Michael Gockel, Die urkundliche Überlieferung des Klosters Fulda zu Thüringen in der Karolingerzeit. Beiträge zum Quellenwert und zur Toponymie des Landes (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe 67 = Schriftenreihe der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung 47) Köln 2024, Böhlau, 245 S., 17 Abb., 1 Kartenbeilage, ISBN 978-3-412-53073-0, EUR 50. – Als Summe einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit Fulda und Thüringen legt G. einen Band vor, der das Zeug hat, zum Referenzwerk für ein noch zu schreibendes Thüringer Ortsnamenbuch zu werden. Dem Charakter des Problems entsprechend, dem sich G. zuwendet, handelt es sich wahrlich nicht um ein „Lese“-Buch, sondern im Ergebnis um ein Nachschlagewerk, das die bisherigen Editionen und Forschungsbeiträge zur Sache skrupulös auswertet und in vielen Fällen den Kenntnisstand durch neue Ortsidentifizierungen überzeugend erweitert. Die Überlieferung zur Fuldaer Besitzgeschichte ist bekanntlich höchst problematisch zu benutzen: Die Chartulare aus der Zeit des Abtes Hrabanus Maurus (um 828/35) sind mit einer Ausnahme im Original verloren, ein weiteres ist in einem Druck von 1607 erhalten, aus dem „Thüringen-Chartular“ ist nur ein winziges Bruchstück überkommen. Die Umarbeitung durch den notorisch problematisch vorgehenden Eberhard von Fulda um 1160 hat zu einer erheblichen Verknappung der Inhalte geführt (G. spricht S. 22 vom „Lakonismus des Redaktors“). Selbst wenn man, wie G. es tut, weitere spätere Überlieferungen hinzuzieht, dürfte kaum ein auch nur annähernd vollständiger Überblick über den fuldischen Besitz in Thüringen (wichtige Bemerkungen zur Thuringia des 9. Jh. S. 15f. sowie S. 187–191) erreichbar sein. Was G. dennoch erarbeiten kann, nötigt unbedingt Respekt ab: Quelle für Quelle regestiert er die Überlieferungspartikel, gibt Identifizierungen der genannten Orte (auch vieler Tradenten), zieht die bisherige Forschung in staunenswerter Breite hinzu, spart nicht mit Kritik an ihren früheren Ergebnissen und liefert so eine belastbare Basis aller wünschenswerten Kenntnisse über den fuldischen Besitz. In einer beigefügten Karte, der man aus Gründen der besseren Erkennbarkeit eine farbige Gestaltung gewünscht hätte, werden die Erkenntnisse G.s gewissermaßen kanonisiert. Wer sich mit Fuldas Besitz in der frühma. Thuringia auseinandersetzen will, kommt um sein Werk nicht herum. Wer ein Beispiel methodisch sauberen Vorgehens sucht, wird G.s Vorgehensweise auch auf andere Regionen übertragen können.
Thomas Vogtherr