Andreae II regis Hungariae decretum anni 1222 Bulla aurea roboratum. The Golden Bull of King Andrew II of Hungary. Critical Text and Studies, ed. by Dániel Bácsatyai / Gyula Mayer / György Rácz / Kornél Szovák, Piliscsaba / Budapest 2024, MCA Collegium Professorum Hungarorum, 292 S., Abb., ISBN 978-615-01-9945-0. – Der Sammelband zu einer der bekanntesten Urkunden des MA aus Ungarn ist gleichermaßen ästhetisch ansprechend wie hochgelehrt. In großem Format, mit edlem Layout und qualitätvollen Abbildungen, ist er in einem Englisch mit literarischem Anspruch verfasst (der Name des Übersetzers wird leider nicht genannt). Die Vf., Historiker und Philologen, zählen zu den bedeutendsten Experten Ungarns für das Thema. Der erste Teil (The Golden Bull, S. 11–34), enthält eine Neuedition des lateinischen Originaltexts der berühmten Urkunde – oder besser der Urkunden, denn in Wirklichkeit handelt es sich um vier Stücke, zwei aus dem Jahr 1222, eines von 1231 und eines von 1267 – mit einer vollständigen Übersetzung ins Englische sowie einer Einführung und erklärenden Anmerkungen. Der zweite Teil (Studies) setzt sich zusammen aus elf Aufsätzen. Nach einer sehr allgemein gehaltenen Einordnung in den historischen Kontext (László Solymosi, S. 37–42), die auch fachfremden Lesern das politische und historiographische Umfeld der Goldenen Bulle nahebringt, folgen mehrere Beiträge, die nicht nur den Stand der sehr aktiven Forschung zusammenfassen, sondern auch ganz neue Erkenntnisse mitteilen: Kornél Szovák (S. 43–60) ordnet die Goldene Bulle mit viel Scharfsinn in das politische Denken in Ungarn ein, ohne zu verschleiern, dass es notwendigerweise mehr als eine Deutung des Dokuments geben muss. László Posán (S. 61–78) untersucht die vergleichbaren Diplome der Kaiser Friedrich I. und Friedrich II. Attila Bárány (S. 79–100) nimmt sich die englische Magna Charta vor, muss aber die Frage, ob sie die ungarische Goldene Bulle beeinflusst hat oder nicht, ungelöst lassen. Dániel Bácsatyai (S. 101–118) behandelt mehrere Vorgängerurkunden der Goldenen Bulle und findet Verbindungslinien, aber auch die Wege, die eine Überlieferung der älteren Urkunden ermöglicht haben. Tibor Almási (S. 119–136) stellt das soziale Umfeld vor, in dem die Urkunde entstand, indem er die ungarische Gesellschaft Gruppe für Gruppe untersucht. Zwei Arbeiten hilfswissenschaftlicher Natur erörtern die späteren Abschriften der Goldenen Bulle (György Rácz, S. 137–154) und ihre ma. Bestätigungen (Gábor Dreska, S. 155–168). Aus einer gleichermaßen politik- wie rechtshistorischen Perspektive untersucht Tibor Szőcs (S. 169–180) den Text mit Blick auf die jährlichen Gerichtsversammlungen in Székesfehérvár. István Tringli (S. 181–194) gibt der Goldenen Bulle ihren Ort im Prozess der Ausweitung der Privilegien des Adels bis zum Tripartitum des István Werbőczy. In der letzten Studie stellt Mihály Kurecskó (S. 195–214) die goldenen Siegel der ungarischen Könige vor, von Géza II. bis zu Maria Theresia. Neben zahlreichen Abbildungen von Hss. und Siegeln enthält der Band eine umfangreiche Bibliographie, zwei Karten und einen Index der Eigennamen. Ohne Zweifel wird er künftig das Standardwerk über das Thema sein.
Marie-Madeleine de Cevins (Übers. V. L.)