Francesca de Pinto, La Guerra di Ferrara, 1482–1484 (Lombardia nel Rinascimento 3) Milano 2023, Biblion Edizioni, 546 S., 7 Abb., ISBN 978-88-33833-17-0, EUR 38. – Die umfangreiche Monographie befasst sich mit dem sogenannten ‘Krieg von Ferrara’. Es handelt sich um einen komplexen militärischen Konflikt, in den von Mai 1482 bis August 1484 die damaligen Staaten der italienischen Halbinsel am Vorabend der sogenannten ‘Guerre d’Italia’ (1494–1556) involviert waren. Infolge eines vorherigen Konflikts in der Toskana (1479–1480) war ein neues Bündnis zwischen dem Papst Sixtus IV. (1471–1484) und der Seerepublik von Venedig entstanden: Der Papst wollte eine Territorialherrschaft in der Romagna für seinen Neffen Girolamo Riario errichten; Venedig zielte darauf ab, seine Gebiete und Einflussbereiche entlang der Po-Achse durch die Eroberung des Herzogtums Ferrara auszudehnen. Gegen dieses Bündnis entstand sofort eine Liga zwischen den Herrschern von Neapel, Mailand und Florenz. Eine beeindruckende Bearbeitung der diplomatischen Quellen ermöglicht der Vf. eine detailreiche Rekonstruktion der Vorbereitungen und des Kriegsverlaufs. Letzterer wurde nicht von Schlachtfeldern oder langen Belagerungen charakterisiert, sondern von wiederholten kleineren Kämpfen, Gefechten, Plünderungen und Zerstörungen. Tatsächlich fand in den 27 Monaten des Kriegs nur eine echte große Schlacht statt: in Campomorto (21. August 1482), südlich von Rom, wo ungefähr tausend Soldaten fielen. Die tiefgründige Analyse der Vf. kann auch die Entwürfe von offensiven und defensiven Strategien seitens der Hauptheerführer herausarbeiten: berühmte Condottieri wie zum Beispiel Roberto Sanseverino im Dienst von Venedig oder Federico da Montefeltro und Alfonso d’Aragona im Dienst von Ferrara und der Liga. Die Vielfalt der Kriegsakteure und der entsprechenden unterschiedlichen Interessen begünstigte die in diesem Konflikt ausgeprägte strategische Tendenz zur diversione, d.h. zur Ablenkung der Streitkräfte des Feindes in andere Kriegsszenarien: Es wurde nämlich nicht nur im Herzogtum Ferrara gekämpft, sondern auch in der Romagna, in Latium, in der Lombardei, in der Emilia, in der Toskana, in Umbrien und an den süditalienischen Küsten. Nach dem Separatfrieden der Liga mit dem Papst (12. Dezember 1482) versuchten die Verbündeten, die Angriffe von Venedig gegen Ferrara einzudämmen. Bezeichnend für die vielseitigen, ziemlich divergierenden Logiken der Beteiligten an diesem Krieg ist die Tatsache, dass Ferrara am ehesten durch die eigenständige Entscheidung des Condottiere von Venedig, Roberto Sanseverino, vor dem wahrscheinlichen Fall gerettet wurde, der sich vor dem letzten entscheidenden Angriff auf die Stadt umentschied, um eigene Interessen an der lombardischen Kriegsfront zu verfolgen. Parallel zu den Kriegsgeschehnissen liefen von Anfang an diplomatische Verhandlungen, um ein Friedensabkommen zu erreichen, auch weil der Konflikt die Finanzen der einzelnen Staaten stark überforderte. Infolge einer einseitigen politischen Initiative von Ludovico il Moro wurde der Krieg durch den Frieden von Bagnolo (7. August 1484) beendet, in dem der Herzog von Ferrara gezwungen wurde, Venedig das Gebiet der Polesine (Rovigo) abzutreten. Die Vf., die nicht nur die militärischen und diplomatischen Geschehnisse darstellt, sondern auch wirtschaftliche und soziale Folgen des Kriegs berücksichtigt, kann letztendlich durch eine hervorragend dokumentierte Rekonstruktion des Konflikts – exemplarisch dafür die Itinerare der zwei wichtigsten Condottieri, Alfonso d’Aragona und Roberto Sanseverino im Anhang (S. 413–495) – ein differenziertes Bild dieses Renaissance-Kriegs präsentieren.
Eugenio Riversi