Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<103.>>

Heinrich bestätigt einen Gütertausch zwischen EB. Adalbert von Mainz und EB. Adelgot von Magdeburg, wodurch letzterer den Ort Bennungen und ersterer den Hof (Ober-)Wesel, Besitzungen zu Jugenheim, Hüffelsheim und Traisen und die Marienkirche (Hagenmünster) in der Stadt (Mainz) erhält.

Salzwedel, 1112 Juni 16.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Primus liber registri eccl. Magunt. vom Ende des 13. Jh. f. 21v–22r im Staatsarchiv zu Würzburg (B) = Liber secundus aus dem 14. Jh. f. 20v–21r ebenda (C); Überschrift in B/C: Super Bennungen in Thuringia.

Drucke: Wohl aus B: Gudenus, CD Mogunt. 1,390 no 147 (g). – Beyer, Mittelrhein. UB 1,482 no 422 (b) “aus neuerer Abschrift” (verloren) = Posse, CD Sax. regiae 1.2,31 no 36 Auszug. – Aus B: Stimming, Mainzer UB 1,356 no 450. – Israel-Möllenberg, UB Magdeburg 1,253 no 196 aus (verlorener) Abschrift der von Beyer benützten Abschrift.

Reg.: Schöttgen, Inv. dipl. hist. Sax. sup. 30 no 2. – Hempel, Inv. dipl. hist. Sax. inf. 1,64 no 1. – Schultes, Dir. dipl. 1,233 no 26. – Worbs, Inv. dipl. Lusat. inf. 1,24 no 61. – Raumer, Reg.

Brandenburg. 1,130 no 729. – Scriba, Hess. Reg. 3,64 no 1019. – Goerz, Trierer Reg. 14. – Mittelrhein. UB 2,673 no 469. – Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,461 no 1652. – Mülverstedt, Magdeburger Reg. 1,350 no 897. – Böhmer-Will, Mainzer Reg. 1,245 no 21. – Fester, Reg. Baden 1,5 no 29. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,229 no 1083. – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,155 no 171. – Rosenfeld, UB d. Hochst. Naumburg 1,99 no 113. – Vogt, Herzogtum Lothars 152 no 17. – Böhmer Reg. 2019. – Stumpf Reg. 3087.

Da nicht absolut sicher ist, ob Gudenus und Beyer von B abhängig sind, haben wir deren Varianten im Apparat notiert. D.103 ist verfasst von Notar Adalbert B; vgl. Hausmann, Reichskanzlei 71 no 6, der die Verwendung eines Empfängerkonzeptes vermutet. Gegen letzteres sprechen jedoch zwei Gründe: Der Tausch wurde offensichtlich unmittelbar vor Heinrich vollzogen (nobis … coram positis), was sich auch daraus ergibt, dass innerhalb der – demnach auf Handlung und Beurkundung zugleich zu beziehenden – umfangreichen Zeugenliste sowohl die beiderseitigen Bevollmächtigten als auch zwei der drei lokal zuständigen Grafen nochmals genannt werden: als Bevollmächtigter auf Mainzer Seite Graf Erwin I. von Gräfentonna, auf Magdeburger Seite der Stiftsvogt Hermann; bei dem Grafen im Nahegau handelt es sich um Emicho von Kirberg, bei dem Grafen im Gau Trechera um einen der beiden hintereinander genannten Grafen mit dem Namen Adalbert, während der andere mit Adalbert von Bogen identisch sein dürfte. Außerdem würde sich die Frage stellen, welcher der beiden Empfänger das Konzept geliefert haben sollte: In Salzwedel wurden nämlich sicher zwei Diplome ausgefertigt, von denen nur das Mainzer Exemplar erhalten ist; in dem verlorenen Magdeburger Exemplar mußten an zwei Stellen die in D.103 auf Mainz als Empfänger gemünzten Formulierungen (Z. ■: Maguntinus … recepit und Z. ■f.: Rogatu ergo Magdeburgensis … ecclesie Maguntine) entsprechend umformuliert werden, eine Aufgabe, die nur der Notar erledigen konnte. Wohl aber hat der Notar von Empfängerseite vorgelegte, auf die Besitzungen bezügliche Vorurkunden als Formulierungshilfe verwendet, vgl. dazu weiter unten.

Das Eschatokoll weist zwei Besonderheiten auf: Zunächst fehlt eine Rekognitionszeile, was im vorliegenden Falle sicher nicht ein Verschulden der Kopisten ist; derselbe Mangel ist nämlich auch in D.104 zu beobachten, dort aber ist, obwohl es gleichfalls nur kopial überliefert ist, ein Weglassen der Rekognitionszeile durch die Kopisten noch unwahrscheinlicher, weil diese sich um eine exakte Wiedergabe des Eschatokolls bemüht zu haben scheinen. – Das Fehlen der Rekognitionszeile in zwei zeitlich benachbarten Diplomen ist wohl nur so zu erklären, dass der Kaplan Arnold als Vertreter des Erzkanzlers Adalbert nicht am Hofe weilte, und andererseits Adalbert selbst nicht nochmals, wie in D.102, persönlich die Rekognition vornehmen wollte, zumal er ja zugleich Empfänger von D.103 war.

Die Signumzeile enthält einige Abweichungen von der in DD.100–102 und 104 anzutreffenden Standardform des Adalbert B: Die Vermehrung des dortigen alleinigen Attributs invictissimi (dort am Schluss) um das hier den Schluss bildende augusti ist vermutlich eine Übernahme aus DD.98/99; die ungewöhnliche Stellung des quarti hinter statt vor Romanorum geht wahrscheinlich auf das Konto des Kopisten von B, der das quarti vielleicht zunächst übersehen hatte und gleich nachtrug. Zur Verwendung des invictissimi innerhalb der Datierung vgl. D.102.

Über die Herkunft des bisherigen Mainzer Besitzes Bennungen existieren keine Urkunden. – Bei den genannten Magdeburger Besitzungen handelte es sich um Schenkungen konfiszierter Güter durch Otto I.; erhaltene Diplome Ottos I. für Magdeburg nennen jedoch nur drei dieser Besitzungen; vgl. D.332 von 966 Aug. 24 (curtis Wesila) und D.333 von 966 Aug. 27 (infra urbem Mogonciam monasterium, quod vocatur Hagenenmunistar; Gogunheim). In den umfassenden Bestätigungen der Schenkungen Ottos I. in Francia durch DDO.II.31/32 von 973 Juni 5 (dort das Mainzer Kloster mit der Bezeichnung monasterium Haganonis) erscheinen jedoch außer diesen drei auch die beiden anderen Orte (D.31: in pago Nagouui Treisa … et Huffilesheim); es muss also mit mindestens einem Deperditum Ottos I. für Magdeburg gerechnet werden, und es dürfte auch Anhaltspunkte für dessen Datierung geben:

Dass der Notar seine sonstige, ihrerseits abwechslungsreiche Formulierung der Korroboratio hier mit Hilfe älterer, wahrscheinlich ottonischer Vorbilder variierte, zeigt die Verwendung von anuli statt sigilli, und auch für die Eröffnung mit Et ut hec [s. Anm. d’] nostre concessionis auctoritas gibt es wörtliche Parallelen in DDO.I.188, 227, 228. Insbesondere aber ist der, bei Adalbert B sonst nicht übliche, der Korroboratio vorangehende Beurkundungsbefehl mit der Formulierung … iussimus, per quod volumus firmiterque iubemus, ut … wörtlich gleichlautend in nur wenigen, von den Notaren LE und LF verfassten Diplomen Ottos I. aus den Jahren 958 und 960 verwendet, vgl. DDO.I.189, 206, 207.

Und es ist nun sicher kein Zufall, dass ausgerechnet in einem von diesen, dem im Fonds des Klosters Hersfeld überlieferten DO.I.207 von 960 Febr. 25, unter den seinem Getreuen Thiatgaz geschenkten, durch Konfiskation dem Hunald entzogenen Gütern sich auch Traisen befindet (in pago Nahgouue … Treisę in comitatu Emichonis); in dem dortigen Beurkundungsbefehl finden sich zudem noch weitere Anklänge an D.103 (Parallelen in Petit): Iussimus inde hoc presens preceptum conscribi, per quod volumus firmiterque iubemus, ut … firmissimam teneat potestatem, quicquid sibi exinde voluerit, faciendi.

Es kann demnach kaum bezweifelt werden, dass auch Magdeburg wohl im Jahre 960 ein verlorenes D. Ottos I. über die Schenkung von Traisen (und evtl. zugleich von Hüffelsheim) erhalten hatte, das vermutlich anlässlich des Tausches an Mainz übergeben wurde, dort aber als durch D.103 überflüssige Vorurkunde nicht dauernd archiviert wurde. In der Bestätigung aller Güter durch DO.III.82 von 992 Jan. 18 (u.a. Hagenenmunistre) fehlt übrigens Traisen wieder. Vgl. dazu Bauermann, Von der Elbe bis zum Rhein 143f., ebenda 152ff. zur Identität der ecclesia sancte Marie von D.102, des ehemaligen Hagenmünsters, mit dem im Westen der Stadt gelegenen Altenmünster, während Stimming a.a.O. im Kopfregest von Udenmünster spricht. – Nach Bauermann a.a.O. 144f. muss bezweifelt werden, dass der verabredete Tausch in dem in D.103 angegebenen Umfang bzw. mit dauernder Wirkung vollzogen wurde, da Magdeburg noch in den Jahren 1144 und 1166 über Oberwesel und Jugenheim, und im Jahre 1216 nochmals über Oberwesel verfügen konnte.

Zum Magdeburger Burggrafen Hermann (von Sponheim, † 1118), Bruder EB. Hartwigs von Magdeburg, der hier in seiner Eigenschaft als Stiftsvogt tätig ist, vgl. Bauermann a.a.O. 142 Anm. 55 u. 145 Anm. 70 und Claude, Erzbistum Magdeburg 1,351 u. 407; er ist identisch mit dem zweiten in der Zeugenliste genannten Hermannus comes, während es sich bei dem vorher nach dem sächsischen Pfalzgrafen Friedrich von Sommerschenburg genannten um Hermann I. von Winzenburg handelt, nicht, wie Fester a.a.O. annimmt, um den Markgrafen Hermann von Baden. Zu Wernherus (von Markgröningen) vgl. D.*335. – Eine Identifizierung der beiden Grafen mit dem Namen Heinricus ist nicht möglich, mit Sicherheit ist nicht an Heinrich, Sohn des Grafen Udo von Stade († 1106) und Neffen des Markgrafen Rudolf (s. unten), zu denken. – Bei den sieben letzten Zeugen dürfte es sich wie bei dem an 5. Stelle genannten Hogerus, womit Heinrichs V. Heerführer Hoyer von Mansfeld gemeint ist (vgl. Fenske, Adelsopposition 85), um sächsische Edelfreie handeln. – Zur Belagerung Salzwedels, wo Markgraf Rudolf von der Nordmark den Ministerialen Friedrich von Stade gefangen gehalten hatte, den Heinrich nach seiner Befreiung infolge der Aussöhnung mit Rudolf und dem damals wieder in sein Herzogtum eingesetzten Lothar in seinem Gefolge behielt, vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,251ff., Stüllein, Itinerar 53 und B.-Petke Reg. 19.

(C.) In nomine sancte et individue trinitatis. Heinricus divina favente clementia Romanorum imperator augustus. Noverit omnium fidelium nostrorum presentium scilicet et futurorum industria, qualiter fideles nostri Albertus scilicet Maguntine ecclesie venerabilis archiepiscopus, Adelgotus Magdeburgensis archiepiscopus pro rerum suarum mutua commutatione serenitatis nostre aures pulsaverunt. Quorum precibus benigne annuentes ex nostre auctoritatis licentia concessimus, quatinus ambo iuris sui res secundum placitum in bono invicem disponerent. Tunc idem Maguntinus archiepiscopus sue proprietatis locum Bennungin nominatum, in Turingia situm, cum aliis adnominatis predicto Magdeburgensi archiepiscopo per manum Erwini comitis cum omni integritate in perpetuum possidendum contradidit. Contra vero ab eodem Adelgoto curiam Wesela dictam, in pago Trechera, in comitatu Adelberti, tradente advocato suo Hermanno cum omnibus pertinentiis, Gugenheim, Huffelesheim, Treisa, in pago Nachgowe, in comitatu Emichonis, et ecclesia sancte Marie areisque infra muros civitatis, in comitatu Arnoldi, aliis quoque ecclesiis, edificiis, vinetis, terris, cultis et incultis, pratis, pascuis, campis, silvis, venationibus, aquis aquarumque decursibus, molis, molendinis, exitibus et reditibus, viis et inviis, quesitis et inquirendis, cum omnibus ad eadem loca pertinentibus per reconpensationem sine ullius contradictione perpetualiter tenenda atque possidenda nobis nostrisque fidelibus coram positis prefatus Maguntinus archiepiscopus in beati Martini proprietatem et suam recepit. Huius autem rei testes sunt: Bruno Treuerensis archiepiscopus, Otto Babenbergensis, Erlungus Herbipolensis, Reginhardus Haluerstadensis, Vdo Hildesheimensis, Heinricus Paterburnensis, Mazzo Fardensis, Theodericus Cicensis, episcopi, Fridericus palatinus comes, Hermannus comes, Dethi comes, Wicbertus comes, Sizzo comes, Heinricus comes, Hermannus comes, Erpho comes, Emicho comes et Gerlacus frater eius, Wernherus comes, Heinricus comes, Adelbertus comes, item Albertus comes, Erwinus comes; Meginhardus, Godefridus, Rabodo, Wittekindus, Hogerus, Burchardus, Gebezo et alii quamplures, qui ea, que viderunt et audierunt, vere testificari poterunt. Rogatu ergo Magdeburgensis archiepiscopi memorato archipresuli A. eiusque ecclesie Maguntine preceptum confirmationis fieri iussimus, per quod volumus firmiterque iubemus, ut deinceps liberam atque securam possidendi ea habeat potestatem. Et ut nostre concessionis auctoritas rata et inconvulsa omni permaneat evo, hanc cartam anuli nostri impressione insigniri iussimus et manu propria, ut subtus cernitur, corroboravimus.

Signum domini Heinrici invictissimi Romanorum quarti imperatoris augusti.

Dat. XVI. kal. iulii, anno dominice incarnationis MCXII, indictione V, anno XIII. ordinationis domini Heinrici V. regis Romanorum invictissimi, regni autem eius VI, imperii vero II; actum est Salzvvitele; feliciter in Christo amen.