The Reigns of Edmund, Eadred, and Eadwig, 939–959. New Interpretations, ed. by Mary Elizabeth Blanchard / Christopher Riedel (Anglo-Saxon Studies 48) Woodbridge 2024, The Boydell Press, XIV u. 222 S., Abb., ISBN 978-1-78327-764-3, GBP 80. – Während die moderne Forschung zum ‘Gründer Englands’ Aethelstan (924–939) und zum ‘großen Reformer’ Edgar (959–975) blüht, befasst sich die Mediävistik kaum einmal mit den Regierungszeiten der englischen Könige Edmund (939–946), Eadred (946–955) und Eadwig (955–959): Edmund wurde bereits mit Anfang 20 ermordet, Eadred war aufgrund einer Krankheit kaum handlungsfähig, und Eadwig regierte nur vier Jahre und sah sich einer starken Opposition gegenüber. Keiner der Herrscher zeichnete sich in seiner kurzen Regierungszeit durch spektakuläre Taten oder politische Weichenstellungen aus, und schon ab dem späten 10. Jh. sprach kaum ein Historiograph oder Hagiograph positiv über die drei Könige. Die Beiträge des Sammelbandes verstehen die drei Herrscher aber durchaus als erfolgreiche Könige, welche die ersten Ansätze der benediktinischen Reform gefördert und die englische Herrschaft im Norden gesichert hätten. Die Einleitung gibt einen Abriss der Chronologie und fasst den Inhalt der neun Aufsätze zusammen, welche die Themen Kriegsführung in Nordengland, Kirchenrecht, Treueeide, Testamente, Königinnen, Bischöfe, Schriftlichkeit und religiöse Kultur sowie die historiographische und hagiographische Wahrnehmung der drei Herrscher behandeln und dabei beispielsweise den großen Einfluss der Hofparteien und Bischöfe oder Neuerungen im Kirchenrecht nachweisen können. Die Hg. formulieren die These, dass auch wegen der Kontinuität der Hofparteien unter diesen drei Königen deren Regentschaft als eine eigenständige Phase und als Grundlage des ‘goldenen Zeitalters’ unter König Edgar zu verstehen sei: Sie verwerfen also die in der Forschung weit verbreitete Annahme einer epochalen Zäsur im Jahr 955. Nicht erklärt wird, warum in dem Band ausgerechnet eine Studie zu Erzbischof Oda von Canterbury (941–958) fehlt, also zu der Schlüsselfigur für Reform, Gesetzgebung und Politik im Norden Englands während der Regierungszeiten Edmunds, Eadreds und Eadwigs. Bezüge zur Geschichte des Kontinents stellen die Beiträge vor allem zum Westfrankenreich her, darüber hinaus verweist Isabelle Beaudoin (S. 59–79) auf das Vorbild Karls des Großen für die englischen Treueeide, und Katherine Weikert (S. 175–195) behandelt im Rahmen einer Untersuchung der Konflikte am Hof Eadwigs auch das Exil Dunstans in Gent.
Andreas Bihrer