Gerald of Wales, On the Deeds of Gerald (De gestis Giraldi), ed. and translated by Jacob Currie with Thomas Charles-Edwards / Paul Russell (Oxford Medieval Texts) Oxford 2024, Oxford Univ. Press, CXV u. 304 S., 1 Abb., ISBN 978-0-19-286916-6, GBP 160. – Magister Giraldus de Barri (ca. 1146–1223), wie er sich selbst nannte, ist dem Mediävisten zunächst als Autor von Topographien von Irland und Wales geläufig, wo er als Mitglied der normannisch-walisischen Herrenschicht Zeuge der anglonormannischen Eroberung und Durchdringung dieser Länder war, weiter auch als Hagiograph. Seine besondere Stellung in der ma. Literatur liegt jedoch darin, dass Gerald sein eigenes Treiben mehrmals zum Gegenstand seines Schreibens gemacht hat. Eine dieser Schriften, das hier vorliegende De gestis Giraldi (so der aus anderen Schriften neu gewonnene Titel des titellos überlieferten Werks), hat u. a. seine vergeblichen Bemühungen um den walisischen Bischofssitz St. Davids zum Gegenstand und stammt vom Ende seines Lebens. Giraldus zog bis vor Papst Innocenz III., um möglichst darauf Erzbischof zu werden. Der über vielfältige sprachliche Bildung und Bombast verfügende, reichlich großmäulige Autor beschreibt sein Leben in der dritten Person nach den Regeln einer Bischofsvita, wie die Editoren den Gattungscharakter herausarbeiten (S. XL–XLVI). Bemühungen um eine Ausgabe des bemerkenswerten, unvollständig auf uns gekommenen Textes (Kapitelverzeichnis erhalten, Verlorenes aus anderem rekonstruierbar) laufen schon seit 1691, u. a. in Rolls Series 21,1 (1861), in einer wahren Geschichte editorischen Grauens (S. LXXXVIII–XCIV). Die neue Edition beansprucht als erste ein gründlich kritisches Verfahren. Der Weg vom codex unicus zum Editionstext wird präzise und exemplarisch beschrieben; bei aller Sorgfalt unterlief dabei allerdings ein Lapsus bei der Falle der c/t-Lesung der gotischen Minuskel: S. XCV und 96 cibaria cocorum arce confecta statt richtig arte kann gewiss nicht als „scribal spelling“ in den Text aufgenommen werden. Zur Textherstellung wird auch das Material der übrigen, immer wieder neu vom Autor verarbeiteten Werke herangezogen, dazu ein eigenes Stellenregister, das weitere Arbeit an Geraldus-Texten ermöglicht. Näheres hätte man gern zur Geschichte des Überlieferungsträgers London, BL, Cotton Ms Tiberius B. XIII (aus Llanthony bei Gloucester?), im Rahmen der Gesamtüberlieferung von Geralds Œuvre erfahren, da viele Werke unikal überliefert sind. Die Neuedition des vorzüglich erschlossenen Werks eines sehr eigenwilligen Autors stellt jedenfalls rundum einen Gewinn für Forscher und Leser dar.
Markus Wesche