Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<*319.>>

Heinrich urkundet für den Markgrafen (Rainer) von Montferrat.

(wohl 1111 oder 1116).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Stumpf Reg. –.

In dem knappen DF.I.739 von 1178 Juli 14 lautet die, von inhaltlich entsprechender Arenga (s. Hausmann-Gawlik no 719) eingeleitete Dispositio: Inde est, quod nos … approbamus et presenti pagina roboramus privilegia divę memorię antecessorum nostrorum Heinrici imperatoris et dilecti patrui nostri regis Cvnradi super possessionibus, rebus et dignitatibus filiorum Ardicionis fidelissimo ac dilecto principi nostro Gvilelmo marchioni Montisferrati collata, statuentes …, quatinus, quicumque donationem et constitucionem memoratorum principum et predecessorum nostrorum infringere vel infirmare presumpserit, incidat in penam in prefatis privilegiis constitutam.

Empfänger des verlorenen Konrad-Diploms (s. DKo.III.*272 zu 1149 Mai/1152) war gleichfalls schon Markgraf Wilhelm IV. (“W. der Alte”, † ca. 1186), der mit Judith, der Tochter von Heinrichs V. Schwester Agnes und Hz. Leopolds III. von Österreich, vermählt war.

D.*319 war hingegen zweifellos für dessen Vater Rainer († vor 1135) ausgestellt, der auch in entfernter Verwandtschaft mit Heinrich stand, da seine Gemahlin Gisela von Burgund, Witwe Humberts III. von Savoyen, eine Schwester P. Calixts II. war. – Rainer ist auf beiden Italienzügen Heinrichs V. an dessen Hof nachweisbar, vgl. D.71 von 1111 (nur hier mit dem Zusatz de Monteferrato) und DD.168 (marchio Rainerius Paradisus, s. dazu Vorbem. zu D.*191) u. 187 von 1116; in einem der beiden Jahre wird auch das Deperditum ausgestellt sein, das von Gabotto in Rivista di Alessandria 28,27 ohne weiteres Heinrich V. zugesprochen wird (so wohl auch Brader, Bonifaz von Montferrat 218), während Herkenrath, Reichskanzlei (1174–1180), 166 die Entscheidung zwischen Heinrich IV. und Heinrich V. offen lässt (ebenso im Kopfregest zu DF.I.739 und im Register S. 412).

Bei dem in den Registern zu DDF.I. u. Ko.III. unbestimmt gelassen Ardicio handelt es sich um den Markgrafen Arditio I., den Bruder von Rainers Vater Wilhelm III. († vor 1101), den Begründer einer Seitenlinie der Markgrafen von Montferrat, die sich nach dem sö. Casale Monferrato gelegenen Occimiano benannte (vgl. Haverkamp, Herrschaftsformen 2,391 Anm. 87); dies ergibt sich aus einer Urkunde seines Sohnes Arditio II. von 1135 Mai 24 (Sella, Cod. Astensis 3,637 no 622; vgl. Brader a.a.O. 217 Anm. 3 [s.a. 253 Taf. IV], Gabotto a.a.O. 26f., Usseglio, Marchesi di Monferrato 122f.: pater meus [= Arditio I.] fuit frater Guillelmi marchionis), in der auch ein Bruder Rainers namens Heinrich genannt wird (Bernardus marchio, filius quondam Henrici Balbi, qui fuit frater Rayngerii marchionis).

Soweit wir sehen, blieb bisher das für die Deutung des D.*319 höchst bedeutsame Privileg P. Paschals II. von 1110 März 13 unbeachtet (zum Text vgl. Vorbemerkung zu D.107): Nach Aussage dieses Privilegs, das eine vermutlich kurz vor 1110 erfolgte Schenkung des Arditio marchio, unter dem Arditio I. verstanden werden muss, sowie einen Verkauf durch einen sonst nicht nachweisbaren Bruder Arditios, Manfredus marchio, an Kl. Fruttuaria bestätigte, war Arditio als conversus in das Kloster eingetreten. – Es drängt sich die Vermutung auf, dass Arditio sich eines unbekannten Vergehens schuldig gemacht hatte, für das er einerseits den Klostereintritt als Sühne auf sich genommen hatte, das ihm aber vor allem die Ächtung (durch Heinrich V.?) und in deren Folge seinen filii den Verlust der Erbfolge in die väterlichen Güter eingetragen haben muss, die dann Heinrich V. an Arditios I. Neffen Rainer übertrug (auf diesen Akt, für den man eher das Jahr 1111 als 1116 wird annehmen können, ist zweifellos obiges donatio der Pönformel zu beziehen).

Später war Arditios Linie offenbar wieder – ganz oder teilweise – in ihre Rechte eingesetzt worden; jedenfalls agierte in einer Urkunde von 1126 Jan. 4 (Moriondo, Mon. Aquensia 2,320 no 48; vgl. Brader a.a.O. 216f., Gabotto a.a.O. 27, Usseglio a.a.O. 121) Rainer gemeinsam mit seinem Vetter Arditio II. (Ardicius filius quondam Ardicionis) und seinem Neffen Bernhard (Bernardus filius quondam Henrici) als Stifter der Zisterzienserabtei S. Maria di Locedio (com. Trino prov. Vercelli). – Angesichts des knappen Wortlautes des Barbarossa-Diploms, das sogar auf die Wiederholung der in den Deperdita ausgesprochenen Pön verzichtete, muss offen bleiben, ob sich D.*319 auf die Übertragung des Besitzes der Söhne Arditios I. beschränkt oder auch eine Bestätigung der sonstigen Besitzungen und Rechte Rainers enthalten hatte.