Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<182.>>

Heinrich nimmt die Bewohner der Isola Comacina und von Menaggio in seinen Schutz und bestätigt ihnen nach dem Vorbild seiner Vorgänger die Befreiung von genannten Leistungen.

Fiorenzuola d’Arda, 1116 (Mai 25–28).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 30,5 b : 53 h) in der Universitätsbibliothek von Illinois in Urbana (A). – Abschrift des 19. Jh. in Ms. 1107 f. 1 ebenda (B).

Drucke aus A: Rovelli, Storia di Como 2,345 no 5 (damals im Besitz des Carlo Ciceri in Como). – Odegaard in Speculum 19,349 no 2. – Meyer-Marthaler u. Perret, Bündner UB 1,195 no 259a* (Auszug).

Reg.: Hidber, Schweizer. Urk.-Register 2,503 no 2862/1590a zu 1116 April 13 – Sept. 24. – Monneret de Villard in Rivista archeol. di Como 70–71, 198 no 140. – Odegaard a.a.O. 344. – Stumpf Reg. 3149 ohne Tagesdatum (nach Reg. 3148 = D.193 von Juli 28 eingereiht) und in den Zusätzen S. 539 zu (Sept.).

Das im Jahre 1921 mit dem Erwerb von Bibliothek und Archiv des Grafen Antonio Cavagna Sangiuliana di Gualdana aus Pavia nach Urbana gelangte Original weist an einigen Stellen der Faltungen Beschädigungen mit geringen Textverlusten auf, die mit Hilfe von Rovellis Druck und der Abschrift B behoben werden konnten.

Verfasst und geschrieben von Notar Adalbert A; vgl. Hausmann, Reichskanzlei 67 no 84, der jedenfalls, nachdem ihm das Original nicht vorlag, das Diktat dem Notar zusprechen konnte. – Die Abfassung erfolgte unter Benutzung des, wie die DDO.I.244 und 245 von 962 August 6 und 22, in Como ausgestellten DO.I.246 von 962 August 25 (= VU.); der dispositive Inhalt ist dort mit in Einzelheiten divergierender Formulierung zweimal enthalten, einmal in der Petitio der Kaiserin Adelheid (a), sodann in der Verfügung Ottos selbst (b). Unser D. benützt nun abwechselnd die Formulierungen beider Stellen, weshalb wir die VU.-Sigle in den betreffenden Anmerkungen mit dem Zusatz (a) und (b) versehen.

Die im Kontext ursprünglich vergessenen Intervenienten sind von anderer, absolut gleichzeitiger Hand offenbar sofort zwischen Unterfertigung und Datierung nachgetragen (s. Anm. y’), wobei offen bleiben muss, ob vor oder nach der Besiegelung.

Der durch Rovellis Druck in die Literatur eingegangene vermeintliche Handlungsort Horenzul (s. Anm. d”) hat in Verbindung mit dem fehlenden Tagesdatum bis heute für größte Verwirrung hinsichtlich des kaiserlichen Itinerars gesorgt, da man D.182 durchwegs in den Frühherbst des Jahres 1116 datieren wollte, vgl. u.a. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,15 Anm. 13, Hausmann a.a.O. und zuletzt Gawlik in DA 37,612 mit Anm. 44. – Nachdem man den Ort teils in der Nähe des Comer Sees, teils in der Nähe von Cremona und teils in der Nähe von Modena gesucht hatte (alle drei Deutungen schon bei Stumpf Reg. 3149 und Zusätze S. 539), ergibt sich nunmehr aus der Lesung des Originals (s. Anm. d”) die eindeutige Identifizierung mit dem an der Via Emilia, ca. 35 km nw. Parma und ca. 25 km sö. Piacenza gelegenen Fiorenzuola d’Arda; da die beiden nächsten Stationen des Itinerars das nur knapp 4 km nw. Fiorenzuola liegende Fontanafredda (s. D.183 von Mai 29) und dann das wahrscheinlich über Piacenza erreichte Alessandria (s. D.186 von Mitte Juni) waren, muss der Aufenthalt in Fiorenzuola angesichts des ostwestlichen Reiseweges des Hofes vor demjenigen in Fontanafredda liegen.

Eine von der Literatur bisher bevorzugte spätere Datierung scheitert auch daran, dass hier noch für die Königsjahre die seit dem D.174 eingesetzte richtige Zahl XI begegnet, während seit dem D.187 von 1116 Juni 22 ständig die falsche Zahl X anzutreffen ist (vgl. Vorbemerkung zu DD.174 u. 186). Das im Kopfregest verwendete nur ungefähre Datum (Mai 25–28) berücksichtigt neben dem Datum des Aufenthalts in Fontanafredda die Tatsache, dass sich Heinrich am 15. Mai noch in Governolo aufgehalten hatte (s. D.179), von wo man, gleichgültig welchen Weg man zur Via Emilia einschlug und an welchem Punkt man diese erreichte (Modena, Reggio oder Parma), unter Einbeziehung von Zwischenaufenthalten (in die Zwischenzeit fiel ja auch das sicher in einer der drei Bischofsstädte gefeierte Pfingstfest) bis Fiorenzuola wohl mehr als eine Woche unterwegs war; letztlich wird der Aufenthalt vermutlich nur einen Tag vor dem des 29. Mai in Fontanafredda liegen.

Das DO.I.246, das nur durch Rovellis auf der Grundlage des ebenfalls früher im Besitz von Carlo Ciceri vorgefundenen, inzwischen verschollenen Originals beruhenden Druck bekannt ist, wurde seit Ottenthals Vorbemerkung zur Edition (s. auch B.-Ottenthal Reg. 328 und Meyer von Knonau a.a.O.; zuvor schon aufgrund von Rovellis Angaben über die Art der Besiegelung Foltz in NA 3,24f. Anm. 2) als eine mit Hilfe von D.182 hergestellte Verfälschung bewertet, während unser D. seinerseits das noch unverfälschte Ottonianum benützt habe. Odegaard a.a.O. 344ff. hat mit guten Gründen diese Verdächtigungen widerlegt; demgegenüber ist im Bündner UB a.a.O. das DO.I.246 wieder als Fälschung bezeichnet und sogar die Originalität unseres D. in Frage gestellt.

Es ist aber nunmehr noch auf andere Weise endgültig gesichert, dass das DO.I.246 tatsächlich in seiner überlieferten Gestalt – unter Einschluss der Nennung der insula Cumana, eines der Steine des Anstoßes – dem D.182 vorgelegen hat; denn als der Notar etwa einen Monat später das D.187 verfasste, hat er nicht nur – wodurch unser Zeitansatz eine zusätzliche Bestätigung erfährt – das D.182 zu Hilfe gezogen, sondern auch unmittelbar auf den Text des diesem als Vorurkunde dienenden und zu diesem Zweck der Kanzlei vorgelegten DO.I.246 selbst zurückgegriffen; vgl. dortige Vorbemerkung.

Die von Odegaard a.a.O. 344 Anm. 4 vertretene These, bei Curiensem (s. Anm. e’) handele es sich um eine Verschreibung für Cominensem (gemeint wohl Cumensem, für das zudem Cumanum gebräuchlicher wäre), ist paläographisch und sprachlich verfehlt und auch sachlich unbegründet; denn die am Westufer des Comer Sees durch Menaggio verlaufende Straße, die dem Tal der am Nordende des Sees einmündenden Mera/Maira nach Norden bis Chiavenna folgt und dann nach Osten in das Bergell-Tal (s. dazu D.*244) abbiegt, führt über den Maloja-Pass und, bei Silvaplana von der nordöstlich über St. Moritz ins Inntal führenden Route nach Westen abzweigend, über den Julierpass geradeswegs nach Chur; mit dem Bündner UB a.a.O. 195 Anm. 3 ist anzunehmen, dass das ungeschickterweise nur den Schlussbegriff der vorangehenden Begriffsgruppe aufgreifende predicta decimatio in erster Linie den in Chur erhobenen Stadtzoll meint. – Zu dem unter den Intervenienten genannten Wido vicecomes s. Vorbemerkung zu D.187.

(C.) In nomine sanctae et individuae tri[nit]atis. Heinricus divina favente clementia quartus Romanorum imprator (!) augustus. Omnium dei nostrique fidelium presentium scilicet et futurorum noverit universitas, qualiter nos pro omnipotentis dei amore homines habitantes in insula Cumana et in loco, qui dicitur Menaxi, sub nostrę defensionis mundiburdio recepimus et nostra preceptali pagina confirmavimus, quemadmodum a predecessoribus nostris regibus vel imperatoribus eis concessum et preceptali auctoritate largitum atque corroboratum est, scilicet ut hostem non faciant, aribergati non fiant, curaturam, terraticum, riuadigum aut decimationem in qualibet parte terrarum nostri imperii non dent, nec apud Curiensem civitatem predicta decimatio a predictis hominibus deinceps exigatur. Ad placitum non eant nisi tribus vicibus in anno ad generale placitum Mediolani. Precipientes itaque iubemus, ut nullus episcopus, dux, marchio, comes, vicecomes nullaque regni nostri magna parvaque persona predictos homines insulano[s et] habitatores de Menasi, francos videlicet dicimus, inquietare, molestare, de suis prediis disvestire aut in eorum personas manus mittere sine legali iudicio presumat. Quod qui f[e]cerit, sciat se compositurum auri optimi libras mille, medietatem camere nostrę et medietatem predictis insulanis et habitatoribus Menaxi. Quod ut verius credatur, hanc paginanam manu propria corroborantes sigillari precepimus.

Signum domni Heimrici quarti Romano[r]um imperatoris invictissimi. (M.9.)

Burcardus cancellarius et episcopus Monasteriensis recognovit. (SI.D.)

Hoc preceptum factum est rogatu et petitione Iordanis fidelis nostri et Widonis vicecomitis et Lanfranci filii Oddonis iudicis de insula et Nigri boni.

Data, indictione VIIII, anno dominice incarnationis millesimo CXVI, regnante Heinrico quinto rege Romanorum anno XI, imperante VI; actum est Florenzul; in Christo feliciter amen.