Markus Jansen, Die Stadt der Ritter. Kriegerische Habitusformen der Elite der spätmittelalterlichen Stadt Köln (Stadt und Gesellschaft 11) Wien / Köln 2024, Böhlau, 571 S., 66 Abb., ISBN 978-3-412-52941-3, EUR 75. – Die von Marita Blattmann betreute Kölner Diss. untersucht „die soziale Relevanz kriegerischen Agierens und Repräsentierens“ (S. 13) seitens der wirtschaftlichen und politischen Elite Kölns, die sich im 13. und 14. Jh. aus den sogenannten „Geschlechtern“ formierte und deren Ratsherrschaft 1396 durch eine zünftisch geprägte Oligarchie abgelöst wurde. Wie im Titel programmatisch formuliert, bedient sich der Vf. der Begrifflichkeit von Pierre Bourdieu, um auf einer beeindruckend breiten Quellengrundlage von Chroniken, Urkunden, hagiographischen Quellen, Wehrbauten, Siegeln, Grabskulpturen und Stifterbildern usw. darzulegen, in welchem Ausmaß ritterliche Tugenden und Verhaltensweisen sowie militärische Aktivitäten von der urbanen Elite praktiziert wurden. Zwischen dem ausgehenden 12. und dem frühen 16. Jh. kann J. 258 Ritter aus 69 Familien nachweisen, wobei Mitte des 14. Jh. die meisten Kölner Ritter belegt sind. Das Jahr 1396 bildete insofern einen Bruch, als die „neuen“ Ratsfamilien kaum Ritter stellten, bis um 1500 einige Familien mit Verbindungen zum kaiserlichen Hof wieder Ritterwürden anstrebten. J. betont, dass Rittersein mehr war als ein Statussymbol beim öffentlichen Repräsentieren in voller Rüstung, z.B. anlässlich der großen städtischen Prozessionen. Viele Kölner bewiesen kriegerisches Engagement im Dienst in der städtischen Miliz, als berittene Söldner im Dienst der Stadt und auswärtiger Herren, als Kreuzfahrer ins Heilige Land, auf Preußenfahrten und Hussitenzügen. Darüber hinaus verfügten im späten MA über 30 Familien über Burgen und gingen im Landadel auf. Den ideellen Überbau bildeten in Köln selbst zahlreiche Ritterheilige und antike Helden wie der vermeintliche Stadtgründer Agrippa und der Feldherr Marsilius; ihre ubiquitären Darstellungen in Bildern und Festakten blieben auch nach 1396 populär. Im ausgehenden MA beschrieb die Koelhoffsche Chronik die Herrschaft der Kölner Geschlechter als ritterliche Heldengeschichte geübter und erfolgreicher Krieger. J.s breites Panorama eines ritterlichen Köln zeigt einmal mehr, dass das Begriffsarsenal von Bourdieu mehr deskriptiv als analytisch ist. Was am Rittersein so attraktiv war, hätte mehr Erörterung verdient (zumal es sich nach Ansicht des Vf. keineswegs nur um eine Nachahmung des Adels handelte), schließlich bleibt auch offen, warum zumindest zwei Familien der Geschlechter keine Ritter hervorbrachten. Die Arbeit wird abgerundet durch drei Listen der kriegerischen Konflikte Kölns von 1200 bis 1530, der Kölner Ritter sowie des Burgbesitzes von Kölner Familien.
Letha Böhringer