Barbara Klössel-Luckhardt, Die Siegel des Urkundenfonds Reichsstift Gandersheim bis um 1600 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 320 – Corpus Sigillorum von Beständen des Niedersächsischen Landesarchivs, Abteilung Wolfenbüttel 3) Göttingen 2025, Wallstein, 741 S., Abb., ISBN 978-3-8353-5461-6, EUR 59. – Mit dem voluminösen Katalog legt die Vf. einen Beitrag zur Erforschung des nach wie vor nicht zufriedenstellend aufgearbeiteten Reichsstifts Gandersheim vor. Er folgt einem ersten, 2017 erschienenen über die Siegel des Klosters Walkenried (vgl. DA 75, 744; zu weiteren jüngeren Forschungsprojekten zu Gandersheim bzw. den daraus resultierenden Publikationen vgl. S. 8 mit Anm. 6f.). Einführend umreißt die Vf. den Stellenwert der sphragistischen Überlieferung sowie den Bestand und seine Charakteristika (S. 7–38). Anschließend legt sie die Methodik und den Aufbau der Objekttexte dar (S. 39–70). Bei weitem den größten Teil des Bandes nimmt der eigentliche Katalog ein (S. 71–673), der nicht chronologisch, sondern systematisch und hierarchisch gegliedert ist (geistliche, adlige und bürgerliche Siegelführer, mit G, A und B ausgezeichnet, vgl. S. 44–48). Im Vergleich mit dem Vorgängerband zu Walkenried wurde der Katalog hier um die Notarssignete erweitert. Drei Anhänge (Bibliographie, Konkordanzen sowie Personen-, Orts- und ikonographisches Register) beschließen den Band (S. 675–739). Der Siegelbestand umfasst Stücke vom 9. (A 1, S. 381f.) bis in die Mitte des 17. Jh. (G 131, S. 241f.), wobei eine Überlieferungslücke in der salischen und staufischen Zeit klafft (vgl. S. 14–19). Urkundliche Belege für die Konventssiegel erstrecken sich jedoch bis ins 19. Jh., was die mehrhundertjährige Benutzung einzelner Typare eindrucksvoll belegt (so etwa G 224, S. 350–357). Interessant sind die Hinweise auf gewisse technische Probleme bei der Erstellung des Katalogs, die in ähnlicher Weise vielen Forschern vertraut sein dürften (S. 43 Anm. 18). Der Band ist sehr sorgfältig gestaltet und liest sich trotz der enormen Materialfülle flüssig. Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass sich in der Bibliographie lediglich die mehrfach genannte Literatur findet, während nur einmal angeführte Titel vollständig in den Fußnoten zitiert werden. Im Kapitel über die „Siegel der Gründungszeit“ (S. 12–14) sind die Verweise auf die Äbtissinnensiegel um eins zu niedrig angegeben, was angesichts der Vielzahl an Einträgen und Verweisen aber lässlich erscheint (ebenso wie die wenigen Tippfehler). Hingegen verzeichnet das Orts- und Personenregister allein Siegelführer und ihre Lokalisierung, wodurch es nur bedingt hilfreich ist. Inhaltlich ist etwa anzumerken, dass die Einschätzung des ersten Siegels von Adelheid IV. (G 101, S. 197f.) als Fälschung – von der Vf. bereits in einem Aufsatz im Braunschweigischen Jb. für Landesgeschichte 2022 umfangreich diskutiert – noch zu verifizieren bleibt, da die diplomatischen Aspekte der beiden Urkunden Adelheids IV. nicht behandelt werden. Ungeachtet der Monita handelt es sich um einen äußerst wertvollen Beitrag mit wichtigen Impulsen zur Erforschung des Reichsstifts selbst sowie auch vergleichend für die Analyse weiblicher religiöser Institutionen und ihrer sphragistischen Praxis.
Sebastian Roebert