Tony McAleavy, Malmesbury Abbey 670–1539. Patronage, Scholarship and Scandal, Woodbridge 2023, The Boydell Press, XXXII u. 265 S., 25 Abb., ISBN 978-1-78327-714-8, GBP 60. – Das Buch bietet einen problemorientierten Überblick über die Geschichte der ca. 670 gegründeten und im 16. Jh. aufgelösten Abtei Malmesbury in Wiltshire (UK), einem Ort, der vor allem mit zwei der bedeutendsten Gestalten der englischen Geistes- und Literaturgeschichte des MA, dem Gelehrten und Dichter Aldhelm († ca. 709) und dem Historiker William († 1143), dem Autor der bekannten Historia regum Anglorum, verbunden ist. Konsequenterweise nehmen beide in dem Buch breiten Raum ein, ohne die Darstellung, die auch unausgetretene Pfade betritt, zu dominieren. Aldhelm, ein Neffe König Ines von Wessex, ist als der eigentliche Gründer des Benediktinerklosters anzusehen, das eine ältere, von dem irischen Mönch Máel Dub († 675) angelegte Einsiedelei ablöste (S. 7f.). Explizit beschrieben werden die Rolle Aldhelms bei der Gründung der Kommunität sowie, geprägt vor allem durch die Zeit im von Theodor von Tarsus dominierten Canterbury, sein exklusiver Bildungsweg (S. 11). Ausführlich besprochen werden ferner die – unter Knut dem Großen im 11. Jh. endende – intensive königliche Förderung der Abtei in den ersten Jahrhunderten ihrer Geschichte sowie die Prägungen durch die von König Edgar ins Land geholte benediktinische Kirchenreform (S. 47–59), für die der im 12. Jh. auf jene Zeit rückblickende William eine der Hauptquellen ist. Die Jahre nach der normannischen Eroberung Englands 1066 werden für das Kloster, das über Jahrhunderte hinweg ein Zentrum des angelsächsischen Heiligenkults gewesen war, dezidiert als „Trauma“ beschrieben; der erste normannische Abt, Turold, sei ins kollektive Gedächtnis des Klosters als „Tyrann“ eingegangen (S. 61). Erörtert wird weiter das um 1362 großenteils fertiggestellte Eulogium Historiarum des Thomas of Bromham, eines Mönchs aus Malmesbury; das Eulogium, eine Geschichte der Welt von der Schöpfung bis in die Gegenwart, berichtet in individuellem Zuschnitt über die verschiedensten Ereignisse, Personen und Phänomene, besonders ausführlich über Eduard of Woodstock, den „Schwarzen Prinzen“, der, noch zu Lebzeiten seines Vaters, prophetisch als neuer König gesehen wird („Edward the fourth since the Conquest“, S. 186). Neues Licht fällt weiterhin auf Abt William of Colerne, der mit starker Hand Wirtschaft und Finanzen des Klosters steuerte (S. 148–158), sowie auf Abt John of Tintern, der in den chaotischen Despenser-Jahren nicht nur offen mit einer Frau zusammenlebte, sondern auch nachweislich vier Morde anstiftete (S. 159–176). Das Buch wird beschlossen durch eine Schilderung des Untergangs des Klosters im Zeitalter Heinrichs VIII., als am 15. Dezember 1539 die (in der Regel) ruhmreiche Abtei der englischen Krone übergeben wurde, eine Geschichte jahrhundertlanger Resilienzen und einer bemerkenswerten Kontinuität an ihr Ende bringend; ein namhafter Widerstand gegen die Schließung, wie er etwa im benachbarten Kloster Glastonbury zur Hinrichtung des Abts sowie zweier weiterer Mönche führte, ist für Malmesbury nicht bekannt (S. 232). Das ebenso lesbare wie gut dokumentierte Buch besticht durch ständige Einbeziehung und intensive Diskussion der Quellen, die in längeren Zitaten (in englischer Übersetzung) ausführlich zu Wort kommen, vor allem aber durch ein sorgfältiges Hss.-Verzeichnis (S. 241–243), das die Einbindung der Geschichte des Orts in die landesweite Überlieferung auf eindrucksvolle Weise beweist und die künftige Forschung sicherlich bereichern wird.
Jörg Schwarz