Digitale Briefausgabe Ernst Kantorowicz

Inv.-Nr. 3159: Ernst H. Kantorowicz an Paul Fridolin Kehr, 23.07.1933

Metadaten

Inventar-Nr.: 3159
Dateiname: d19330723_kantorowicz_kehr.xml
Empfänger: Paul Fridolin Kehr Paul Fridolin Kehr (1860-1944), dt. Historiker. 1903-1936 kommissarischer Direktor des Preußischen Historischen Instituts in Rom, 1915-1929 Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive bzw. Direktor des Preußischen Geheimen Staatsarchivs, ab 1917 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Deutsche Geschichte. Zwischen 1919 und 1935 gewählter Vorsitzender der Zentraldirektion der MGH, 1935/36 kommissarisch beauftragter Leiter des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde.
Schreib-/Versandort: Frankfurt am Main
Empfängerort: -
Datum des Schreibens: 23.07.1933
Datum des Poststempels: -
Korrespondenzform: Brief
Typ: Typoskript
Umfang: 1 Bl., 2 S.
Aufbewahrung: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz/VI. HA, Nl Kehr, P. F., Nr. 20, Bl. 113r-v

Brieftext

PROF. DR. ERNST KANTOROWICZ

FRANKFURT A. M.
BOCKENHEIMER LANDSTR. 72
TELEFON 72118

23.7.33.

[1]

Hochverehrter Herr Geheimrat!

Ich wende mich heute mit ein paar Bitten an Sie, die freilich nicht meine Person angehen, die ich aber dennoch Ihrem "Wohlwollen" empfehlen möchte.

Es handelt sich zunächst um das Historische SeminarUniversität Frankfurt am Main, Historisches Seminar; Frankfurt am Main , dessen Geldmittel wie die aller Institute ja heute ausserordentlich karg sind. Wäre es nicht möglich, dass wir wenigstens die MonumentaMGH: Monumenta Germaniae Historica; Berlin (1875-1935) / München (1946-)-Erscheinungen und die Quellen und ForschungenQuellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (QFIAB): seit 1898 erscheinendene Zeitschrift des Deutschen Historischen Instituts in Rom wie das Neue ArchivNA: Neues Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters; Berlin zu einem verbilligten Preis durch die MonumentaMGH: Monumenta Germaniae Historica; Berlin (1875-1935) / München (1946-) selbst beziehen könnten? Gegenwärtig müssen wir hier den vollen Ladenpreis bezahlen, der doch um ca. 30% höher liegt als der Autorenpreis, und diese Ersparnis fiele doch recht erheblich ins Gewicht und käme andern Anschaffungen zugute.

Das zweite betrifft eine Schülerin aus Fedor SchneidersFedor Schneider (1879-1932), dt. Historiker, von 1923 bis zu seinem Tod Ordinarius f. Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt a. M. Nachlass, Fräulein OhligMargarete Ohlig (1906-2000), Doktorandin Fedor Schneiders in Frankfurt. Nach dessen Tod übernahm Kantorowicz die Betreuung und im Mai 1933 das Referat bei Ohligs Verteidigung.. Das bedauernswerte Geschöpf hatte als Dissertation Margarete Ohlig, Studien zum Beamtentum Friedrichs II. in Reichsitalien von 1237-1250 unter besonderer Berücksichtigung der süditalienischen Beamten. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde der Hohen philosophischen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt a. Main, Kleinheubach am Main (1936). die sizilischen Beamten Friedrichs II.Friedrich II. von Hohenstaufen (1194-1250), Kg. v. Sizilien, röm-dt. Kg., 1220-1250 Ks. in Oberitalien festzustellen – eine für die Forschung recht brauchbare, für die Bearbeiterin aber überaus entsagungsvolle Arbeit, die nicht zu bewältigen war, ohne vorher einmal alle Beamten Friedrichs II.Friedrich II. von Hohenstaufen (1194-1250), Kg. v. Sizilien, röm-dt. Kg., 1220-1250 Ks. in Oberitalien festgestellt zu haben [2] . Dann erst konnte sie mit vergoldetem Kamme die sizilischen Läuse auskämmen. Dadurch sind nun ziemlich vollständige Beamtenlisten und Podestà-Listen der wichtigsten kaiserlichen Städte entstanden – teilweise auch unter Benutzung von ungedrucktem Material, das Fedor SchneiderFedor Schneider (1879-1932), dt. Historiker, von 1923 bis zu seinem Tod Ordinarius f. Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt a. M. zur Verfügung gestellt hatte – und ich möchte mir nun die Anfrage erlauben, ob diese Listen, von einem kurzen Vorwort begleitet, das die Ergebnisse zusammenfasst, eventuell in den Quellen und ForschungenQuellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (QFIAB): seit 1898 erscheinendene Zeitschrift des Deutschen Historischen Instituts in Rom erscheinen könnten. Ich glaube, dass diese prosopographischen |Seitenwechsel Studien nicht nur sehr gut in den Rahmen der QFitArch.Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (QFIAB): seit 1898 erscheinendene Zeitschrift des Deutschen Historischen Instituts in Rom passen würden, sondern dass die sonst fehlenden oder ungenauen Podestàlisten des friderizianischen Zeitraums eine recht fühlbare Lücke zu schliessen geeignet wären und ihre Zusammenstellung dadurch begrüsst werden würde. Falls es also möglich ist und es Ihnen angebracht erscheint, diese Listen zu veröffentlichen, so würde ich Frl. OhligMargarete Ohlig (1906-2000), Doktorandin Fedor Schneiders in Frankfurt. Nach dessen Tod übernahm Kantorowicz die Betreuung und im Mai 1933 das Referat bei Ohligs Verteidigung., die zu Beginn dieses Semesters mit "gut" promoviert hat [3] , veranlassen, die Arbeit entsprechend fertigzustellen und sie Ihnen einzureichen. Ich persönlich wäre Ihnen zu grossem Danke verpflichtet, wenn Sie der Aufnahme in die QFQuellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (QFIAB): seit 1898 erscheinendene Zeitschrift des Deutschen Historischen Instituts in Rom beistimmten [4] .

Ich denke in der ersten Augustwoche für ganz wenige Tage nach BerlinBerlin zu kommen und wäre sehr glücklich, wenn es mir dann gelänge, Sie, sehr verehrter Herr Geheimrat, in BerlinBerlin begrüssen zu können. Es wäre doch so manches zu besprechen. Auch würde ich mir gern bei Ihnen Rats holen.

Ich verbleibe mit den herzlichsten Grüssen und Wünschen
Ihr Ihnen stets aufrichtigst ergebner
Ernst Kantorowicz.

1Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Unterhalb des Briefkopfes rechts der blaue Buntstiftvermerk Kehrs "vorl", was "vorl[egen]" bzw. "[zur] Vorl[age]" bedeutet und sich vermutlich auf die Dissertation Ohligs (s.u.) bezieht.

2Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Vgl. dazu auch das Gutachten Kantorowicz' vom 12.02.1933 (UAF, Bestand 136, Nr. 613, Bl. 7–8): "Die vorliegende Arbeit, von Prof. Schneider angeregt, hatte zum Ziel, die von Friedrich II. in den Jahren 1237–50 in Reichsitalien eingesetzten Beamten süditalienischer Herkunft festzustellen. Diese Aufgabe ist hauptsächlich auf Grund eines weitschichtigen und verstreuten Urkundenmaterials, jedoch auch unter Berücksichtigung der neueren Forschung wohl restlos gelöst worden. Dabei wurde über die ursprüngliche Themenstellung weit hinausgegangen." Im Folgenden geht Kantorowicz auch hier auf die 'entsagungsvolle Sammelarbeit' Ohligs ein, die vor der eigentlichen Bearbeitung des Themas vonnöten gewesen sei. Die Arbeit wurde von ihm und dem Zweitgutachter Walter Platzhoff als "druckfertig" eingestuft.

3Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Vgl. das Protokoll der Philosophischen Fakultät der Universität Frankfurt am Main zur Promotionsprüfung vom 29.05.1933 (UAF, Bestand 136, Nr. 613, Bl. 11).

4Verfasst von: Hedwig Munscheck-von Pölnitz. Kehr stimmte dem Abdruck der Dissertation in den QFIAB zu. "Infolge von gewissen Veränderungen am Preussischen Historischen Institut in Rom", über die Kehr Kantorowicz "persönlich" unterrichtete, verzögerte sich jedoch die Drucklegung der gesamten Zeitschrift, vgl. Kantorowicz an die Philosophische Fakultät der Universität Frankfurt a.M. vom 01.11.1934 (UAF, Bestand 136, Nr. 613, Bl. 15). Ohlig war schließlich gezwungen, den ersten Teil ihrer Arbeit als Separatum Margarete Ohlig, Studien zum Beamtentum Friedrichs II. in Reichsitalien von 1237-1250 unter besonderer Berücksichtigung der süditalienischen Beamten. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde der Hohen philosophischen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt a. Main, Kleinheubach am Main (1936). erscheinen zu lassen (Belegexemplar erhalten ebd., Bl. 24). Bezüglich des ungedruckten zweiten Teiles schlug Eduard Sthamer, der intensiv zur "Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des Königreichs Sizilien" geforscht hatte, vor, ihn entweder in Einzelaufsätzen zu veröffentlichen oder Friedrich Bock, dem 2. Sekretär am DHI Rom, für einen erneuten Versuch in den QFIAB zukommen zu lassen, vgl. Eduard Sthamer an Margarethe Ohlig, 01.01.1938 (ebd., Bl. 26). Zur Drucklegung des zweiten Teiles kam es jedoch – vermutlich infolge des Krieges – nicht mehr.

Abbildungen (2)

Das Copyright am Brieftext liegt bei: Ariane Phillips

Projektphase 1: -
Projektphase 2: Transkription (Hedwig Munscheck-von Pölnitz) | Textauszeichnung (Andreas Öffner) | Kommentar (Hedwig Munscheck-von Pölnitz)

Zitierlink zu diesem Datensatz: https://data.mgh.de/databases/eka/eka3159

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