stammt der
Entwurf des reichlich ungeschickt gegliederten Kontextes sicher vom
Empfänger, der vor allem für die – allerdings offensichtlich stark
aktualisierte (vgl. dazu Oechsli
a.a.O. 110 Anm. 1, wohingegen Ringholz
in Geschichtsfreund 43, ■ sowie Geschichte 76 Anm. 229 u. 82 und
Geschichte 1,7f. u. 70 die Grenzlinien von 1018 und 1114 für identisch
hält) – Grenzbeschreibung sowie für Pertinenzliste und Korroboratio
das DH.II.395 von 1018 September 2 (= VU.) als Vorlage benützte, auf
die er sonst nur noch an einzelnen Stellen zurückgriff.
In dem DKo.III.89 von 1143 Juli 8 (= NU.), das unter Vorlage von D.125
(S. 159 Z. 6f.:
relectum est preceptum divę recordationis Heinrici huius nominis V.
regis sed IIII. imperatoris avunculi nostri) eine erneute Gerichtsentscheidung in dem Streit mit den Lenzburgern
und den Schwyzern beurkundet, wird unser D. vor allem im Schlussteil
(S. 159 Z. 29ff.), daneben nur gelegentlich und geringfügig als
Vorurkunde herangezogen. – Eine wesentliche textliche Veränderung in
der entschieden durchdachter gegliederten NU. ist, dass die in D.125
schlechthin als Umschreibung von
silva und
marca erscheinende, im übrigen fast wörtlich übernommene Grenzbeschreibung
dort – vermutlich auch schon, damit die Unterschiede zur VU. erklärend
(s. oben), für das Jahr 1114 geltend – als die Abgrenzung des
Klosterbesitzes gegen die, den Schwyzern demnach implicite
zugestandene, portio an eben dieser
silva formuliert ist (vgl. S. 159 Z. 24ff. mit folgendem Abschluss und
leicht variierter Überleitung:
certos fines seu limites inter utrasque possessiones subnotari
iussimus. Sunt autem hii termini: ab occidua quidem parte incipientes
a fluviolo Bibera …).
Die dreimalige Berufung auf einen
Otto imperator in unserem D. (Z. ■, ■, ■) bleibt, wegen des Fehlens jeglicher, einen
Bezug auf einen bestimmten Träger dieses Namens ermöglichenden
diktatmäßigen Anklänge in irgendeinem der insgesamt 20 Ottonen-Diplome
für Einsiedeln (DDO.I.94, 107, 108, 155, 189, 218, 275, 276;
DDO.II.24, 25, 121, 123, 181, 182, 211; DDO.III.4, 83, 187, 231, 285)
zunächst völlig unklar; demgegenüber scheint das DKo.III.89 mit seiner
ausführlicheren und konkreteren Angabe über Vorgängerurkunden
weiterzuhelfen (S. 159 Z. 21f.:
imperatores Otto primus et secundus, sed et duo ęquivoci imperatores
proavus videlicet noster atque avus Heinricus [= Heinrich III. und IV.]).
Diese Namensnennungen für sich allein genommen lassen sich
(unvollständig) mit zwei, durch Vorurkunden-Abhängigkeit jeweils in
sich geschlossenen Diplomata-Reihen für Einsiedeln in Beziehung bringen: Die erste betrifft die Verleihung bzw. Bestätigung der
Immunität (munitas) und des Abtwahlrechtes, an der Spitze das DO.I.94 von 947,
weitgehend wörtlich wiederholt durch die DDO.I.218 von 961 und 275 von
965 sowie das DO.II.123 von 975; hinzugerechnet werden können
schließlich das – diktatmäßig von diesen unabhängige – DH.IV.260 von
1073 sowie dessen Nachurkunde, das DH.V.95. Die zweite Reihe betrifft
in erster Linie Besitzbestätigungen und wiederum (ohne Verwendung des
Terminus
munitas) die Immunität, mit DO.II.24 von 972, (teilweise) DO.III.83 von 992,
DH.II.378 von 1018, DKo.II.109 von 1027 und DH.III.36 von 1040.
In DKo.III.89, das gleichfalls keine Diktatanklänge an die
Ottonen-Diplome aufweist, ist demnach, vor allem weil in der zweiten
Reihe Otto I. fehlt, offensichtlich die erste Reihe mit der Immunität
als Kerninhalt gemeint, in der freilich Heinrich III. fehlt. – Bei
näherem Hinsehen erweist sich jedoch die in DKo.III.89 gebotene,
willkommen erscheinende Erweiterung der Vorgänger-Nennungen durch
ihren textlichen Bezug als irreführend bzw. direkt als falsch, indem
auf die vier Herrscher die Schenkung des Kloster-fundus und der strittigen
silva etc. zurückgeführt wird (S. 159 Z. 18ff.:
Fundum, in quo monasterium ędificatum est, et totam circumpositam
silvam … imperatores Otto primus … avus Heinricus auctentis
preceptorum suorum paginis tradiderant tamquam possessionem, quę
omnium iudicio ad regni proprietatem pertinere comprobatur). In keinem einzigen Diplom der vier genannten Herrscher ist aber
davon auch nur mit einem Wort die Rede – man müsste also vier
Deperdita annehmen, wie es Ringholz
in Geschichtsfreund 43, ■ und Geschichte 86 tatsächlich tut, eine
ganz abwegige Vorstellung, weshalb auch die Deperditumsvermutung des
DH.IV.*514 von angeblich 1084–1105 zu verwerfen ist.
Uns scheint die Herrscherliste des DKo.III.89 eine reine Fiktion,
allein gedeckt durch die Existenz von ihnen ausgestellter Diplome für
Einsiedeln völlig anderen Inhalts; insbesondere hat ja die obige
Formulierung
omnium iudicio erst durch das DH.II.395 seine Berechtigung. In D.125 hingegen bezieht
sich die Erwähnung des Kaisers
Otto letztlich immer nur auf die Immunität, die Erklärung der
cella bzw. des
monasterium als
libera et inmunis bzw.
inmune et liberum (die zweimalige Rückführung des
ad servicium dei auf die
carta Ottonis ist wohl Zutat des Diktators, kaum aus dem
dei servitio des DO.II.24 entlehnt).
Angesichts des auf die Immunität beschränkten inhaltlichen Rückbezugs
ist dann schließlich die Frage, welches Otto-Diplom in D.125 gemeint
sei, mit Ringholz
(Geschichtsfreund 43,■; Geschichte 82; Geschichte 1,71; vgl. auch Meyer von Knonau, Jahrb. 6,293 Anm. 11) dahingehend zu beantworten, dass es sich wohl
um das älteste Einsiedler Diplom, das an der Spitze der ersten Reihe
stehende, allerdings aus der Königszeit stammende DO.I.94 von 947
handelt, in dem auch Herzog Hermann I. (926–949) als Petent für das
auf seinem Eigengut errichtete Kloster fungiert (er wird nochmals in
DDO.I.108 u. 275 von 949 bzw. 965 genannt); wenn freilich Meyer von Knonau
die Nennung Hermanns in unserem D. gleichfalls allein auf DO.I.94
zurückführt, besagt unseres Erachtens hingegen der hiesige Plural (cartas …, quę distinctę ex integro explicant; … reddiderant), dass wir ohne Zweifel zusätzlich mit einer verlorenen Urkunde
Hermanns zu rechnen haben, deren Formulierung vielleicht auch das, auf
das DO.I.94 nicht anwendbare,
distinctę ex integro rechtfertigen konnte.
D.125 ist der früheste, der Aufmerksamkeit Sickels (Acta Karolinorum 1,202 Anm. 6) nicht entgangene (vgl. auch Bresslau, Kanzlei Konrads II. 46f.), in einem Diplom selbst enthaltene Beleg
dafür, dass die auf die Verletzung eines Diploms stehende Strafe auch
tatsächlich vollzogen wurde; zu sonstigen Belegen, für deren
Seltenheit der Mangel mit D.125 vergleichbarer Beurkundungen
entsprechender Gerichtsentscheidungen verantwortlich ist, vgl. Studtmann
in AfU 12,351f., der unser D. nur indirekt, durch Hinweis auf die Sickel-Stelle zur Kenntnis nimmt (a.a.O. 351 Anm. 7). – In D.125 erfolgt
überdies die Erwähnung der Zahlung der Geldbuße in der seit Otto III.
zumeist üblichen (s. Studtmann
a.a.O. 309) Höhe von
centum libre (Goldes) in so beiläufiger Form, dass sich daraus unmittelbar der
Schluss auf eine selbstverständliche, “durch die Jahrhunderte hindurch
geübte Praxis” (Studtmann
a.a.O. 352) ziehen lässt. – Schließlich ist D.125 zu entnehmen, dass
für die Verwirkung der Strafe das Vorliegen eines Diploms mit
entsprechender Sanktio nicht erforderlich war – sämtliche Einsiedler
Diplome sind jedenfalls ohne die, erst seit Lothar III., so auch in
dessen DD.86 und 87 für Einsiedeln, zum fast regelmäßigen Bestandteil
vor allem der Immunitäts-Diplome werdende Sanktio.
Zum Verlauf des Rechtsstreites, dem sog. “Marchenstreit”, sowie zur
Deutung der topographischen Namen (zu diesen s. auch Schiess
a.a.O.) vgl. Ringholz
in Geschichtsfreund 43,71ff., 202ff., 323ff., Geschichte 74ff.,
Geschichte 1,7ff. (mit Marchenkarte S. 8), ferner Oechsli
a.a.O. 110ff., Wyss
in Zs. f. schweiz. Recht 18,87ff. und Reichlin, Schwyz. Oberallmende 16ff.; s. auch die zum Teil nur in deutscher
Fassung überlieferte Urkunde des Grafen Rudolf II. von Habsburg von
1217 Juni 11 (Schiess
a.a.O. 118 no
252), wo (in dem deutschen Text S. 120) zwar die Grenzbeschreibung
des D.125 und des DKo.III.89 wiederholt, zugleich aber eine neue
Grenzlinie festgelegt wird, wodurch dem Kloster der südliche Teil
seines Gebietes verlorengeht (zur Urkunde Rudolfs vgl. Ringholz
in Geschichtsfreund 43, ■, Geschichte 87ff. und Geschichte 1,87f.).
Auffallend ist, dass unter den
astantes et collaudantes zwei Vertreter der beiden streitenden Parteien genannt werden: Der
nach Arnolf von Lenzburg stehende
Ǒlricus ist sicher identisch mit dem eingangs genannten gleichnamigen
Klostervogt, wahrscheinlich dem Geschlecht von Rapperswil angehörig
wie der in DKo.III.89 von 1143 amtierende damalige Klostervogt
Rodulfus de Rapreteswilre; aus der Tatsache der Nennung Arnolfs von Lenzburg an dieser Stelle
und der alleinigen Bestrafung Rudolfs schließt Gubser
in Mitt. z. vaterländ. Gesch. 27,381, dass zwischen den Lenzburger
Brüdern (als solche in D.123 bezeichnet) vor 1114 eine Erbteilung
erfolgt und der lenzburgische Besitz in Schwyz alleiniges Eigentum
Rudolfs geworden war (s.a. Meyer von Knonau
a.a.O.); während die Nichtnennung Rudolfs unter den
astantes von D.125 sich von selbst versteht, ist übrigens sein Fehlen in dem
drei Tage älteren D.124 nicht damit zu erklären, dass er damals noch
nicht die königliche
gratia wiedererlangt gehabt hätte, da schon in dem als frühestes während des
Basler Aufenthaltes ausgestellten D.123 vom 4. März, ebenso wie in
D.126, beide Lenzburger gemeinsam genannt werden. Der
Rodulfus de Fricca ist identisch mit dem in D.124 hinter Arnolf von Lenzburg stehenden
Rudolf von Thierstein (Thiersteinberg, Burgruine w. Frick), vgl. Merz, Die Burgen des Sisgaus 2, Stammtafel 5.