Original (ca. 42/43,5 b : 51,5/52,5 h) im Staatsarchiv zu Forlì (A);
Rückvermerk des 13. Jh.:
Privilegium imperatoris Frederici, Name von Hand des 16./17. Jh. durchstrichen und durch
Henrici ersetzt.
Drucke aus A: Mittarelli-Costadoni, Ann. Camald. 3, app. 269 no
183 “ex autographo abbatiae Classensis” = Amadesi, In antistitum Ravennatum chronotaxim 3,116 no
6 (angeblich “ex autographo abbatiae Classensis”, tatsächlich aus Mitt.-Cost.) = Riccardi, Storia dei vescovi Vicentini 46 Auszug. Reg.: Fantuzzi, Mon. Ravennati 2,349 no
145.15. – Ficker
in Wilmans, Add. z. Westf. UB 92 no
116/34. – Ladewig-Müller, Constanzer Reg. 1,85 no
699. – Curradi
in Storia di Ravenna 3,763 no
32. – Böhmer
Reg. 2060. – Stumpf
Reg. 3153.
Das Original des D.198 ist wohl nur versehentlich in Forlì
zurückgeblieben, als in den Jahren 1797/98 die vorher dorthin
verbrachten Urkunden der Ravennater Congregazioni soppressi in die
Biblioteca Classense zu Ravenna zurückgeführt wurden (vgl. dazu Mazzatinti, Gli archivi della storia d’Italia 1,42). Vielleicht war aber auch
der äußerst schlechte Zustand dafür der Grund: Das Pergament ist durch
Mäußefraß namentlich an den senkrechten Falten und an den
Faltungskreuzen stark beschädigt, so dass das linke Drittel fast ganz
abgetrennt ist (bei einer neuzeitlichen Restaurierung wurden die
Fehlstellen von der Rückseite her mit Leinenstreifen unterklebt); die
Auslassungen bei Mittarelli-Costadoni
zeigen, dass die Beschädigungen schon damals bestanden; die
Ergänzungen konnten sich nicht in allen Fällen an VUU./VLL. oder NU.
orientieren (vgl. z.B. Anm. o und y).
D.198 ist auf der Grundlage eines Empfängerentwurfs verfasst und
geschrieben von Notar Adalbert A; Hausmann, Reichskanzlei 67 no
87 spricht dem Notar nur das Diktat zu, da ihm das Original nicht
bekannt war; auch Pivec, der dem D.198 in MÖIG 51,36ff. eine ausführliche Untersuchung
widmete, kannte das Original nicht (vgl. a.a.O. 36 Anm. 1) und spricht
vielleicht deshalb fälschlich dem Notar das Diktat ab (a.a.O. 36:
“Kanzleischreiber … völlig unbeteiligt”, 38: “Diktat … nicht
kanzleigemäß”. u. 39: “im übrigen Kontext … keine Mitwirkung …
faßbar”) und konzediert nur (a.a.O. 39), dass dieser das Eschatokoll
“stilisiert” habe. Dem Diktat des Notars entspricht neben Protokoll
und Eschatokoll sicher auch die Intervenientenliste.
Der Kontext basiert jedoch auf einer Anzahl von Vorlagen, deren
Verarbeitung einerseits auf Empfängerseite zurückzuführen ist, an der
aber auch der Notar selbst beteiligt war: Nur für den Anfang der
Besitzliste bildete das einzige erhaltene echte ältere Herrscherdiplom
für S. Severo, DO.I.349 von 967 Nov. 25 (= VU.IV) die Vorlage;
Verwendung fand aber auch das DKo.II.68 von 1026 für das Kloster S.
Lorenzo am Flusse Esino (Chiaravalle, 15 km w. Ancona, s. DDKo.II.
S.442f.) (= VU.II), das seit 1053 San Severo unterstand, weshalb des
Original des Konrad-Diploms offenbar im Archiv von S. Severo verwahrt
wurde (vgl. Pivec
a.a.O. 36f.).
Pivec
a.a.O. 36ff. konnte nun sicher nachweisen, dass überdies noch ein
Deperditum Ottos II. verwendet wurde, das von dessen von Ende 980 bis
Ende 982 tätigen Kanzleinotar It.I verfasst war. Da dessen Diktat
äußerst variabel war, daher der Wortlaut des Deperditums auch in den
formelhaften Partien unbekannt bleibt, haben wir Übereinstimmungen des
D.198 mit Textstellen aus verschiedenen, von uns mit VL.-Siglen
versehenen Diplomen des It.I durch Petitsatz gekennzeichnet: DO.II.239
von 980 Dez. 31 (= VL.IIId), D.242 von 981 Jan. 15 (= VL.IIIa), D.249
von 981 Mai 5 (= VL.IIIb) und D.278 von 982 Aug. 2 (= VL.IIIc), nur in
den Anmerkungen zitiert wird DO.II.268 (= VL.IIIe); wegen der
besonderen Nähe zum Diktat des in Ravenna und für das dortige
Marienkloster ausgestellten DO.II.242 (= VL.IIIa; vgl. die Randziffern
und bes. Anm. x”) darf man übrigens annehmen, dass das Deperditum wie
dieses in den Januar des Jahres 981 gehört.
Am auffälligsten ist jedoch, dass wohl auch das DO.III.275 für Ferrara
von 998 Febr. 9 (= als VL.V mit Parallelen nur in den Anmerkungen
zitiert, vgl. Anm. c, c”, f”–h”, l”, n”, o”, r”, v”) herangezogen
wurde, was nur dadurch erklärlich ist, dass dem Kanzleinotar damals
die Ferrareser Urkunden verfügbar waren, vgl. dazu Vorbemerkung zu D.199, dessen Text der Notar seinerseits
für die Eröffnung der Publikatio verwendete (= VL.I); dies belegt
zugleich, dass der Notar stärkere Eingriffe in den Empfängerentwurf
vorgenommen hatte.
D.198 fand später Verwendung in dem Ende 13./Anfang 14. Jh.
gefälschten DKo.II. † 284 von angeblich 1029 (vgl. Pivec
a.a.O. 36ff.; in der Vorbemerkung des DKo.II. † 284 wird das D.198
nicht erwähnt), offensichtlich unter gleichzeitiger oder überwiegender
Heranziehung des Deperditums Ottos II., da das Falsum die
Nachzeichnung eines Monogramms aus der Kaiserzeit Ottos II. aufweist
(vgl. dortige Vorbemerkung und Pivec
a.a.O. 38).
D.198 diente aber vor allem dem um zusätzliche Bestimmungen
erweiterten DF.I.428 von 1164 Febr. 10 (= NU.) als Vorurkunde; diese
Tatsache ist in der dortigen Vorbemerkung zwar festgehalten,
unverständlicherweise beschränkt sich jedoch die Kennzeichnung der
Abhängigkeit durch Petitsatz nur auf den Passus
Volumus etiam bis
remota (Z. ■ – ■, dort S. 320 Z. 44 – S. 321 Z.6), obwohl auch der ganze
vorangehende Abschnitt S. 320 Z. 34–44 (s. hier Anm. m bis w’) fast
wörtlich aus D.198 übernommen ist! Zu den auf uneinheitliche Datierung
hinweisenden Nachtragungen in der Datierung (s. Anm. ac und ai) vgl.
ausführlich die Vorbemerkung zu D.199.
Zu den Grenzangaben der “Insula di S. Severo” nach dem DO.I.349 vgl. Fabbri
in Storia di Ravenna 2.1,14 u. 21ff. mit Karten 1–4 (nach S. 16);
während dort und sonst (s. Anm. v)
Candiani portus die Südgrenze bildete, wäre in D.198 die Südgrenze mit der Angabe des
ca. 12 km s. Ravenna gelegenen Campanio (com. Ravenna, mit S. Pietro
in Campanio) beträchtlich nach Süden verschoben, weshalb anzunehmen
ist, dass es sich bei dem hiesigen
Cambiani um eine Verschreibung für
Candiani handelt. Über die Bedeutung des über die VU. hinausgehenden, auch in
der NU. genannten Besitzes der “Hälfte” der
porta sancti Laurentii (an der Südostecke der Stadtmauer) war in der lokalen Literatur nichts
zu finden; das Privileg P. Lucius’ III. von 1184 April 27 (JL 15027 u.
15037; Mittarelli-Costadoni
a.a.O. 4, app. 113 no
63; Migne, PL 201,1249 no
137) liefert genauere Angaben:
medietatem porte sancti Laurentii cum ripa fluminis usque ad turrem
sancti Cypriani, cum ipsa turri, et ab ipsa usque ad palatium quondam
Theodorici regis, cum casamentis et tenimentis; nach dem DKo.II. † 284 (S. 398 Z. 10ff.) gehörte S. Severo
monasterium sancti Thome apostoli positum foris porta sancti Laurenti
cum omnibus rebus et possesionibus suis. – Zum Kloster, das im Jahre 1457 dem benachbarten Kloster S. Apollinare
in Classe unterstellt wurde und von dem keine Reste erhalten sind,
vgl. It. pont. 5,106f. und Montanari
in Storia di Ravenna 3,298f.