Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<114.>>

Heinrich genehmigt einen zwischen Bischof Bruno von Speyer sowie Propst Hezelo und dem Domkapitel vorgenommenen Tausch, wonach diesen gegen ihren Besitz in Oppenweiler vom Bischof der Zins von den Höfen der Juden in der Stadt in Höhe von 3 Pfund und 5 Schilling restituiert wird, mit der Bestimmung, dass eine Zinsminderung vom Bischof auszugleichen ist, während Zinsmehreinnahmen dem Propst und dem Domkapitel bleiben sollen.

(1114) 1113 August 29 – (nach 1118).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 30/31,5 b : 28/28,5 h) im Generallandesarchiv zu Karlsruhe (A); Rückvermerk des 12. Jh.: Concanbium inter Brunonem episcopum et fratres maioris ecclesie [andere Hand:] super curiis Iudeorum; darunter von Hand des 12./13. Jh.: XIII; 14. Jh.: Super censu III lib. et V sol. de curtibus Iudeorum capitulo Spirensi de consensu et auctoritate H(einri)ci quarti imperatoris solvendo, Spira; 15. Jh.: R(egistra)t(um) libro antiquo privilegiorum sub numero XIII.

Drucke: Würdtwein, Nova subsidia 1,135 kurzer Auszug. – Aus A: Dümgé, Reg. Badensia 121 no 74. – Wirtemberg. UB 1,340 no 269. – Remling, UB von Speyer 1,89 no 81. – Bresslau, Diplomata centum 54 no 39 mit Zusatzbemerkungen S. 177, alle zu 1114.

Reg.: Crollius, Erläuterte Reihe der Pfaltzgraven 197 zu 1114 Sept. 1. – Goerz, Trierer Reg. 330 zu 1114. – Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,464 no 1665 zu 1113 (nach Stumpf). – Fester, Reg. Baden 1,6 no 44 zu 1114. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,230 no 1088. – Knipping, Kölner Reg. 2,15 no 98, beide zu 1113. – Aronius, Reg. z. Gesch. d. Juden 99 no 216 zu 1104 (Versehen, da im Reg.-Text 1114). – Ehlers, Metropolis 279 no 46 zu 1114 (vgl. aber 127 Anm. 248 und 128: zu 1113; 122 Anm. 226, 132, 190 und 206: zu 1113 oder 1114). – Böhmer Reg. 2028. – Stumpf Reg. 3097, beide zu 1113.

Ohne Beteiligung der Kanzlei verfasst und geschrieben von einem mit den Formen und insbesondere dem Formular eines Diploms sowie der Diplomschrift ganz unvertrauten Schreiber des Bischofs oder wohl eher des Domkapitels. Die von Wibel in AfU 6,258 behauptete Ähnlichkeit der Schrift mit derjenigen einer Urkunde B. Johanns I. von Speyer von 1103 Febr. 9 (Stumpf Reg. 2962; Or. im Generallandesarchiv Karlsruhe C 8; Drucke: Remling a.a.O. 82 no 76 und Roth von Schreckenstein in ZGO 32,62 no 3; vgl. Acht, Urkundenwesen der Speyerer Bischöfe 287) lässt sich nicht bestätigen. – Erst recht besteht keine Schriftverwandtschaft mit der einzigen als Original erhaltenen, in perfekter diplomatischer Minuskel geschriebenen Urkunde B. Brunos von 1116 (Or. a.a.O. C 12; Druck: Würdtwein a.a.O. 1,138); mit letzterer gemeinsam hat unser D. nur die Beschränkung der Elongataschreibung auf den Anfang der 1. Zeile (hier für die Intitulatio, dort für die Invokatio).

Der im jüngsten Rückvermerk erwähnte Liber antiquus privilegiorum ist nicht erhalten, ist aufgrund der Numerierung XIII (zweimal) jedenfalls nicht mit dem keine Eintragszählung aufweisenden (jüngeren) Codex minor Spirensis von 1280/81 identisch.

Die aus unerfindlichen Gründen nachgetragene (s. Anm. v) Datierung ist in sich widersprüchlich, da das neben dem Inkarnationsjahr 1114 angegebene 7. Regierungsjahr B. Brunos auf das Jahr 1113 verweist (s. Anm. 2). Letzterem wäre, mit Böhmer und Stumpf, allein schon deshalb der Vorzug zu geben, weil ein Irrtum hinsichtlich des bischöflichen Amtsjahres in Speyer selbst sehr unwahrscheinlich erscheint. Die Unmöglichkeit des Inkarnationsjahres 1114 in Verbindung mit dem Tagesdatum ergibt sich aber aus der Zeugennennung des letztmals in D.117 von 1114 Januar 17 am Hofe nachweisbaren EB. Friedrich von Köln, der sich im Sommer des Jahres 1114 an die Spitze der Aufstandsbewegung gegen Heinrich gesetzt hatte (vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,297ff.; Stüllein, Itinerar 64).

Für das Itinerar ist D.114 übrigens nur bedingt verwertbar; denn ein von Stumpf a.a.O. und Stüllein a.a.O. 59 aufgrund unseres D. ohne weiteres für den 29. August 1113 angenommener Speyerer Aufenthalt des Hofes hat zwar einige Wahrscheinlichkeit für sich, kann jedoch nicht aus dem Vorhandensein des an der Urkunde befindlichen, einwandfrei befestigten echten Siegels abgeleitet werden, da dieses Siegel erst wesentlich später angebracht wurde: Das Siegelfragment hatten die Herausgeber des Wirtemberg. UB (a.a.O. 341 Anm. 2) und ebenso Stumpf (“mit dem Siegelfrgt. des Bischofs Bruno”) dem B. Bruno zugeschrieben, während Bresslau a.a.O. eher an ein Kaisersiegel gedacht hatte (“potius imperatoris videtur esse”), was Wibel a.a.O. 258 Anm. 2 bestätigte und dahingehend präzisierte, dass das Fragment “auffallenderweise nicht dem ersten, sondern dem zweiten Kaisersiegel Heinrichs V., das sonst erst mehrere Jahre später im Gebrauch nachweisbar ist”, entspreche. Die Identität mit S.4. ergibt sich in der Tat eindeutig aus dem Faltenwurf des Obergewandes.

Der Zeitpunkt der Einführung dieses neuen Siegels ist sehr ungewiss, da zwischen dem letzten Beleg für das erste Kaisersiegel (S.3.) an D.198 von 1117 Januar 3 für S. Severo in Ravenna und dem ersten datierten Beleg für das zweite Kaisersiegel (S.4.) an D.224 von 1120 Januar 21 eine dreijährige Lücke klafft; es ist aber wohl anzunehmen, dass das neue Typar erst nach der Rückkehr vom 2. Italienzug im Spätsommer 1118 in Auftrag gegeben wurde. – Da in der Kanzlei Heinrichs V., anders als unter Konrad II., Heinrich III. und Heinrich IV., der gleichzeitige Gebrauch von zwei oder gar mehreren Stempeln nicht belegt ist (vgl. Bresslau, Handb. 22,574), kann die Besiegelung des D.114 mit S.4. nicht vor 1118 erfolgt sein.

Warum das vom Empfänger, mit Aussparung eines Platzes für die von der Kanzlei einzusetzenden Unterfertigungszeilen (s. Anm. v), in Erwartung eines Besuches des Hofes in Speyer vorbereitete Diplom nicht gleich, noch im Jahre 1113, die Anerkennung durch die Kanzlei fand, bleibt unklar; möglicherweise stieß man sich an der – beginnend mit dem Fehlen einer Invokatio sowie der falschen Devotionsformel und der fehlenden Ordinalzahl in der Intitulatio und bis zur Datierung reichend – gänzlich unkanzleigemäßen Form, um dann später, nach dem 2. Italienzug, bei erneuter Vorlage dennoch die Besiegelung zu gewähren (zu ähnlich gelagertem Fall vgl. D.261 für Deventer), ohne aber jetzt auch die Signum- und Rekognitionszeile nachzutragen; in dem gut ausgeprägten Fragment dürften wir dann übrigens den ältesten Abdruck des neuen Typars besitzen.

Heidrich in Die Salier u. das Reich 2,217 mit Anm. 212 macht darauf aufmerksam, dass die Formulierung restitueret (Z. ■) mit Bedacht gewählt ist, da nach der Urkunde des B. Rüdiger/Huozmann von 1084 Sept. 13 (Remling a.a.O. 57 no 57; zur Urk. vgl. Heidrich a.a.O. 196ff.), mit der er den Juden einen ummauerten Siedlungsplatz zuwies, der Zins daraus schon damals für das Domkapitel bestimmt war (locum vero habitacionis … tradidi eis [scil. den Juden] ea condicione, ut annuatim persolvant tres libras et dimidiam Spirensis monetę ad communem usum fratrum); da das Äquivalent von 1/2 Pfund jedoch 10 solidi sind, vermutet sie in unserem D. (das sie auf 1114 datiert) eine Verschreibung von V statt X (s. Anm. f).

Zur Scheidung zwischen Bischofs- und Kapitelsgut in Speyer sowie zur diesbezüglichen Stellung des Propstes vgl. Glasschröder in ZGO 85,484f. – Der unter den Domkanonikern genannte Magister (= Scholaster) Onulf ist möglicherweise identisch mit dem aus Speyer stammenden, gleichnamigen Verfasser der “Colores Rhetorici”, vgl. Weber, Domschule von Speyer 35f. (zu ihm s.a. Vorbemerkung zu D.90). – Zu den Vögten Ekbert (zu ihm s.a. D.87) und Egeno vgl. Doll in ZGO 117,247ff. – Zu den Kompetenzen des tribunus s. Arnold, Verf.-Gesch. d. Freistädte 1,84, Koehne, Stadtverfassung 184f. und Doll a.a.O. 266; in der erwähnten Huozmann-Urk. von 1084 wird er in seinen Gerichtskompetenzen mit dem Vorsteher der Synagoge verglichen (sicut tribunus urbis inter cives, ita archisynagogus omnem iudicet querimoniam, quę contigerit inter eos vel adversus eos; vgl. auch das von B. Huozmann erwirkte Schutzprivileg für die Speyerer Juden DH.IV.411 von 1090 Febr. 19 (S. 547 Z. 20f.): … ab eo, qui ex parte episcopi preest synagoge, iuxta legem suam cogatur …). – Die sicher nach Speyer gehörigen drei Schlusszeugen, von denen Gerungus auch in D.90 begegnet, werden von Doll a.a.O. 257 sowie von Krey, Bischöfl. Herrschaft 60 als Speyerer Ministerialen bezeichnet; zur Speyerer Familie der Anselme vgl. ausführlich Krey a.a.O. 59ff..

Heinricus dei gratia Romanorum imperator augustus. Qui ęcclesiarum quarumlibet utilitati et honori diligenter prospicimus, speciali sollicitudine commodum et honorem sanctę Spirensis ęcclesię merito requirimus. Quam enim parentes nostri singulari semper excoluerunt studio, nos quoque pre ceteris honoramus quasi quodam dilectionis privilegio. Placuit domno Brunoni, eiusdem sedis antistiti, cum Hezelone preposito ceterisque canonicis quoddam concambium facere, scilicet ut ea, que fratres in Oppiwiler tenuerunt, ipse a fratribus acciperet, in civitate autem tres libras et V solidos, censum videlicet de curtibus Iudeorum, liberę fratrum utilitati restitueret. Quod quia absque nostro consensu et voluntate fieri non potuit, res ad nos delata est et diligenter examinata complacuit. Notum igitur omnibus tam presentis quam futuri temporis fidelibus esse volumus, quia et nos fratrum utilitate perspecta huic commutationi adquiescimus, hac tamen conditione, ut, si supradictę Iudeorum curtes predictum censum incendio vel aliqua occasione solvere non potuerint, eiusdem loci episcopus preposito et fratribus, quicquid minus fuerit, sine omni contradictione restituat; si quid autem superfuerit, in eorum utilitatem pariter concedat. Et quia hoc auctoritate nostra factum omni tempore ratum et inconvulsum permanere volumus, sigilli nostri impressione hanc cartam corroborari precepimus. Huius autem rei testes affuerunt: Bruno Treuerensis archiepiscopus, Fridericus Coloniensis archiepiscopus, Hezelo prepositus, Burchardus decanus, Ǒnulfus magister, Vǒcnandus custos cum ceteris canonicis; Heremannus marchio, Godefridus palatinus et alii principes complures; Ekbertus advocatus in vice Egenonis pueri advocati, Cǒno tribunus, Adeloldus, Anselmus, Gerungus. (SI.4.)

Acta anno dominicę incarnationis MoCoXIIIIo, regnante Heinrico quarto Romanorum imperatore augusto, anno VII. venerabilis Brunonis episcopi, IIII. kl. septembris.