DA-Rezensionen online

Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,2 (2025) *.

Sie bleibt nach Erscheinen der Printausgabe online verfügbar.

Mareike Heering, Jüdisch-christliche Interaktion am Bodensee im Spätmittelalter. Eine Spurensuche in den Archiven von Konstanz und Schaffhausen (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 51) Ostfildern 2024, Jan Thorbecke Verlag, 280 S., 21 Abb., ISBN 978-3-7995-6851-7, EUR 38. – Die Diss. gliedert sich zunächst nach den zwei untersuchten Städten, wobei der Konstanz gewidmete Anteil (S. 29–156) deutlich umfangreicher als jener Schaffhausens (S. 157–236) ist. Innerhalb dieser beiden Oberkategorien folgt eine weitere Unterscheidung zwischen seriellen Quellen und Einzeldokumenten, d. h. Urkunden, Konzepte etc., gegebenenfalls auch hebräische Dorsualvermerke. Bei den Büchern wird nochmals zwischen einzelnen Quellentypen differenziert (Kopial-, Rats-, Stadtbücher etc.). Auf diesen Kategorien aufbauend erfolgt im letzten Schritt eine inhaltliche Analyse nach sechs nicht immer eindeutig abgrenzbaren Interaktionsfeldern: Recht, Finanzen, Topographie, Alltag, Konflikte sowie Gewalt gegen Juden. Durch die Konzentration auf die Quellen, viele davon bislang unediert oder nicht kontextuell erfasst, finden sich zahlreiche neue Erkenntnisse, die im Anschluss mit jenen aus den nahegelegenen jüdischen Gemeinden Ulm und Zürich verglichen werden (S. 237–246). Dem Rez. sind darüber hinaus besonders Anknüpfungspunkte zwischen Konstanz und den spätma. Kölner Juden ins Auge gefallen, z. B. christliche Mittelsmänner bei Hauskäufen (Salleute), hebräische Einträge in den seriellen Quellen oder der regelmäßige Vermerk von Steuern und Aufenthalten in den städtischen Quellen, während ausführlichere Rechtsbewilligungen oder Verträge nur in Ausnahme-/Sonderfällen notiert wurden. Neben dem Index wäre ein gesonderter Quellenanhang (der Form nach z. B. wie in Westfalia Judaica) wünschenswert gewesen, kann vielleicht aber noch im Rahmen anderer Projekte (z. B. Medieval Ashkenaz) nachgereicht werden. Unter der Rubrik Chroniken hätte meines Erachtens auch ein Hinweis auf die hebräischen Memorbücher erfolgen sollen, die ebenfalls Verfolgungen lokaler Juden erwähnen. Die Transkriptionen sind durchgängig guter Qualität, die Analyse zum Teil mit kleineren Schwächen behaftet. Herausheben möchte ich die Identifikation von Hans, Konrad und Peter Jud (S. 78f., 82–84 und Index) als Angehörige der jüdischen Glaubensgruppe, bei denen es sich aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wegen der für Juden unüblichen Vornamen wie auch dem Kontext nach um Christen handelt. Eine vorausgegangene Konversion lässt sich allerdings nicht ausschließen. Daneben wird nicht immer klar, dass es sich bei den regelmäßig erwähnten Höchstzinsen grundsätzlich um Verzugszinsen handelt. Bei vermeintlich zinslosen Krediten ist zu vermerken, dass die Kreditgebühr bereits in der zurückzuzahlenden Summe enthalten sein kann. Dies könnte z. B. auch die von der Vf. festgestellte Differenz zwischen den vertraglich vereinbarten Verzugszinsen und den tatsächlich angelaufenen Zinssummen erklären (S. 40).

Michael Schlachter