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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,2 (2025) *.

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Krzysztof Bracha / Martin Nodl / Marcin R. Pauk (Hg.), Christianizace v dlouhém trvání: století v českém a polském království [Die lange Dauer der Christianisierung: Das 10.–15. Jahrhundert im böhmischen und polnischen Königtum] (Colloquia mediaevalia Pragensia 23) Praha 2024, Filosofia, 359 S., ISBN 978-80-7007-792-4, 340 CZK. – Zunächst ist wohl anzumerken, dass der Titel des Sammelbandes nur teilweise über die darin enthaltenen elf Studien Auskunft gibt. Die sieben polnischen und vier tschechischen Historiker haben den Problemkreis so weit aufgespannt, dass der Vergleich zwischen den böhmischen und polnischen Verhältnissen, der zumindest laut Titel und Vorwort (S. 7–13) den Inhalt hätte darstellen sollen, fast ganz verschwunden ist. Es ist noch nicht einmal zu dem im Vorwort angekündigten Dialog zwischen Geschichte, Archäologie und Kulturanthropologie gekommen (S. 8, 345). Der Vorgabe am nächsten kommt wohl Martin Nodl (S. 15–38), der Überlegungen über den Grad der Christianisierung der böhmischen Gesellschaft im 11. und 12. Jh. anstellt. Der anschließende und, es sei hinzugefügt, ansonsten interessante Kommentar von Jitka Komendová (S. 39–49) zur Wahrnehmung des Heidentums in der russischen (bis 1917) und sowjetischen Geschichtsschreibung hat jedoch mit der Thematik nichts zu tun. Nicht anders verhält es sich mit der dendrochronologischen Analyse von Nina Glińska (S. 51–74) zu Daten, die bei archäologischen Grabungen an einer Kirche in der kleinpolnischen Stadt Wiślica gewonnen wurden. Grzegorz Garbus (S. 75–105) versucht, das Problem aufzugreifen, indem er auf mögliche Zusammenhänge zwischen dem Wirken Bischof Methods in Mähren und dem Streit des Patriarchen von Konstantinopel mit dem Heiligen Stuhl in der zweiten Hälfte des 9. Jh. hinweist. Danach widmen sich Marcin R. Pauk / Miłosz Sosnowski (S. 107–131) den pastoralen Aktivitäten des Prager Bischofs Adalbert Ende des 10. Jh., und zeitlich daran anknüpfend beleuchtet David Kalhous (S. 133–171) die Veränderungen in der Verwaltung der Bistümer Prag und Olmütz. Im allgemein mitteleuropäischen Rahmen bewegen sich Marcin R. Pauk (S. 173–226) mit einer Untersuchung der institutionellen Bedeutung der Zehnten bis zum Ende des 12. Jh., Grzegorz Pac (S. 227–264), der sich für den gleichen Zeitraum auf die normgebende Rolle der Translationen von Heiligenreliquien konzentriert, und Krzysztof Bracha (S. 265–281) bei der Analyse von vor dem vierten Laterankonzil entstandenen Schriftstücken (bis 1215), die kritisch auf Indizien überlebender heidnischer Traditionen befragt werden. Zur Veränderung von Wertvorstellungen in der böhmischen Gesellschaft der zweiten Hälfte des 13. Jh. äußern sich Robert Antonín / Richard Psík (S. 283–324) auf der Grundlage eines Berichts von Bischof Bruno von Olmütz aus dem Jahr 1273. Der Sammelband schließt mit einem Beitrag, in dem Wojciech Świeboda (S. 325–342) eine Disputation aus dem 15. Jh. unter Magistern der Krakauer Universität über die Frage beleuchtet, ob Heiden etwas Gutes tun können. Der Band ist mit einer Zusammenfassung in Englisch (S. 345–349) und einem Namenregister (S. 351–359) ausgestattet, ansonsten aber kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Hg. die Arbeit ein wenig zu einfach gemacht haben. Aus dem Vorwort ist nicht ersichtlich, ob eine konkrete Fragestellung ausgearbeitet wurde, und streiten kann man über die Entscheidung, die Beiträge in drei Sprachen zu veröffentlichen, nämlich in Polnisch (Bracha, Garbuz, Glińska, Pac, Pauk, Pauk / Sosnowski, Świeboda), Englisch (Kalhous, Nodl) und Tschechisch (Antonín / Psík, Komendová). Dabei wäre es bei einigen Beiträgen (Bracha, Nodl, Pac, Pauk) schade, wenn sie keine breite Rezeption erführen, und so bleibt zu hoffen, dass sprachkundige Interessenten genug Geduld aufbringen werden, um das für sie Wesentliche in dem Band zu finden.

Martin Wihoda