Digitale Briefausgabe Ernst Kantorowicz

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Inv.-Nr. 109: Ernst H. Kantorowicz an Percy Ernst Schramm, 23.10.1958

Metadaten

Inventar-Nr.: 109
Dateiname: d19581023_kantorowicz_schramm.xml
Empfänger: Percy Ernst Schramm Percy Ernst Schramm (1894-1970), dt. Historiker und nach dem Krieg einflussreicher Historiker als Mediävist und als Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs; Mitglied der Zentraldirektion der MGH
Schreib-/Versandort: Princeton, New Jersey
Empfängerort: -
Datum des Schreibens: 23.10.1958
Datum des Poststempels: -
Korrespondenzform: Brief
Typ: Typoskript
Umfang: 2 Bl., 2 S.
Aufbewahrung: Staatsarchiv Hamburg/622-1/151_L 230 Band 6

Brieftext

THE INSTITUTE FOR ADVANCED STUDY
PRINCETON, NEW JERSEY

23. Oktober 1958

Lieber Percy,

Mit meinem Dank für "Sphaira Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. " meine Glückwünsche: Sie haben wieder einmal - zum wievielten Male? - uns alle zu Ihren Schuldnern gemacht und zumindest die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf ein wichtiges Problem gelenkt [1] . Hinzukommt dass die Ausstattung mustergültig ist [2] . Es ist wirklich besonders schön herausgebracht und nur der relativ hohe Preis, $20 ist auch hier sehr viel, könnte abschreckend wirken [3] . Aber das braucht nicht Ihre Sorge zu sein. Allein das Material, das Sie zusammengebracht haben und in einen Sinn-Zusammenhang bringen oder zu bringen bestrebt sind, ist fulminant, und eventuelle Lücken oder Interpretationsdifferenzen, die natürlich möglich wären, spielen dem gegenüber garkeine Rolle. Ich bin z.B. durchaus noch nicht überzeugt davon, dass die Byzantinischen Kaiser diese Insignie nicht auch in natura geführt haben [4] . Das Überspringen vom Bild zur Realität hätte grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt stattfinden können [5] und es hätte nicht erst der "Mystagogie" Heinrichs II.Heinrich II. (973/978-1024), 1002-1024 dt. König u. 1014-1024 Kaiser bedurft, obwohl Christus mit der Kugel als Vorbild für den Kaiser eine durchaus mögliche Interpretation ist und manches für sich hat: es ist der ja sehr übliche Weg, auf dem Insignien erst Christus als himmlischem Kaiser übergeben werden, um dann wieder zurück in die diesseitige Wirklichkeit heimzukehren [6] . Im Einzelnen würde erst ein wirkliches Durch-"arbeiten" dieses reichen Buches die Kontroversmöglichkeiten aufdecken, während ich bisher nur zum Vergnügen darin gelesen habe. Es kreuzen sich natürlich soviele Aspekte von Erdkugel, Astrolabium, Herrscherzeichen, dass manche Linien dabei an Schärfe verlieren mögen; aber das macht garnichts, und die guten Register helfen einem, den Faden immer wieder aufzunehmen [7] .

Manchmal sind die Verweise mit "a.a.O." sehr schwer zu identifizieren (z.B. Harig, S.66,n.6 [8] ), Sachen, die Ihnen sehr geläufig sind, es aber anderen nicht sein mögen; ein kurzes Verzeichnis der mit a.a.O. zitierten Werke wäre da eine grosse und zeitersparende Hilfe [9] . Aber dies sei nur gesagt, um bei einer eventuellen Neuauflage in Betracht gezogen zu werden. Für die Anschauung, dass Gott eine Kugel ist "cuius centrum est ubique, circumferentia nusquam" [10] , habe ich mir vor Jahren einmal notiert: Dietrich Mahnke, "Unendliche Sphäre und Allmittelpunkt," Buchreihe d. Dtsch.Vierteljahrsschrift für Literatur und Geistesgeschichte, XXIII (1937) Dietrich Mahnke, Unendliche Sphäre und Allmittelpunkt. Beiträge zur Genealogie der mathematischen Mystik (Deutsche Vierteljahrschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Buchreihe 23), Halle a. d. Saale 1937. 1958. [11] , mit Ergänzungen von Martin Honecker, "Kugel und Kreis als philosophische Symbole," Philos. Jhb. der Görres Ges., LII (1939), 49-56 Martin Honecker, Kugel und Kreis als philosophische Symbole. Zur Geschichte einer Sentenz, zugleich eine Buchbesprechung, in: Philosophisches Jahrbuch 52 (1939), S. 49-58. [12] , was Ihnen vielleicht philosophisch-terminologisch eine Hilfe hätte sein können. Aber es geht auch gerade so gut ohne dem, zumal ja Ihre Literatur unendlich reichhaltig ist. Wie Sie das überhaupt bewältigt haben, ist mir ein Rätsel und ich beneide Sie um die Ordnung, die Sie in ihrem Material haben und die sich dann natürlich auch niederschlägt. Gerüchtweise hörte ich, dass Sie den pour le mérite bekommen haben [13] . Wenn es wahr ist, so haben Sie ihn wahrlich verdient; denn ihre Leistungen der letzten 3-4 Jahre sind einfach phantastisch. Sie werden nicht viele Historiker-Vorgänger in dieser Würde haben - MeineckeFriedrich Meinecke (1862-1954), dt. Historiker, der den Nationalsozialismus ablehnte; von 1914 bis zu seiner Emeritierung 1932 Professor in Berlin vermutlich und RankeLeopold von Ranke (1795-1886), dt. Historiker; von 1834 an Professor in Berlin-MommsenTheodor Mommsen (1817-1903), dt. Altertumswissenschaftler u. Literaturnobelpreisträger [14] . Aber sonst geht diese Auszeichnung selten an Historiker und umso besser, dass sie an Sie gegangen ist [15] . Meine Glückwünsche auch dazu - und soviel wertvoller als wäre sie auf dem Schlachtfeld erworben [16] . |Seitenwechsel

Von Ihrer neu-erheirateten Nichte WiebkeWiebke von Thadden, geb. Fesefeldt (*1931), dt. Historikerin u. Schriftstellerin; angeheiratete Nichte von Percy Ernst Schramm - für mich geht sie unter dem Namen "Miss Bracton" [17] - erhielt ich die sehr ausführliche und die Probleme richtig herausschälende Besprechung Wiebke von Thadden, Rez. zu: "Ernst Kantorowicz, The King's Two Bodies, Princeton 1957", in: Göttingische Gelehrte Anzeigen 212/1-2 (1958), S. 57-67. in den GgAGöttingische Gelehrte Anzeigen: Seit 1739 erscheinende Rezensions- und Literaturzeitschrift, aus der ich, durch die Quer- und Längsschnitte die sie legt, gelernt habe. Sie muss eine begabte Frau sein; nur dass sie mir den Namen “Hermann“ statt "Hartwig" beigelegt hat [18] , hat mich betrübt, weil es der Verwechslung mit dem Juristen Hermann K.Hermann Kantorowicz (1877-1940), dt. Jurist; wie Ernst Kantorowicz in Posen geboren, aber nicht nachweisbar verwandt. Verlor 1933 als Jude seinen Lehrstuhl in Kiel und emigrierte über die USA nach England; dort zuletzt (ab 1937) "Assistant Director of Research in Law" in Cambridge., die ohnedies dauernd passiert [19] , nun noch Vorschub leistet. Ich habe ihr auch gleich geschrieben und mich bedankt [20] .

Ich selbst druckse an allen möglichen disiecta membra herum [21] und es dauerte eine ganze Weile, bis ich nach meiner Europafahrt [22] wieder ins Arbeiten gekommen bin. Ich war eigentlich nur an der Peripherie Europas: OxfordOxford (UK), MadridMadrid (Spanien), Griechenland, und blieb nur auf der Rückfahrt ein paar Tage auf der Durchreise nach ParisParis (Frankreich) - Le HavreLe Havre (Frankreich) in MünchenMünchen, wo ich BaethgenFriedrich Baethgen (1890-1972), dt. Historiker, 1913 bei Karl Hampe über die "Regentschaft von Papst Innozenz III." promoviert. Nach der Habilitation (1920) bei den MGH in Berlin beschäftigt, 1924-1927 außerordentlicher Professor in Heidelberg, wo er Kantorowicz kennenlernte. 1927-1929 2. Sekretär am Preussischen Historischen Institut in Rom, 1929-1939 Ordinarius für Geschichte in Königsberg, 1939-1948 in Berlin, 1948-1959 Präsident der MGH in München. in sehr gutem Zustand vorfand [23] . Ich werde ihn nun bald hier sehen und freue mich darauf, mit ihm menschliches und fachliches "simpeln" zu können. Ich selbst bin wieder in völlig kuriertem Zustande, kein Vergleich zu dem, wie Sie mich damals vorfanden, gerade vor einem Jahr [24] . Trotzdem werde ich um die Weihnachtszeit zur Aufpulverung für zwei Wochen nach den Virgin Islands (Caribisches Meer) gehen und mich mit genügend Sonnenwärme aufladen, um dem Winter zu widerstehen [25] . Ich bin dies Jahr überdies, was Sie Dekan nennen würden und hier Executive heisst, und habe darum etwas mehr zu tun als sonst. Aber es ist leicht zu ertragen, und einfacher als das erstemal.

Haben Sie nochmals sehr herzlichen Dank, Percy, für das Schreiben und Zuschicken Ihres neuen grossen Werkes Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. . Bleiben Sie gesund und so unverwüstlich, wie es offenbar noch sind, und nehmen Sie alle guten Grüsse
Ihres alten
EKa.

LatteKurt Latte (1891-1964), dt. Altphilologe; ab 1923 Professor in Greifswald, ab 1926 in Basel und ab 1931 in Göttingen, wo er 1935/36 als Jude zwangsemeritiert wurde. Überlebte die NS-Diktatur in Deutschland und kehrte 1945/46 auf seinen Göttinger Lehrstuhl zurück; 1949-1955 alternierend Präsident der Göttinger Akademie; 1957 Emeritierung und Austritt aus der Akademie, 1958-59 Gastprofessor am IAS, Princeton. ist eingetroffen und ist anscheinend ganz glücklich. Ich trank neulich Tee mit ihm im InstituteInstitute for Advanced Study; Princeton, New Jersey und sehe ihn gelegentlich [26] . Alle Ihre Mitteilungen sind "in scrinio pectoris" verwahrt [27] ; sie waren AlföldiAndreas Alföldi (1895-1981), ungar. Althistoriker u. Archäologe; ab 1923 Professor in Ungarn (Debrecen und Budapest), nach der Emigration 1948 in der Schweiz (Bern und Basel), ab 1956 Kollege Kantorowicz' an der School of Historical Studies am IAS, Princeton bekannt, dem es gut geht und der sich sehr über Ihre Widmung gefreut hat [28] .

1Verfasst von: Andreas Öffner. Weniger euphorisch als gegenüber dem Autor äußert sich Kantorowicz in einem Brief an Leonardo Olschki (Inv.-Nr. 856Inv.-Nr. 856: Ernst H. Kantorowicz an Leonardo Olschki, 19.12.1958): "Schramm [...] hat ein nicht sehr gutes Buch herausgebracht über die 'Sphaira' (sprich: Reichsapfel) was weder Dich noch mich sonderlich interessiert."

2Verfasst von: unbekannt. Das Buch erschien im Quartformat mit 160 Abbildungen auf 84 Lichtdrucktafeln.

3Verfasst von: Andreas Öffner. Der Preis entspräche im Jahr 2024 ca. 217 US-Dollar. Die Neuauflage von Kantorowicz, Laudes Regiae (1946) Ernst H. Kantorowicz, Laudes Regiae: A Study in Liturgical Acclamations and Mediaeval Ruler Worship (University of California Publications in History 33), Berkeley-Los Angeles 1946. wurde 1958 zu 6,50 US-Dollar angeboten.

4Verfasst von: Andreas Öffner. Gemeint ist der titelgebende Reichsapfel. Für die von Kantorowicz hinterfragte These Schramms vgl. Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel (1958) Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. , S. 27: "So ergibt sich zum zweiten Male der Schluß: die Bilder trügen. In Wirklichkeit haben auch die byzantinischen Kaiser genausowenig wie ihre römischen Vorgänger als tatsächlich benutztes Herrschaftszeichen einen Globus besessen." Zur Begründung führt er die "sorgfältigsten Bilder" thronender Basileis sowie die "Aufzeichnungen über die byzantinische Krönung" an, wo jeweils von einer "Sphaira" keine Spur zu finden sei.

5Verfasst von: unbekannt. Schramm deutete den Reichsapfel hingegen als "antiker als die Antike" selbst und trennte die Insignie damit von der bildlichen Überlieferung. Das "Überspringen" in die Realität und den damit verbundenen Bedeutungswandel verortete er als genuin mittelalterliche Denkmöglichkeit, die sich aus dem Zusammenwirken von antiken Fomeln und formsprengender Kraft der spätgermanischen Kunst ergeben habe. Für den konkreten historischen Moment dieses "Überspringens" - Heinrichs II. Kaiserkrönung von 1014 - vgl. Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel (1958) Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. , S. 61.

6Verfasst von: unbekannt. Kantorowicz bezieht sich hier auf Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel (1958) Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. , S. 68-70: das Kapitel "Heinrich II. mystagogisch als 'typum Christi gerens' mit dem Reichsapfel"; hier deutet Schramm die Überreichung des Reichsapfels an Heinrich II. durch Benedikt VIII. als mystagogische Inszenierung, in der der Papst als vicarius Christi dem Kaiser jene Insignie aushändigt, die Christus seit dem 10. Jahrhundert als "rex et sacerdos" auszeichnet.

7Verfasst von: Andreas Öffner. Vgl. dann Percy Ernst Schramm an Ernst Kantorowicz, 04.11.1958 (Staatsarchiv Hamburg/622-1/151_L 230 Band 6)): "Ich freue mich über das gute Echo, das mein Buch bei Ihnen ausgelöst hat, unter anderem über das Lob wegen der Register. In dieser Hinsicht geben wir beide uns ja nichts nach, da wir wissen, was ein gutes Register bedeutet für das Fortleben einer wissenschaftlichen Arbeit."

8Verfasst von: Andreas Öffner. Der Verweis in Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel (1958) Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. , S. 66, Anm. 6 "Harig a. a. O. S. 294" führt zunächst zurück auf die ebd. Anm. 2 notierte Angabe "vgl. auch Harig S. 302 f. mit Abb. auf S. 295" und ist in der Tat weder im Rahmen von Schramms Buch noch mit modernen Recherchemitteln ohne Weiteres aufzulösen.

9Verfasst von: unbekannt. Die Studie enthält ein chronologisches Verzeichnis der erhaltenen Reichäpfel, ein Verzeichnis der Abbildungen, Namen- und Sachverzeichnisse sowie ein Verzeichnis der angeführten Objekte und Bilder nach Verwahrungsorten, nicht jedoch ein Literaturverzeichnis.

10Verfasst von: Andreas Öffner. 2. Definition Gottes aus dem "Buch der 24 Philosophen", die ab dem 12. Jh. unter verschiedensten Autorenangaben kursierte und u.a. zu einem Topos der mystischen Literatur (etwa Meister Eckhards) geworden ist; vgl. Liber viginti quatuor philosophorum, hg. v. Hudry (1997) Liber viginti quatuor philosophorum, ed. Françoise Hudry, Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis 143 A, Turnhout 1997. , pars prima, II, S. 7 f.

11Verfasst von: unbekannt. Dietrich Mahnke: Unendliche Sphäre und Allmittelpunkt. Beiträge zur Genealogie der Mathematischen Mystik (= Buchreihe der Deutschen Vierteljahrsschrift für Literatur und Geistesgeschichte, 23), Halle 1937.

12Verfasst von: unbekannt. Bei Honeckers Beitrag handelt es sich um eine Rezension von demjenigen Mahnkes.

13Verfasst von: unbekannt. Percy Ernst Schramm wurde 1958 in den Orden "Pour le mérite" aufgenommen. Im Juli 1963 wurde er zum Kanzler des Ordens gewählt. Vgl. Thimme, Percy Ernst Schramm (2006) David Thimme, Percy Ernst Schramm und das Mittelalter. Wandlungen eines Geschichtsbildes (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 75), Göttingen 2006., S. 531.

14Verfasst von: unbekannt. Ranke wurde 1855 in den Orden aufgenommen, Mommsen 1868. Von 1867 an war Ranke Vizekanzler, von 1867 an Kanzler. Friedrich Meineckes Aufnahme erfolgte 1952.

15Verfasst von: Andreas Öffner. Vgl. dann Percy Ernst Schramm an Ernst Kantorowicz, 04.11.1958 (s.o.): "Dank auch für Ihre Worte zum Pour le Mérite. Es bekam ihn vor zwei Jahren schon Gerhard Ritter, womit der Brauch, daß normaler Weise zwei Historiker unter den zehn Geisteswissenschaftlern vertreten wären, gesichert ist. Ich trat, soviel ich weiß, an die Stelle von Alfred Weber, eine Folge, die nicht jedem einleuchten wird. Was sachlich dazu zu sagen ist, steht in der Anlage, einem Auszug aus meinem Schreiben an den Ordenskanzler [Max Hartmann]. Gedacht habe ich bei diesen Worten unter anderem an Heinrich Zimmer."

16Verfasst von: Andreas Öffner. Der von Friedrich II. von Preußen gestiftete Orden wurde als militärische Auszeichnung bis 1918 vergeben.

17Verfasst von: Andreas Öffner. Wiebke von Thadden war 1958 frisch mit Rudolf von Thadden, einem Neffen von Schramms Ehefrau Ehrengard, verheiratet. Noch unter ihrem Mädchennamen Fesefeldt hatte sie eine Dissertation zu Henry of Bracton Wiebke Fesefeldt, Englische Staatstheorie des 13. Jahrhunderts. Henry de Bracton und sein Werk, Diss. phil. Göttingen 1957. eingereicht, die bei Kantorowicz auf Anerkennung stieß; vgl. Inv.-Nr. 108Inv.-Nr. 108: Ernst H. Kantorowicz an Percy Ernst Schramm, 09.04.1958.

18Verfasst von: unbekannt. Der rezensierte Titel ist bei von Thadden, (1958) Wiebke von Thadden, Rez. zu: "Ernst Kantorowicz, The King's Two Bodies, Princeton 1957", in: Göttingische Gelehrte Anzeigen 212/1-2 (1958), S. 57-67. , S. 57 als "Ernst Hermann Kantorowicz, The King's Two Bodies" angegeben. In der Rezension selbst folgt keine Erwähnung des Vornamens. Vgl. dann Percy Ernst Schramm an Ernst Kantorowicz, 04.11.1958 (s.o.): "Sehr viel Spaß macht mir, daß Sie mit 'Miss Bracton' einverstanden sind. Auch ich hatte den Eindruck, daß sie ihre Sache mit ungewöhnlichem Verständnis gemacht hat. Ich hatte das Manuskript durchgesehen und bekenne mich zu der Unachtsamkeit, daß ich auf Ihren zweiten Vornamen nicht achtete, aber so geht es ja meistens, daß man auf die ersten Zeilen nicht mit genügender Sorgfalt schaut."

19Verfasst von: Andreas Öffner. Die Erfahrung, mit dem 18 Jahre älteren Rechtswissenschaftler gleichen (Nach-)Namens verwechselt zu werden, hat Kantorowicz spätestens 1934 zum ersten Mal gemacht; vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 213 (dem zufolge die weit verbreitete Anekdote, nach der Kantorowicz' Einladung an das Oxforder New College einer Verwechslung geschuldet sei, allerdings ihrerseits auf einem Missverständnis beruht).

20Verfasst von: unbekannt. Der Brief ging 1964 bei einem Umzug verloren. Freundliche Mitteilung von Dr. Wiebke von Thadden.

21Verfasst von: Andreas Öffner. Zu denken ist neben den - gegenüber Schramm schon in Inv.-Nr. 108Inv.-Nr. 108: Ernst H. Kantorowicz an Percy Ernst Schramm, 09.04.1958 erwähnten - Aufsätzen, die Kantorowicz für Dumbarton Oaks fertig- und zusammenstellen wollte, wohl an eine Rezension Ernst H. Kantorowicz, Rez. zu: "Charles Till Davis, Dante and the Idea of Rome" (Oxford 1957), in: Speculum 34 (1959), S. 103-109. und einen Festschriftbeitrag Ernst H. Kantorowicz, The Sovereignty of the Artist. A Note on Legal Maxims and Renaissance Theories of Art, in: De Artibus Opuscula XL. Essays in Honor of Erwin Panofsky, hg. v. Millard Meiss, New York 1961, S. 267-279. , über deren Abschluss er im Dezember an Olschki berichten wird (Inv.-Nr. 856Inv.-Nr. 856: Ernst H. Kantorowicz an Leonardo Olschki, 19.12.1958): "Ich habe nicht zu viel tun können, habe aber eine längere Rezension für Speculum geschrieben über ein Buch 'Dante and the Idea of Rome' von Davis und einen Aufsatz für eine Pestschrift, der mich nicht freut, aber vermutlich gefallen wird (wie alles, was einem selbst nicht gefällt) über 'Legal Maxims and Renaissance Theories of Art.' [...] Und es schwimmen leider noch Aufsätze dieser Art, die ich fertig machen muss. Hernach sollen die Dumbarton Oaks (langen) Aufsätze drankommen, wie der 'Synthronos' und ähnliches, was Dir nur zu gut bekannt ist - und leider mir auch - um einen Band zu bilden."

22Verfasst von: Andreas Öffner. Zu Kantorowicz' dritter Europareise nach dem Krieg vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 434.

23Verfasst von: Andreas Öffner. Zum München-Besuch und dem (bzw. den) Wiedersehen mit Friedrich Baethgen vgl. auch Inv.-Nr. 253Inv.-Nr. 253: Ernst H. Kantorowicz an Friedrich Baethgen, 10.12.1958. Die drei Historiker kannten sich aus ihrer gemeinsamen Heidelberger Zeit und hatten sich 1955 anlässlich des Internationalen Historikerkongresses in Rom zu einem sicher nicht nur wissenschaftlichen "Zusammensein" zusammengefunden (vgl. Inv.-Nr. 106Inv.-Nr. 106: ); Baethgen hatte danach einen Gastaufenthalt am Institute for Advanced Study aus gesundheitlichen Gründen aufgeschoben, bevor er ihn schließlich absagte.

24Verfasst von: Andreas Öffner. Im Herbst 1957 war Schramm zu einer Vortragsreise in den USA und besuchte in Princeton auch Kantorowicz, der unter Kopf- und Augenschmerzen sowie hohem Blutdruck litt; nach Schramms Abreise, im September, wurde eine Nierendysfunktion diagnostiziert. Hierzu, zur Operation sowie zur Rekonvaleszenz vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 432 f. und auch das vorausgehende Schreiben an SchrammInv.-Nr. 108: Ernst H. Kantorowicz an Percy Ernst Schramm, 09.04.1958.

25Verfasst von: Andreas Öffner. Schon im vorangegangenen Winter hatte Kantorowicz Urlaub auf der Karibik-Insel St. JohnSaint John (U.S. Virgin Islands) gemacht, woraus eine Gewohnheit werden sollte; vgl. Inv.-Nr. 108: Ernst H. Kantorowicz an Percy Ernst Schramm, 09.04.1958 und Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 432.

26Verfasst von: Andreas Öffner. Das oberflächlich-distanzierte Verhältnis zu Kurt Latte, das Kantorowicz hier akzentuiert, wird wohl nicht nur dem Umstand geschuldet sein, dass der Altphilologe als "ein echter Schüler von [Ulrich] von Wilamowitz" galt (vgl. Patzig, Grußwort (2005) Günther Patzig, Grußwort, in: Kurt Latte, Opuscula inedita, zusammen mit Vorträgen und Berichten von einer Tagung zum vierzigsten Todestag von Kurt Latte, hg. v. Carl Joachim Classen (Beiträge zur Altertumskunde 219), München-Leipzig 2005, S. 3-5. , S. 5), der wiederum bei George'scher Vorprägung ins 'Feindeslager' gehörte (vgl. Christoph Hartmann in Aurnhammer u.a., Handbuch (2012) Achim Aurnhammer/Wolfgang Braungart/Stefan Breuer/Ute Oelmann (Hgg.), Stefan George und sein Kreis. Ein Handbuch, Berlin-Boston 2012., S. 1083: "[A]ls Hauptvertreter einer Altertumswissenschaft historistischer und rationalistischer Prägung [...], nicht zuletzt als Antipode Nietzsches und philiströser George-Parodist [vertrat Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff] all jene Tendenzen, die StGs 'revolutionärem Ethos' suspekt sind"). Ausschlaggebend dürfte vielmehr sein, dass sein Adressat Schramm sich zuvor gehalten gesehen hatte, in Princeton Informationen über den ehemaligen Göttinger Kollegen bzw. die Umstände von dessen Ausscheiden aus Universität und Akademie zu lancieren: mit den im Folgenden erwähnten "Mitteilungen" wohl über den Göttinger Skandal um anonyme, gerüchteweise von Lattes Frau Hermine verfasste Briefe (vgl. Inv.-Nr. 108Inv.-Nr. 108: Ernst H. Kantorowicz an Percy Ernst Schramm, 09.04.1958 mit Kommentar). Zu dem Paar äußert sich Kantorowicz acht Monate später an Maurice Bowra (Inv.-Nr. 75Inv.-Nr. 75: Ernst H. Kantorowicz an Maurice Bowra, 21.06.1959): "Latte is 'quite' nice, but his wife - brrr - the worst type that I know and she made his life at Göttingen quite impossible and damaged him at Princeton too."

27Verfasst von: unbekannt. Die Wortwahl der Versicherung, die brisanten Mitteilungen "im Schrein der Brust" zu verwahren, ist eine Anspielung auf die von Glossatoren häufig verwendete kirchenrechtliche Maxime "Omnia iura in scrinio (pectoris) principis", die durch Papst Bonifaz VIII. bekannt wurde. Die Maxime taucht mehrfach in den Veröffentlichungen Kantorowicz' auf. Vgl. Kantorowicz, The King's Two Bodies (1957) Ernst H. Kantorowicz, The King's Two Bodies. A Study in Mediaeval Political Theology, Princeton 1957. , v.a. S. 28, Anm. 15; Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence (1961) Ernst H. Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence, in: Twelfth-Century Europe and the Foundations of Modern Society. Proceedings of a Symposium sponsored by the Division of Humanities of the University of Wisconsin and the Wisconsin Institute for Medieval and Renaissance Studies, November 12-14, 1957, hg. v. Marshall Clagett/Gaines Post/Robert Reynolds, Madison/Wisconsin 1961, S. 89-111. p.89-111.

28Verfasst von: unbekannt. Vgl. die Widmung in Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel (1958) Percy Ernst Schramm, Sphaira, Globus, Reichsapfel. Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II. Ein Beitrag zum "Nachleben" der Antike, Stuttgart 1958. , p. [V]: "Andreas Alföldi (Princeton, USA) und Georg Ostrogorsky (Belgrad)".

Abbildungen (2)

Das Copyright am Brieftext liegt bei: Ariane Phillips

Projektphase 1: Transkription | Textauszeichnung | Kommentar
Projektphase 2: Textauszeichnung (Andreas Öffner) | Kommentar (Martina Hartmann/Andreas Öffner)

Zitierlink zu diesem Datensatz: https://data.mgh.de/databases/eka/eka0109

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