Abschrift vom Ende des 14. Jh. nach einem notariellen Transsumpt in
Diplomform von 1311 September 26 mit zusätzlicher notarieller
Unterfertigung von 1316 Juni 8/Oktober 6 im Libro delle renovationi
de’ feudi del vescovato di Treviso (= Liber Q) f. 32r–v im
bischöflichen Archiv zu Treviso (C).
Drucke: Aus C: Bresslau
in NA 3,130 no
10. – Stumpf, Acta imp. 666 no
473 nach Abschrift Bethmanns. – Stumpf
Reg. 3103a.
Die meisten Diplome für Treviso (s. Auflistung in It. pont. 7.1,100),
von denen weniger als die Hälfte im Original erhalten ist (vgl. Marchesan, Treviso medievale 1,XI: DBer.52 von 905, DO.I.378, DO.III.225,
DH.III.201b, DKo.III.67, DF.I.189; nennt fälschlich auch Heinrich V.
zu 1116!), sind durch von jeweils 4 identischen Notaren beglaubigte
Or.-Transsumpte von 1311 September 26 überliefert. Den Abschriften des
späten 14. Jh. im Libro delle renovationi liegen offenbar
Neuausfertigungen dieser Transsumpte zugrunde, die jeweils (wir können
dies nur für die von uns kontrollierten DD.120–122 sagen) von dem eine
5. Unterfertigung hinzufügenden Notar
Menegellus Ingoldei de Lignamine gefertigt waren; während dessen Unterfertigung bei DD.121 und 122 sich
jeweils auf das Datum 1311 September 26 rückbezieht (… in millesimo et die predictis, presentibus testibus suprascriptis), nennt er für D.120, zu dem das Or.-Transsumpt von 1311 nicht
erhalten ist, ein anderes Datum:
… in millesimo trecentesimo sextodecimo … die Martis octavo intrante
iunio …, und, unter Nennung eines weiteren Auftraggebers,
… in millesimo trecentesimo XVIo
… die Mercurii sexto intrante Octubre, presentibus Iacobo de la
Capella, Leonardo de Libenorio, Antonio de Baono, not(ariis); zu ähnlichen Zusatzdaten in der letzten Unterfertigung vgl. aber
auch die Vorbemerkungen zu DBer.52 (1316 Okt. 6), DHugo 6 (1316 Juni
18), DDH.IV.174, 230, †231 und DF.I.89 (jeweils 1316).
DD.120–122 sind zusammenfassende (D.120) bzw. Einzelwiederholungen
(DD.121 und 122) zweier Vorurkunden, des DH.IV.230 von 1070 (= VU.I;
einzige VU. für D.121) und des DH.III.201b von 1047 (= VU.II; einzige
VU. für D.122), die der Notar Adalbert A lediglich mit neuem Protokoll
und Eschatokoll sowie Intervenientenliste ausstattete (vgl. Hausmann, Reichskanzlei 66 no
55–57), der aber auch die Reinschriften besorgt hatte, wie aus der
Nachahmung seines Chrismon (nicht in D.120) und Monogramms in den
Abschriften aller drei Diplome, der für ihn charakteristischen Kürzung
des
sanctae in der Invokatio (vgl. DD.121 und 122 Anm. b) und den Hinweisen auf
ursprüngliche Majuskel-Schreibung der Personennamen (vgl. Anm. p)
hervorgeht.
Während der Notar für die Rekognitionszeile von D.120 die in beiden
Vorurkunden verwendete Formulierung übernimmt, nur seinem Diktat
entsprechend das dortige
recognovi durch
recognovit ersetzt, greift er in DD.121 und 122 die von ihm in der Schlussphase
des 1. Italienzuges bevorzugte Formulierung (vgl. DD.72 und 74–80)
wieder auf, jedoch jetzt unter Austausch des damals dort genannten
Mainzers durch den Kölner Erzbischof als eigentlichen italienischen
Erzkanzler (vgl. Hausmann
a.a.O. 5). Die Kanzleimäßigkeit aller drei Diplome beweist zudem in
der ihrem Aufbau nach regulären Datierung, in der auch der Fehler in
der Angabe der Königsjahre mit
VII statt richtig
VIIII zum Diktat des Adalbert A gehört (s. Anm. 1), gerade der zunächst
irritierende Wechsel von
quarto rege in D.120 zu
quinto rege in DD.121 und 122, was dem dauernd wechselnden Gebrauch des Notars
entspricht:
quarto hatte er zuletzt in den DD.114–118 ständig eingesetzt, war in D.119
wieder zu
quinto zurückgekehrt, um dann – nach dem Doppelwechsel in unseren drei
Diplomen – in DD.123 und 124 wieder zu
quarto überzugehen, mit ähnlich häufigen Wechseln auch in der Folgezeit.
Die zuvor nach dem Stichtag des 13. April 1113 eigentlich seit dem
D.115 fällige, aber unterbliebene Erhöhung der Kaiserjahre von
II (zuletzt in D.119 vom selben Tage wie D.120!) auf richtig
III wird in D.120 nachgeholt und in den folgenden Diplomen beibehalten.
Die Intervenienten von D.120 sowie der nur in DD.121 und 122 genannte
B. Erlung von Würzburg (dessen Fehlen in D.120 nur ein Versehen des
Kopisten?) begegnen alle in D.117, ohne Herzog Heinrich von Kärnten auch in DD.118 und 119.
Speyer als Ausstellort von DD.121 und 122 ist für das Itinerar
Heinrichs V. sonst nicht belegt, passt jedoch problemlos und hat noch
ein weiteres Argument für sich: Aus dem Speyerer Kapitel stammte
nämlich der – womöglich mit dem in DH.IV.423 von 1091 genannten
gleichnamigen kaiserlichen Kapellan identische – Trevisaner Bischof
Gumpold (vgl. Schwartz, Besetzung 61f.; Gawlik, Intervenienten 80 u. 88; Grafen
in Frühmal. Studien 19,407 u. 418, mit Mitteilung seines Eintrags im
Speyerer Nekrolog zum 18. Sept.).
Nimmt man an, dass Gumpold sich, womöglich anläßlich seiner Teilnahme
an den Mainzer Hochzeitsfeierlichkeiten vom 7. Januar 1114, zu einem
Heimatbesuch in Speyer aufhielt, sich von dort aus zur Erlangung der
Bestätigung der Rechte seiner Kirche persönlich zum Hof nach Worms
(D.120) begeben und den Kaiser dann wieder nach Speyer (DD.121 und
122) begleitet hätte, wo er vermutlich aus dem Gefolge ausschied, da
er in keinem anderen gleichzeitigen Diplom genannt wird, dann erklärt
sich am leichtesten das einmalige Nebeneinander von drei fast
gleichzeitigen Diplomen für denselben Empfänger, deren erstes zudem
inhaltlich die beiden anderen jüngeren eigentlich überflüssig gemacht
hätte. So wenig nämlich einerseits die Kanzlei jedem einzelnen der
drei Diplome, vor allem angesichts des Vorliegens von Vorurkunden, die
Anerkennung zu verweigern Anlass gehabt hätte, so gänzlich
unvorstellbar ist es andererseits, dass alle drei zusammen seitens der
Kanzlei die letzte Anerkennung gefunden haben könnten.
Erklärlich wird die vorliegende Überlieferung jedoch, wenn man, die
Anwesenheit Gumpolds vorausgesetzt, eine zwischen dem 25. Januar und
dem 6. Februar eingetretene Änderung der Intentionen Gumpolds annimmt:
Er mag zunächst eine Gesamtbestätigung der Rechte seiner Kirche
angestrebt haben, indem er in den Text des DH.III.201b (VU.II) das
erstmals mit DH.IV.230 (VU.I), von wo auch die Arenga genommen ist,
verliehene Veroneser Servitium einbauen ließ – oder genauer: selbst
einbaute. In D.120 haben wir nämlich nach dem erhobenen Befund wohl
sicher einen Empfängerentwurf zu sehen, der von Adalbert A nur
überarbeitet worden war, wodurch sich auch die von DD.121/122
abweichende Formulierung der Rekognitionszeile erklärt.
Nachdem D.120 durch Adalbert A schon mit dem Eschatokoll ausgestattet
war, könnte Gumpold es für tunlicher gehalten haben, sich die beiden
Komplexe getrennt bestätigen zu lassen, um nicht bei Anfechtung des in
VU.II enthaltenen, mit San Ilario zu Venedig streitigen Besitzes (vgl.
unten) die umfassende Urkunde (D.120) insgesamt zu gefährden – eine,
wie DD.†61 und *166 beweisen, berechtigte Vorsichtsmaßnahme. Wenn
deshalb das D.120, das vermutlich noch nicht besiegelt war,
zurückgezogen wurde, wäre der immer noch erstaunliche Tatbestand der
zwei an einem und demselben Tag ausgestellten DD.121 und 122 weniger
verwunderlich, da sie lediglich in getrennter Form einen mit D.120 von
der Kanzlei ja schon textlich anerkannten Sachverhalt wiederholt
hätten.
Bei der Herstellung von DD.121 und 122, in denen man sich vielleicht
bewusst mit nur zweien der Intervenienten aus D.120 begnügte (s.
oben), wurde übrigens, ungeachtet weniger Anklänge (vgl. D.121 Anm. i
u. l und D.122 Anm. d’ u. e’), nicht das D.120 zugrundegelegt, sondern
je unmittelbar eine der beiden Vorurkunden; anders wäre die wechselnde
Vorlagenbenutzung des D.120 nicht zu entwirren gewesen, und nur so
konnte das in D.120 aus VU.II nicht übernommene Rekognitionszeichen in
D.122 gelangen; das bestätigt nochmals die angenommene Mitwirkung
Gumpolds, der die Vorurkunden mit sich geführt haben muss.
Dass man sowohl in D.120 wie in D.122 auf das ältere DH.III.201b
(VU.II) zurückgriff statt auf das jüngere, abgesehen von Arenga und
Publikatio mit diesem fast wörtlich identische DH.IV.174 von 1065, hat
seinen Grund wohl darin, dass man einen möglichst frühen bzw. den
frühesten Beleg für den mit San Ilario strittigen Besitz verwenden
wollte.
Das auf denselben Tag wie das DH.IV.230 datierte DH.IV.†231 scheidet
im übrigen als mögliche Vorurkunde aus, da es nicht, wie in der
dortigen Vorbemerkung vermutet, die geringfügige Verunechtung eines
sonst kanzleigemäßen Diploms ist, sondern eine eindeutige
Ganzfälschung ohne echte Grundlage, die lediglich eine durch die
Intervenienten und das Eschatokoll von DH.IV.230 angereicherte bzw.
variierte wörtliche Wiederholung des DH.IV.174 darstellt, über dessen
Kontext (und das heißt auch über DD.120 und 122) hinausgehend jedoch
an unpassender Stelle hinter
portum … Taruisiensem (vgl. S. ■ Z. ■) die Interpolation
ac ipsam civitatem atque negociatores – darin ist das Fälschungsmotiv zu sehen – einschaltet. Das Falsum
DH.IV.†231 ist zweifellos jünger als 1114 und vermutlich erst kurz vor
dem DKo.III.67 von 1142 (wiederholt durch das DF.I.89 von 1154) und
zum Zwecke der Bestätigung durch dieses angefertigt worden; DDH.IV.230
und †231 entfallen somit auch als denkbares Vorbild für die Datierung
von DD.121 und 122 auf einen Tag. – Auf die Diplome Heinrichs V. wurde
übrigens bei den Nachfolgern nicht mehr Bezug genommen.
Der Umstand, dass DD.120 und 122 inhaltlich in Widerspruch stehen zu
dem zuvor zugunsten von San Ilario ausgestellten und ebenfalls von
Adalbert A herrührenden, jedoch nur als auf Grundlage einer echten
Vorlage hergestellte spätere Fälschung erhaltenen D.†61 – wie vorher
schon DH.II.†313b (s. Anm. x) und DH.IV.174 für Treviso gegen
DH.II.185 und DH.IV.417 für San Ilario (DH.III.201b für Treviso steht
gegen DKo.II.46 für San Ilario) –, wirft ein bezeichnendes Licht auf
die mangelnden Kontrollmöglichkeiten der Reichskanzlei über ihre
eigenen Produkte, die unter Heinrich V. nochmals durch die
Negativ-Beispiele von D.126 zugunsten Basels gegen D.50 zugunsten von
Pfäfers und von D.202 zugunsten Brixens gegen D.106 zugunsten von
Disentis dokumentiert werden; die beiden anderen Beispiele sind
insofern noch krasser, als in DD.126 und 202 jeweils allein das
betreffende Kloster Gegenstand der Bestätigungsurkunde für den Bischof
ist, während hier San Ilario (ohne Ortsbezeichnung!) und die beiden
Orte
Bladinum und
Ceresaria Teil einer umfassenderen Bestätigung bilden.
Zum schließlichen Scheitern der zuletzt durch das DF.I.89 von 1154
geförderten Bemühungen Trevisos gegenüber den älteren Rechtstiteln San
Ilarios vgl. die Vorbemerkung zu D.†61. – Zur Identifizierung des
erstmals in DO.III.225 von 996 genannten
Crispulinum (fehlt samt dem zuvor schon in DO.I.378 von 969 und DO.III.69 von 991
belegten Asolo in DKo.II.66 von 1026), mit dem cluniazensischen
Kloster S. Giacomo di Crespignaga (com. Maser prov. Treviso) vgl. Lanfranchi-Strina, Ss. Ilario e Benedetto, Einleitung S. LIV Anm. 1.