Digitale Briefausgabe Ernst Kantorowicz

Inv.-Nr. 24: Ernst H. Kantorowicz an Hans Martin Schaller, 17.05.1961

Metadaten

Inventar-Nr.: 24
Dateiname: d19610517_kantorowicz_schaller.xml
Empfänger: Hans Martin Schaller Hans Martin Schaller (1923-2005), dt. Historiker; ab 1957 Mitarbeiter der MGH
Schreib-/Versandort: Princeton, New Jersey
Empfängerort: München
Datum des Schreibens: 17.05.1961
Datum des Poststempels: -
Korrespondenzform: Brief
Typ: Typoskript
Umfang: 1 Bl., 1 S.
Aufbewahrung: MGH-Archiv/K 139, 3/1

Brieftext

THE INSTITUTE FOR ADVANCED STUDY
PRINCETON, NEW JERSEY
SCHOOL OF HISTORICAL STUDIES

17. März 1961 [1]

SCHOOL OF HISTORICAL STUDIES

Dr. Hans Martin Schaller
Monumenta Germaniae Historica
Meiserstr. 10
München 2

Lieber Herr Schaller,

Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Aufsatz Hans Martin Schaller, Il rilievo dell'ambone della cattedrale di Bitonto. Un documento dell'idea imperiale di Federico II, in: Archivio Storico Pugliese 13 (1960), S. 40-60. über den Ambo von BitontoBitonto, Kanzel der Kathedrale San Valentino [2] . Wäre diese Arbeit von einem anderen Autor an mich gelangt, so hätte ich sie von Anfang an mit grösstem Misstrauen angesehen. LadnerGerhart B. Ladner (1905-1993), österr.-kanad. Mediävist u. Kunsthistoriker. 1930-1931 Mitarbeiter der MGH (Abt. Diplomata u. Epistolae) in Berlin, wo er mit Kantorowicz bekannt wurde und Freundschaft schloss. 1938 Emigration nach Kanada, seit 1946 Professuren in den USA und zweimalige Mitgliedschaft am Institute for Advanced Study in Princeton, an das er auch Kantorowicz zu vermitteln half. und ich haben jüngst, im Zusammenhang mit Herrn KaisersWilhelm Bernhard Kaiser (1923-2003), hessischer Lehrer u. Heimatkundler Interpretation Wilhelm Bernhard Kaiser, Zum Mainzer Kopf mit Binde, in: Zeitschrift für Kunstwissenschaft 14 (1960), S. 155-166. des Mainzer Kopfes mit der BindeDommuseum Mainz, Kopf mit Binde (der natürlich auf Friedrich II.Friedrich II. von Hohenstaufen (1194-1250), Kg. v. Sizilien, röm-dt. Kg., 1220-1250 Ks. gedeutet wird), beschlossen, einen Aufsatz zu schreiben unter dem Titel Pseudiconografia Fridericiana. Sollte es dazu kommen [3] , so würde Ihr Aufsatz Hans Martin Schaller, Il rilievo dell'ambone della cattedrale di Bitonto. Un documento dell'idea imperiale di Federico II, in: Archivio Storico Pugliese 13 (1960), S. 40-60. als ein Muster des Nicht-pseudoikonographischen darzustellen sein, im Gegensatz zu Kaschnitz'Guido Kaschnitz von Weinberg (1890-1958), österr. Klassischer Archäologe, Ehemann der Lyrikerin Marie Luise Kaschnitz und PrandisAdriano Prandi (1900-1979), ital. Architekt, Archäologe u. Kunsthistoriker phantastischen Zuschreibungen [4] .

Ihr Aufsatz Hans Martin Schaller, Il rilievo dell'ambone della cattedrale di Bitonto. Un documento dell'idea imperiale di Federico II, in: Archivio Storico Pugliese 13 (1960), S. 40-60. ist wirklich besonders interessant durch das Heranziehen der Eulogie Nicolaus von Bari [?], Sermo des Nikolaus von BariNikolaus von Bari (Nicolaus Barensis, 1. Hälfte 13. Jh.), apulischer Abt u. Diakon mit Verbindungen zum Hof Friedrichs II. [5] , und obwohl ich auch in solchen Fällen, wo Text und Bild sich angeblich stützen, eher skeptisch bin, so bin ich in diesem Falle völlig geneigt, Ihnen zu glauben und willens, mich überzeugen zu lassen [6] . Ebenso ist der Schluss mit dem Baum JesseJessebaum und der Parallele von CefalùCefalù (Italien) durchaus geglückt und glaubhaft gemacht [7] . Es wird Sie interesieren, dass im letzten Heft von SpeculumSpeculum: A Journal of Medieval Studies, hg. im Auftrag der Medi(a)eval Academy of America (1926-) (Januar 1961) ein Aufsatz James R. Johnson, The Tree of Jesse Window of Chartres: Laudes Regiae, in: Speculum 36 (1961), S. 1-22. von einem Mr. JohnsonJames R. Johnson (ca. 1916-2008), US-amerikan. Kunsthistoriker vom Cleveland MuseumCleveland Museum of Art; Cleveland, Ohio erschienen ist, der aber die politische Interpretationsmöglichkeit des Baumes JesseJessebaum in einem der Fenster von ChartresChartres, Kathedrale Notre-Dame recht gut herausbringt, indem er das Lilienmuster des Baumes hervorhebt. Wahrscheinlich haben Sie das Heft ohnedies schon gesehen. Ich schlug Mr. JohnsonJames R. Johnson (ca. 1916-2008), US-amerikan. Kunsthistoriker vor, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzten und eventuell im Austausch Ihr Separatum zu erwerben. Ich glaube nicht, dass das Archivio Storico PuglieseArchivio Storico Pugliese; Bari in der Museumsbibliothek von ClevelandCleveland, Ohio (USA) vorhanden ist und wahrscheinlich auch nicht so einfach zu finden sein wird.

Ich schicke Ihnen mit gewöhnlicher Post einen Abdruck Ernst H. Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence, in: Twelfth-Century Europe and the Foundations of Modern Society. Proceedings of a Symposium sponsored by the Division of Humanities of the University of Wisconsin and the Wisconsin Institute for Medieval and Renaissance Studies, November 12-14, 1957, hg. v. Marshall Clagett/Gaines Post/Robert Reynolds, Madison/Wisconsin 1961, S. 89-111. aus einem Symposium, das 1957 in Madison, WisconsinMadison, Wisconsin (USA), stattfand [8] . Es ist zum grössten Teil ein Auszug aus den Two Bodies Ernst H. Kantorowicz, The King's Two Bodies. A Study in Mediaeval Political Theology, Princeton 1957. [9] , aber einleitend behandelt es ein paar andere Probleme.

Wie geht es mit Petrus de VineaPetrus de Vinea (gest. 1249), ital. Jurist u. Poet; Kanzler Friedrichs II.? Ich hoffe, dass Sie und Herr KloosRudolf M. Kloos (1926-1982), dt. Historiker, 1952-1957 Mitarbeiter der MGH (Abt. Epistolae) diese Arbeit nicht aufgegeben haben [10] . Mit nochmaligem herzlichen Dank und den besten Wünschen und Grüssen

stets Ihr
Ernst Kantorowicz
Ernst H. Kantorowicz

1Verfasst von: unbekannt. Durchstreichung "März" von der Hand Schallers mit Anmerkung "Mai (lt. Poststempel)".

2Verfasst von: Martina Hartmann. Heute liegt eine dt. Fassung von Schaller, Il rilievo dell'ambone della cattedrale di Bitonto (1960) Hans Martin Schaller, Il rilievo dell'ambone della cattedrale di Bitonto. Un documento dell'idea imperiale di Federico II, in: Archivio Storico Pugliese 13 (1960), S. 40-60. vor: Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto (1993) Hans Martin Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto. Ein Denkmal der Kaiseridee Friedrichs II., in: Ders., Stauferzeit. Gesammelte Aufsätze (MGH-Schriften 38), Hannover 1993, S. 1-23. .

3Verfasst von: Andreas Öffner. Dazu kam es nicht.

4Verfasst von: Martina Hartmann. Gemeint sein dürften Kaschnitz' zweiteilige Studie zu den "Bildnissen Friedrichs II." Guido Kaschnitz von Weinberg, Bildnisse Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen [1953-1955], Teil 1 in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 60/61 (1953/1954), S. 1-21; Teil 2 ebd. 62 (1955), S. 1-51. und Prandis Aufsatz zur "Divi Friderici Caesaris Imago" Adriano Prandi, Un documento d'arte federiciana. Divi Friderici Caesaris Imago, in: Rivista dell'Istituto Nazionale d'Archeologia e Storia dell'Arte Ser. NS 2 (1953), S. 3-42. .

5Verfasst von: Andreas Öffner. Vgl. Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto (1993) Hans Martin Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto. Ein Denkmal der Kaiseridee Friedrichs II., in: Ders., Stauferzeit. Gesammelte Aufsätze (MGH-Schriften 38), Hannover 1993, S. 1-23. , S. 9 f., hier S. 10 zu dem zweiten Stück eines Textensembles, das Rudolf Kloos 1954 im Kodex 642 der UB Erlangen entdeckt hatte: "Bei diesem [zweiten Stück] handelt es sich [...] um eine Predigt, wie aus der Form des Textes klar hervorgeht. [...] Die Predigt behandelt jedoch kein religiöses Thema, sondern ein weltliches: die Größe Kaiser Friedrichs II. Als Verfasser nennt sich ein Nicolaus, von dem wir jedoch nicht wissen, ob er mit dem Verfasser des dritten Stückes, dem Abt Nicolaus von Bari, identisch ist, wie Kloos [...] vermutet hat. Diese Predigt scheint nun in Gegenwart Friedrichs II. gehalten worden zu sein, denn der Verfasser redet den Kaiser häufig persönlich an."

6Verfasst von: Andreas Öffner. Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto (1993) Hans Martin Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto. Ein Denkmal der Kaiseridee Friedrichs II., in: Ders., Stauferzeit. Gesammelte Aufsätze (MGH-Schriften 38), Hannover 1993, S. 1-23. deutet die Kanzel im Dom des 1229 unterworfenen BitontoBitonto (Italien) als "Sühnedenkmal" (S. 21) und ihr Relief, "auf dem sich Friedrich II. mit seinen kaiserlichen Vorfahren abbilden ließ" (S. 16 f.), als Darstellung des "staufische[n] Endkaisergeschlechts".

7Verfasst von: Andreas Öffner. Vgl. Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto (1993) Hans Martin Schaller, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto. Ein Denkmal der Kaiseridee Friedrichs II., in: Ders., Stauferzeit. Gesammelte Aufsätze (MGH-Schriften 38), Hannover 1993, S. 1-23. , S. 18-20, wo der Verfasser argumentiert, dass "[a]ls Vorbild für das gesamte Relief von Bitonto [...] zweifellos Darstellungen des sogenannten Jessebaums gedient" (S. 18) hätten, also die seit dem "Ende des 11. Jahrhunderts" belegten Illustrationen des "Stammbaum[s] Jesu (nach dem Geschlechterregister Matth. 1, 1-17) in Form eines Baumes [...], der von dem Vater Davids, Jesse, ausging" (S. 19). Ebd. S. 16-18 weist Schaller auf die Vorhalle des Doms von CefalùCefalù, Kathedrale Santissimo Salvatore hin, in der Friedrich II. "etwa zeitgleich mit dem Relief von Bitonto" (S. 17) fünf - nicht mehr erhaltene - Ahnenbilder anbringen und sein eigenes mit der Inschrift 'Fredericus primus imperator' versehen lassen habe.

8Verfasst von: Andreas Öffner. Kantorowicz hatte wegen einer Nierenoperation seinen Vortrag nicht selbst halten können; er wurde von Gaines Post verlesen und in der Diskussion verteidigt (vgl. Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence (1961) Ernst H. Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence, in: Twelfth-Century Europe and the Foundations of Modern Society. Proceedings of a Symposium sponsored by the Division of Humanities of the University of Wisconsin and the Wisconsin Institute for Medieval and Renaissance Studies, November 12-14, 1957, hg. v. Marshall Clagett/Gaines Post/Robert Reynolds, Madison/Wisconsin 1961, S. 89-111. , S. 105, Anm. *). Zum Krankenhausaufenthalt Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 432 f..

9Verfasst von: Andreas Öffner. Vgl. Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence (1961) Ernst H. Kantorowicz, Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence, in: Twelfth-Century Europe and the Foundations of Modern Society. Proceedings of a Symposium sponsored by the Division of Humanities of the University of Wisconsin and the Wisconsin Institute for Medieval and Renaissance Studies, November 12-14, 1957, hg. v. Marshall Clagett/Gaines Post/Robert Reynolds, Madison/Wisconsin 1961, S. 89-111. und wohl Kantorowicz, The King's Two Bodies (1957) Ernst H. Kantorowicz, The King's Two Bodies. A Study in Mediaeval Political Theology, Princeton 1957. , Kap. IV ("Law-Centered Kingship"), S. 87-192, wobei es sich nicht um einen Auszug im Wortsinn zu handeln scheint.

10Verfasst von: Andreas Öffner. Laut Baethgen, Bericht für das Jahr 1952/53 (1954/55) Friedrich Baethgen, Monumenta Germaniae Historica. Bericht für das Jahr 1952/53, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 11 (1954/55), S. 1-17. , S. 13 (hier online) waren Hans Martin Schaller und Rudolf Kloos seit 1952/53 gemeinsam mit der "weitausschauende[n] Aufgabe der Petrus de Vinea-Ausgabe" betraut; allerdings wechselte Kloos 1957 in den Archivdienst und zog Schaller, der erst im selben Jahr eine feste Stelle bei den MGH erhielt (vgl. Baethgen, Bericht für das Jahr 1956/57 (1959) Friedrich Baethgen, Monumenta Germaniae Historica. Bericht für das Jahr 1956/57, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 15 (1959), S. 1-15. , S. 2, hier online), andere Aufgaben vor. Zum Stand im Jahr 1961 Grundmann, Bericht für das Jahr 1960/61 (1962) Herbert Grundmann, Monumenta Germaniae Historica. Bericht für das Jahr 1960/61, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 18 (1962), S. 1-12. , S. 18 (hier online): "Dr. Rudolf M. Kloos (Staatsarchivrat in Bamberg) konnte seine Arbeit an der Briefsammlung des Petrus de Vinea wiederaufnehmen, in engem Einvernehmen mit Dr. Hans Martin Schaller (München), der zunächst die damit zusammenhängende Briefsammlung des Thomas von Capua in 35 Handschriften untersucht und durch Probekollationen die beste Editionsgrundlage ermittelt hat, wie es auch für die verschiedenen Redaktionen der Petrus-de-Vinea-Sammlung geschieht."

Abbildungen (1)

Das Copyright am Brieftext liegt bei: Ariane Phillips

Projektphase 1: Transkription | Textauszeichnung | Kommentar
Projektphase 2: Textauszeichnung (Andreas Öffner) | Kommentar (Martina Hartmann/Andreas Öffner)

Zitierlink zu diesem Datensatz: https://data.mgh.de/databases/eka/eka0024

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