Digitale Briefausgabe Ernst Kantorowicz

Inv.-Nr. 3158: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 18.04.1932

Metadaten

Inventar-Nr.: 3158
Dateiname: d19320418_kantorowicz_kehr.xml
Empfänger: Paul Fridolin Kehr Paul Fridolin Kehr (1860-1944), dt. Historiker. 1903-1936 kommissarischer Direktor des Preußischen Historischen Instituts in Rom, 1915-1929 Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive bzw. Direktor des Preußischen Geheimen Staatsarchivs, ab 1917 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Deutsche Geschichte. Zwischen 1919 und 1935 gewählter Vorsitzender der Zentraldirektion der MGH, 1935/36 kommissarisch beauftragter Leiter des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde.
Schreib-/Versandort: Frankfurt am Main
Empfängerort: -
Datum des Schreibens: 18.04.1932
Datum des Poststempels: -
Korrespondenzform: Brief
Typ: Manuskript
Umfang: 2 Bl., 4 S.
Aufbewahrung: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz/VI. HA, Nl Kehr, P. F., Nr. 20, Bl. 107r-108v

Brieftext

Frankfurt, 18. IV. 32.
Bockenheimer Landstr. 72.

Hochverehrter Herr Geheimrat!

Es wäre ja wohl eigentlich eher an mir gewesen, unsere jetzt genau seit Jahr und Tag ruhende Verbindung wieder aufzunehmen [1] , und mehr als einmal dachte ich daran, Ihnen von hier und von mir zu berichten. Denn offen gesagt: unsere doch häufigen abendlichen oder mittäglichen Unterhaltungen in den MonumentenMGH: Monumenta Germaniae Historica; Berlin (1875-1935) / München (1946-) [2] mit den vielen Anregungen, die solche Gespräche mir brachten, die mannigfachen Gesichtspunkte bei immer gleichbleibender Weite des Gesichtsfeldes, die ich dabei kennen lernte, und auch das ständige au courrantSic!-sein mit allen Fragen des engeren Fachgebietes – das alles fehlte mir hier und ich dachte sehr gern an diese Zeit zurück.

Nun freue ich mich, den Anstoss zu einem Brief an Sie erhalten zu haben durch die so sehr freundliche Übersendung Ihres Ludwig d. D. Paul Fridolin Kehr, Die Kanzlei Ludwigs des Deutschen (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1932, Nr. 1), Berlin 1932. [3] Wieder einmal bewundere ich diese Fähigkeit, aus dem sprödesten Stoff noch etwas von dem eigentümlichen fernliegenden Leben herauszuholen (und wäre es auch nur das Leben subalterner Kanzlisten!), etwas von dem lebendigen |Seitenwechsel Hauch auch dieser unscheinbarsten Personen einzufangen, denen Sie eben wirklich "über die Schulter" gesehen haben [4] und die Sie beobachteten, wie sie ihre Buchstaben malten. Das merkt man natürlich, wenn man diese Beobachtungen liest, und wundert sich, was alles aus diesen Formeln und Fakten herauszuholen ist. Man muss eben die Wechsel des Wildes kennen, dann spürt man noch Fährten, die kein anderer wahrnimmt [5] .

Dass Sie die DD Ludwig d. Dt., Königsdiplome LudwigsLudwig II. der Deutsche (gest. 876), ofrk. Kg. soweit schon gefördert haben, dass der erste Band der deutsch. Karolinger Die Urkunden der deutschen Karolinger (Diplomata regum Germaniae ex stirpe Karolinorum), Bd. 1: Die Urkunden Ludwigs des Deutschen, Karlmanns und Ludwigs des Jüngeren (Ludowici Germanici, Karlomanni, Ludowici Iunioris Diplomata), hg. v. Paul Fridolin Kehr (MGH DD 1/1), Berlin 1934. bald erscheinen kann [6] , nehme ich als Zeichen Ihres guten Befindens und Ihrer Arbeitsfrische. Leider kann ich mit irgend vergleichbaren Sachen nicht aufwarten. Denn ich bin zu eignen Arbeiten so gut wie gar nicht gekommen – ein paar Aufsätze zu ein paar Aufsätzen: das ist alles, und auch die Annalen von Piacenza Annales Placentini (Annalen von Piacenza) ruhen immer noch [7] . Ich hatte im vorigen Semester mit Fedor SchneiderFedor Schneider (1879-1932), dt. Historiker, von 1923 bis zu seinem Tod Ordinarius f. Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt a. M. ein Seminar über MainardinMainardin(o) von Imola (gest. ca. 1250), italien. Geistlicher u. Geschichtsschreiber mit engen Verbindungen an den Hof Friedrichs II. u. die Ann. Placent. Annales Placentini (Annalen von Piacenza) verabredet [8] . Durch seine Erkrankung zerschlug sich das aber, und ich hatte mit einem Kolleg über die italienischen Humanisten des XIII.–XV. Jhdts. gerade genug zu schaffen [9] – ein für mich ja völlig neues und für den Historiker etwas abseitiges Gebiet, das ich aber doch einmal kennen lernen wollte. Leider ist es immer nur ein "Beschnuppern" und eine recht oberflächliche, ungründliche Art der Stoffaneignung, kaum ausreichend, um einen ersten Überblick zu gewinnen: es ist alles auf multa non multum angelegt. |Seitenwechsel

Viel [10] Freude machten mir die Übungen über Aegidius RomanusAegidius Romanus (gest. 1316), Augustiner-Eremit u. theol.-philos. Schriftsteller – mit lauter "Auserwählten" vom 6. Semester aufwärts [11] . Jetzt im Sommer habe ich Reichsgeschichte "ab interregno" – wenigstens zeitgemäss mit dem grauenhaften Zusammenbruch des Reiches und der Zersetzung einer aristokratischen Welt, die ins Feudale und Bürgerliche auseinanderbrach.. darin uns ja noch überlegen, die wir nur noch zwischen Proletarischem und Plebejischem zu wählen haben. – Ich lese dieses Kolleg dreistündig – denn durch den Tod von Fedor SchneiderFedor Schneider (1879-1932), dt. Historiker, von 1923 bis zu seinem Tod Ordinarius f. Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt a. M., der ja nicht unerwartet kam, wenn auch nicht so rasch vermutet wurde, musste ja doch einer mit einer Hauptvorlesung einspringen [12] . Nun wird hier das grosse Rätselraten um die Nachfolge bald einsetzen. Vorläufig ist, glaube ich, noch nicht einmal die Kommission zusammengestellt. Ich wäre sehr dafür, dass man ErdmannCarl Erdmann (1898-1945), dt. Historiker, 1926-1932 Assistent am Preußischen Historischen Institut in Rom, seit 1934 Mitarbeiter der MGH herberiefe; denn BaethgenFriedrich Baethgen (1890-1972), dt. Historiker, 1913 bei Karl Hampe über die "Regentschaft von Papst Innozenz III." promoviert. Nach der Habilitation (1920) bei den MGH in Berlin beschäftigt, 1924-1927 außerordentlicher Professor in Heidelberg, wo er Kantorowicz kennenlernte. 1927-1929 2. Sekretär am Preussischen Historischen Institut in Rom, 1929-1939 Ordinarius für Geschichte in Königsberg, 1939-1948 in Berlin, 1948-1959 Präsident der MGH in München. und SchrammPercy Ernst Schramm (1894-1970), dt. Historiker und nach dem Krieg einflussreicher Historiker als Mediävist und als Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs; Mitglied der Zentraldirektion der MGH, die sicher in erster Linie in Frage kämen, werden wohl nicht zu haben sein. Aber das sind nur meine persönlichen Wünsche – ich ahne nicht, was die FakultätUniversität Frankfurt am Main, Philosophische Fakultät vorhat. Vielleicht lässt man aus Spargründen den Lehrstuhl auch unbesetzt und überträgt ihn an PlatzhoffWalter Platzhoff (1881-1969), dt. Historiker; ab 1923 Professor für Mittlere u. Neuere Geschichte in Frankfurt a.M., 1934-1944 als Nachfolger von Ernst Krieck Rektor der Universität, der nur ein persönliches Ordinariat hat. Aber wie gesagt: das alles ist noch nicht spruchreif – das Semester hat auch eben erst angefangen [13] . |Seitenwechsel

Insgesamt gefällt mir FrankfurtFrankfurt am Main recht gut. Trotzdem es zur Zeit vor GoetheJohann Wolfgang (von) Goethe (1749-1832), dt. Dichterfeiern wimmelt. Sie werden ja diesen Tag, an dem sich Deutschland so wenig "es selbst" hätte fühlen dürfen, in RomRom (Italien) zugebracht haben. Ihr vieles Reisen distanziert Sie wenigstens etwas von dem vielen Unerfreulichen bei uns, worüber ein Wort zu verlieren sich erübrigt. Dennoch spräche ich gern einmal wieder mit Ihnen die "Weltlage" durch. Passieren Sie nicht FrankfurtFrankfurt am Main einmal? und wollen Sie nicht einmal hier Station machen? Auch KüntzelGeorg Küntzel (1870-1945), dt. Historiker; 1914-1934 Ordinarius für Neuere (später Mittlere u. Neuere) Geschichte in Frankfurt a.M., 1929/30 Rektor der Universität – einer der rührendsten und reizendsten Menschen – würde sich sicherlich sehr freuen, Sie hier zu sehen. – Und was treibt ihr Sohn IvoIvo Kehr (1911-1943), dt. Architekt; zweiter Sohn Paul Fridolin Kehrs. An der russischen Front bei Noworosijks gefallen.? Studiert er noch in BerlinBerlin [14] ?

Ich hoffe sehr, verehrtester Herr Geheimrat, dass unsere Wege sich bald einmal wieder kreuzen. Darauf hoffend verbleibe ich mit den besten Wünschen und den verbindlichsten Grüssen stets
Ihr sehr ergebner
Ernst Kantorowicz.

1Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Die Formulierung "seit Jahr und Tag ruhende Verbindung" lässt auf ein Schreiben Kehrs schließen, mit dem dieser wohl direkt nach seiner Rückkehr nach Berlin am 19. April 1931 auf Inv.-Nr. 3157Inv.-Nr. 3157: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 20.02.1931 geantwortet hatte (zur Reise Kehrs vgl. ebd. den Kommentar).

2Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Vgl. Ladner, Erinnerungen (1994) Gerhard Ladner, Erinnerungen, hg. v. Herwig Wolfram/Walter Pohl (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte 617), Wien 1994. , S. 29: "Ernst Kantorowicz kam jeden Tag um 11 Uhr morgens in die Monumenta. Sehr oft öffnete sich dann die Tür von Kehrs Zimmer, in dem Kantorowicz wohl für eine gute Stunde verschwand. Er hat mir später erzählt, daß Kehr von ihm über Stefan George unterrichtet sein wollte, und andererseits der Dichter sich gerne von Kehrs bemerkenswerter Persönlichkeit erzählen ließ, deren edle Seiten er ausdrücklich anerkannte." Vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 166.

3Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Die Abhandlung war 31. März 1932 ausgegeben worden, den dazugehörigen Akademievortrag hatte Kehr am 14. Januar gehalten.

4Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Das Zitat bezieht sich auf einen Passus aus Kehr, Die Kanzlei Ludwigs des Deutschen (1932) Paul Fridolin Kehr, Die Kanzlei Ludwigs des Deutschen (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1932, Nr. 1), Berlin 1932., S. 25: "Aber ist es nicht eine Ironie der geschichtlichen Überlieferungen, daß wir diese Männer [gemeint sind die namentlich nicht bekannten Vorsteher der königlichen Kapelle unter Ludwig dem Deutschen, die auf Hofkaplan Wigbart von Verden folgten] so gut kennen, als wenn wir ihnen über die Schulter sähen, während wir von den Personen, die damals die Geschichte machten, oft kaum die Namen wissen? Und dennoch ist es nicht ohne Reiz, an einer Stelle wenigstens bis in die letzten erkennbaren Spuren menschlicher Arbeit in der Vergangenheit einzudringen."

5Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Anspielung auf Kehrs Jagdleidenschaft.

6Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Der erste, die Diplome Ludwigs des Deutschen umfassende Faszikel von , hg. v. Kehr (1934) Die Urkunden der deutschen Karolinger (Diplomata regum Germaniae ex stirpe Karolinorum), Bd. 1: Die Urkunden Ludwigs des Deutschen, Karlmanns und Ludwigs des Jüngeren (Ludowici Germanici, Karlomanni, Ludowici Iunioris Diplomata), hg. v. Paul Fridolin Kehr (MGH DD 1/1), Berlin 1934. wurde am 28. August 1932 abgeschlossen und im selben Jahr veröffentlicht; vgl. Kehrs Vorrede, ebd. p. XII.

7Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Gemeint ist das Projekt einer Neuedition der Annales Placentini, das Kehr Kantorowicz übertragen hatte; vgl. Inv.-Nr. 3025Inv.-Nr. 3025: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 15.03.1930.

8Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Gemeint sind die "Uebungen zur Historiographie des 13. Jahrhunderts", die laut Frankfurter Vorlesungsverzeichnis ( Universität Frankfurt a.M., Verzeichnis der Vorlesungen Winter-Halbjahr 1931/32 und Personalverzeichnis, Frankfurt am Main 1931., S. 45, hier online) von "F. Schneider u. Kantorowicz" 14-tägig dienstags von 18-20 Uhr durchgeführt werden sollten. Während Kantorowicz' Wortlaut im vorliegenden Brief darauf schließen lässt, dass die Übung ausfiel, vermutet Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 181, sie habe stattgefunden und die vereinbarte Kooperation sei "ein administratives Versteckspiel: Kantorowicz hatte die Veranstaltung von Schneider übernommen, da jener [...] todkrank war".

9Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Das Seminar "Das Zeitalter des Humanismus" fand im WS 1931/32 mittwochs 16–17 Uhr und freitags 15–16 Uhr statt, vgl. Universität Frankfurt a.M., Verzeichnis der Vorlesungen Winter-Halbjahr 1931/32 und Personalverzeichnis, Frankfurt am Main 1931., S. 44 (hier online) und Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 186.

10Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Auf dem oberen Rand die Bogenzahl "II." von Kantorowicz' Hand.

11Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Die "Uebungen für Fortgeschrittene: Aegidius Romanus" fanden im WS 1931/32 14-tägig am Dienstagabend statt und waren ursprünglich im Wechsel mit den "Uebungen zur Historiographie des 13. Jahrhunderts" von Schneider und Kantorowicz (s.o.) geplant; vgl. Universität Frankfurt a.M., Verzeichnis der Vorlesungen Winter-Halbjahr 1931/32 und Personalverzeichnis, Frankfurt am Main 1931., S. 44 (hier online). Einer der "Auserwählten" war Walter Gross, der bei Karl Hampe promovierte und über den sich Kantorowicz gegenüber dem Doktorvater äußerst positiv äußerte (vgl. Inv.-Nr. 17Inv.-Nr. 17: Ernst H. Kantorowicz an Karl Hampe, 23.05.1932). Zu ihm vgl. auch Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 187.

12Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Die Vorlesung "Reichsgeschichte vom Interregnum bis zum Ausgang Karls IV." wurde im Vorlesungsverzeichnis zum SS 1932 noch als zweistündig für Dienstag und Donnerstag 11–12 Uhr angekündigt; vgl. Universität Frankfurt a.M., Verzeichnis der Vorlesungen Sommer-Halbjahr 1932 und Personalverzeichnis, Frankfurt am Main 1932., S. 44 (hier online). Schneider, der drei Veranstaltungen angekündigt hatte (vgl. ebd. S. 44 f.), war "am 27. Februar 1932 nach langer Krankheit" gestorben (Kehr, Fedor Schneider (1931/32) Paul Fridolin Kehr, Fedor Schneider (†), in: Quellen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 23 1931/32, S. 300 f. , S. 300, vgl. auch Inv.-Nr. 3157Inv.-Nr. 3157: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 20.02.1931). Den Tod Schneiders und die Aufstockung des Zeitumfangs seiner eigenen Vorlesung auf nun drei Stunden erwähnt Kantorowicz auch in einem Brief an Friedrich BockInv.-Nr. 3031: Ernst H. Kantorowicz an Friedrich Bock, 12.04.1932.

13Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Tatsächlich kam die Berufungskommission noch am selben Tag, dem 18. April 1932, zusammen. Am 31. Mai wurde die endgültige Rangfolge der infrage kommenden Kandidaten festgelegt: Weder Carl Erdmann noch Walter Platzhoff wurden berücksichtigt; auf der Liste firmierte Harold Steinacker (statt des zuerst favorisierten Percy Ernst Schramm) auf Platz 1, Friedrich Baethgen auf Platz 2 und Paul Kirn bzw. alternativ Kantorowicz selbst auf Platz 3. Obwohl faktisch viertplaziert und ohne Habilitation, wurde Kantorowicz am 18. August 1932 zum Ordinarius berufen. Zum Berufungsverfahren und zu dessen Ergebnis vgl. ausführlich Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 183-186, der ebd. S. 185 vermutet, dass Kehr "im Hintergrund die Fäden gezogen" hatte. Kantorowicz' detaillierte Schilderung der eigenen Vorlesungstätigkeit, die Rechtfertigung seines Beurlaubungsgesuchs und die Ausführungen zur aufgezwungenen Emeritierung, die nur in den Briefen an Kehr so dicht verwoben sind (vgl. Inv.-Nr. 3158Inv.-Nr. 3158: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 18.04.1932, 3154Inv.-Nr. 3154: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 07.05.1933, 3155Inv.-Nr. 3155: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 06.06.1933 und Inv.-Nr. 3160Inv.-Nr. 3160: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 14.10.1934), untermauern diese Vermutung.

14Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Ivo Kehr absolvierte sein Architekturstudium von 1931 bis 1938 ausschließlich an der renommierten Technischen Hochschule Stuttgart; vgl. (1931) Technische Hochschule Stuttgart, Personalverzeichnis für das Sommersemester 1931 [und Konzept für das Wintersemester 1931/32], Stuttgart 1931., Bl. 68v (hier online) und seine Prüfungsakte (UASt, 120/11382). Über Ivo Kehr, den Kantorowicz Ende 1930 kennengelernt hatte (vgl. seinen Brief an Stefan George, 15.02.1931Inv.-Nr. 911: Ernst H. Kantorowicz an Stefan George, 15.02.1931), äußerte er sich gegenüber dem Vater nochmals in Inv.-Nr. 3160Inv.-Nr. 3160: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 14.10.1934. Weitere Erwähnung in einem Brief an Lucy von Wangenheim vom 28.12.1930; vgl. Grünewald, Kantorowicz und die Monumenta Eckhart Grünewald, Ernst Kantorowicz und die Monumenta Germaniae Historica in den 1930er Jahren, in: Menschen und Strukturen: Annäherungen an eine MGH-Geschichte 1919 bis 1959. Beiträge der Tagung im Oktober 2023 in der Akademie für Politische Bildung Tutzing, hg. v. Martina Hartmann/Annette Marquard-Mois/Maximilian Becker (Studien zur Geschichte der Mittelalterforschung 3), Wiesbaden (voraussichtlich 2024). .

Abbildungen (4)

Das Copyright am Brieftext liegt bei: Ariane Phillips

Projektphase 1: -
Projektphase 2: Transkription (Hedwig Munscheck-von Pölnitz) | Textauszeichnung (Andreas Öffner) | Kommentar (Hedwig Munscheck-von Pölnitz/Andreas Öffner)

Zitierlink zu diesem Datensatz: https://data.mgh.de/databases/eka/eka3158

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