Mark Chinca / Manfred Eikelmann / Michael Stolz / Christopher Young (Hg.), Sammeln als literarische Praxis im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Konzepte, Praktiken, Poetizität. XXVI. Anglo-German Colloquium, Ascona 2019, Tübingen 2022, Narr Francke Attempto, 530 S., Abb., ISBN 978-3-7720-8748-6, EUR 98. – Der Band enthält die Beiträge einer vornehmlich altgermanistisch ausgerichteten Tagung, der es darauf ankam, „Sammeln nicht nur als rezeptive, sondern als kreative Tätigkeit in den Blick zu nehmen“ (S. 9). Julia Frick, Die ‘Monumentalisierung’ der Sammlung. Pragmatik und epistemische Logik des Sammelns am Beispiel des Murbacher Bibliothekskatalogs (S. 23–45), findet an dem durch eine Abschrift Sigismund Meisterlins im Murbacher Chartular überlieferten karolingischen Katalog besonders interessant den Funktionswandel von der Abbildung einer real existierenden Bibliothek (mit Desideraten) zu einem Memorialdokument. – Johannes Klaus Kipf / Pia Rudolph, Weltgeschichte sammeln – am Beispiel einer deutschsprachigen illustrierten Sammelhandschrift des 15. Jahrhunderts (München, UB, Cim. 102) (S. 75–97, 9 Abb.), stellen den wohl in Augsburg entstandenen Codex vor, der scheinbar disparates Material (u. a. die deutsche Kaiserchronik, Brandans Meerfahrt und eine Inkunabel der Schwäbischen Chronik Thomas Lirers) zusammenführt, dem sich aber dennoch ein Gesamtprogramm entlocken lässt, auf das auch die Illustrationen verweisen. – Jürgen Wolf, Alles in Einem. Sammeln als literarische Praxis im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Werk – Handschrift – Sammlung – Bibliothek (S. 121–139), bietet eine Klassifizierung von Komposit- und Sammelhss. und weist zugleich an einzelnen Beispielen auf die Problematik einer solchen Kategorisierung hin. – Cornelia Herberichs, ein zusammenclawber vnd ein auszsprecher gar nahent aller heiligen merterer. Dynamiken des Sammelns als kreative Memoria im Legendar Der Heiligen Leben, Redaktion (S. 143–159), kommentiert die Prologe, die in den verschiedenen Stadien der Überarbeitung diesem deutschsprachigen Legendar zugefügt wurden. – Julia Weitbrecht, Sammeln als literarische und religiöse Praxis: Das Lichtenthaler Bůch der heilgen megde und frowen (S. 161–172), stellt als Grundprinzip der Legendensammlung das Konzept der Brautschaft Christi vor. – Nikolaus Henkel, Sammeln aus der Perspektive der Wissens- und Bildungsgeschichte. Recht, Theologie, Bibel und Literatur in Sebastian Brants Marginalien zur Stultifera navis (1497) (S. 173–189, 2 Abb.), führt am Beispiel des bekannten Kapitels Inutilitas librorum den umfassenden Bildungshorizont vor, den Brant bei seinen Lesern als gegeben voraussetzt.
V. L.