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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,2 (2025) *.

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J. F. Böhmer, Regesta Imperii, hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Regesta Imperii, und der Deutschen Kommission für die Bearbeitung der Regesta Imperii bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz, IV: Lothar III. und ältere Staufer, 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198, T. 4: 1181–1198, Lfg. 6: 1195–1198, Cölestin III., erarbeitet von Ulrich Schmidt / Viktoria Trenkle, Köln u.a. 2024, Böhlau, XII u. 836 S., ISBN 978-3-412-52953-6, EUR 95. – Es ist ein Großereignis in der langen Geschichte der Reg. Imp. anzuzeigen. Der vierte Teil der Papstregesten, der die Pontifikate zwischen Lucius III. und Cölestin III., 1181–1198, umfasst, ist nun abgeschlossen. Sechs umfangreiche Bände, von denen der erste im Jahr 2003 erschien, sind das Ergebnis einer über 40jährigen Bearbeitungszeit, sie sind das Lebenswerk von Katrin Baaken († 1. Februar 2024), die das Erscheinen dieses ihr gewidmeten Bandes nicht mehr erleben durfte, und von Sch., der auch nach dem Übertritt in den Ruhestand seine Arbeitskraft zur Verfügung stellte. Der Tübinger Arbeitsstelle der Reg. Imp., ihren Leitern und ihren zeitweiligen Mitarbeitern ist für das Gelingen dieses Teils des Langzeitunternehmens hohes Lob zu zollen. Der vorliegende Band bietet den zweiten Teil der Regesten Papst Cölestins III. (zum ersten Teil vgl. DA 76, 247–249) und umfasst die Zeit vom Beginn des fünften Pontifikatsjahrs am 14. April 1195 bis zu seinem Tod am 8. Januar 1198. Zur Bewältigung seiner weitgespannten Politik, die alle Länder des orbis Christianus umfasste und sich besonders mit Kaiser Heinrich VI., der erfolgreich nach Sizilien ausgriff und das Reich zu einer Erbmonarchie umgestalten wollte, auseinandersetzen musste, brauchte es eine gut funktionierende Kanzlei, die auch für die Bindung der kirchlichen Institutionen in partibus an die römische Zentrale die nötigen Schriftstücke bereitzustellen hatte. Aus den drei Jahren dieses Bandes liegen nun 1447 Regesten vor. Dies bedeutet gegenüber dem Verzeichnis von Jaffé-Löwenfeld eine Vermehrung auf das fast Dreifache. Wie in den Vorgängerbänden betrifft der allergrößte Teil der verzeichneten Papsturkunden Routine: Besitzbestätigungen, Verleihung von Rechten, Maßnahmen zur Kirchendisziplin, und in großem Maßstab die kuriale Gerichtsbarkeit. In der Verteilung der Urkundenproduktion gibt es keine auffälligen Abweichungen: etwa 10 % stellen die feierlichen Privilegien mit Kardinalsunterschriften und markanten graphischen Zeichen dar; etwa 23 % sind als Originale erhalten, die Abschriften oder Inserte machen 35 % aus, die Deperdita, die sich aus den Urkunden delegierter Richter, aus Hinweisen aus späteren Pontifikaten – bis zu Gregor XI., 1377, Nr. 2411 – oder aus der Historiographie erschließen lassen, 32 % und die kanonistische Überlieferung etwa 4 %. Fälschungen auf den Namen Cölestins III. sind selten. Die größte Zahl der Urkunden war an Adressaten im heutigen Frankreich gerichtet, dem Land mit der am besten entwickelten kirchlichen Hierarchie. Es folgen Italien, Deutschland und England, während die Iberische Halbinsel, Skandinavien und Osteuropa relativ weniger Papstkontakte aufweisen, von denen aber im Verhältnis zu früheren Pontifikaten doch deutlich mehr zu konstatieren sind. Die Regesten selbst sind ausführlich gehalten und geben die Narratio und den Kontext bis in Einzelheiten wieder, besonders bei den Dekretalen, sie setzen neben die deutschen Namen auch die lateinischen und bieten neben Incipit und Datierung auf Latein und den Angaben zur Überlieferung und zu Druckorten auch häufig einen kurzen Kommentar zum Inhalt, zu eventuellen Vorurkunden und Nachurkunden und zum historischen Zusammenhang. Der mit großer Hingabe und Beharrlichkeit erarbeitete Band macht aber auch deutlich, wie große Anstrengungen für die Erfassung des überlieferten Materials zur Papst- und Kurialgeschichte erforderlich sind, da zwar die Regestenbände des Kehr’schen Papsturkundenwerks für Italien geschlossen und für andere Länder zum Teil vorliegen, aber für den größten Teil von Frankreich ein großes Loch gähnt. Als nützlich erweisen sich die doppelten Listen mit den Kardinalsunterschriften, einmal beim Regest selbst, das zweite Mal im Anhang, wodurch die Anwesenheit und Abwesenheit der Kardinäle rasch festgestellt werden kann. Mehrere Verzeichnisse am Ende machen diesen Regestenband zu einem vorzüglichen, unverzichtbaren Arbeitsinstrument: neben dem detaillierten Orts- und Personenregister, das erfreulicherweise nicht nur die bloßen Namen, sondern auch weitere Angaben aufweist, ein Initienverzeichnis, die Konkordanzen zu den Regesten des Kehr’schen Papsturkundenwerks, zu Jaffé-Löwenfeld, weiters ein Verzeichnis der nicht eindeutig zuzuordnenden Regesten, ein Initienverzeichnis, das 56 Seiten umfassende Quellen- und Literaturverzeichnis und last but not least 26 Seiten Ergänzungen, Berichtigungen und Nachträge zu den Regesten Lucius’ III., Urbans III., Gregors VIII., Clemens’ III. und Cölestins III. mit einigen bisher unbekannten Stücken aus Spanien und Frankreich. Damit wird deutlich, dass Quellenerschließung zur Papstgeschichte nicht anders denn als work in progress dargeboten werden kann. Es ist ein außerordentlich wichtiges und umfangreiches Werk an Grundlagenforschung und Quellenerschließung zur gesamteuropäischen Geschichte im späten 12. Jh. entstanden. Es ist eine bewundernswerte Leistung!

Werner Maleczek