Hector L. MacQueen, Law and Legal Consciousness in Medieval Scotland (Medieval Law and Its Practice 40) Leiden / Bosten 2024, Brill, XXVIII u. 585 S., ISBN 978-90-04-51228-3, EUR 190. – M. ist emeritierter Professor für Privatrecht und Rechtsgeschichte an der Univ. Edinburgh. Er gehört zu den führenden Rechtshistorikern Schottlands; er hat sich vor allem mit der Entwicklung des schottischen Rechts sowie dessen Anwendung in der Feudalgesellschaft beschäftigt. Der Band versammelt 16 Aufsätze, die hier wieder veröffentlicht werden. Sie behandeln Themen der Rechtsgeschichte Schottlands vom 12. bis zum 16. Jh. M. hat sie in vier Teilen angeordnet und diesen Teilen kurze Einführungen vorangestellt. Dazu gibt es eine Einleitung und eine „conclusion“. Die Aufsätze im ersten Teil kreisen um die Entwicklung der Gesetze und Gewohnheiten des Königreichs der Schotten im 12. und 13. Jh. Ein Fokus liegt auf der Bedeutung des kanonischen Rechts für die weltlichen Gerichte. Hervorgehoben wird die Bedeutung der königlichen Autorität bei der Zusammenarbeit des Hofs mit den geistlichen und weltlichen Gerichten. In diesen thematischen Zusammenhang gehört auch die königliche Gesetzgebung für Städte (Burghal Law). Die drei Beiträge im zweiten Teil haben gemeinsam, dass sie Aspekte des Einflusses des entstehenden common law auf die von der gälischen Kultur und Rechtspraxis geprägten Regionen Galloway und Carrick behandeln. Der Vf. macht deutlich, dass die autochthonen Rechtspraktiken in diesen Regionen erst allmählich im Verlauf des 14. Jh. – nach der Integration von Galloway in den Herrschaftsbereich der schottischen Könige – aufgegeben werden mussten. Auch der dritte Teil umfasst drei Aufsätze; sie verbinden Themen der schottischen Rechtsgeschichte mit langer Dauer, wie das feudale Landbesitzrecht (bis 2000), die zuerst im Kirchenrecht erwähnten Schutz- oder Zufluchtsräume (girths), die bis zur Reformation 1560 bestanden. Aber ein solcher Raum in Edinburgh bei der königlichen Residenz Holyrood überdauerte bis in das 19. Jh. Schließlich fragt der Vf. nach der Bedeutung bzw. dem Einfluss der Magna Carta (1215) auf die Entwicklung des schottischen Rechts bis in das 20. Jh. Im vierten Teil sind Aufsätze mit einem Schwerpunkt auf dem späten MA versammelt. Eine Übersicht über die Inhaber des Amts „Königlicher Justiziar“ (als reisende Richter zuständig für die Durchsetzung von Gesetzen) von 1306 bis 1513 eröffnet diesen Teil. Es folgt eine Untersuchung der Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem königlichen Rat und den geistlichen Gerichten. Bis zum Ende des 15. Jh. hatte sich der königliche Rat als zentrale Gerichtsinstanz etabliert, die gegebenenfalls auch den geistlichen Gerichten Anweisungen gab. Um die Ausbildung von Juristen an den im 15. Jh. in Schottland gegründeten Universitäten (St. Andrews 1411, Glasgow 1451 und vor allem Aberdeen 1495) und deren allmähliche Übernahme von Ämtern geht es im folgenden Beitrag. Schließlich diskutiert der Vf. die um 1600 geführte Debatte um das Verhältnis des schottischen Traktats Regiam Majestatem (um 1318) zu dem englischen Glanville (um 1189). Befeuert wurde diese Debatte durch die Vereinigung der Kronen von England und Schottland 1603. M. stellt im Schlussabschnitt fest, dass sich ein Rechtsbewusstsein entwickelte, weil viele Einwohner Schottlands regelmäßig in die Gerichtspraxis der verschiedenen lokalen und regionalen Gerichtshöfe eingebunden waren. Auch wenn es bis um 1500 keinen universitären weltlichen Juristenstand gab, so waren doch sogenannte „men of law“ in verschiedenen Funktionen an den Gerichten und als Notare tätig. Ihr Wissen haben sie vermutlich überwiegend durch teilnehmende Beobachtung erworben und dann praktiziert. Seine Überlegungen und Thesen werden zweifellos weiter diskutiert werden; sie sind – wie die hier kurz vorgestellten Beiträge dieser Sammlung – anregend für alle, die sich mit der Geschichte Schottlands im MA wissenschaftlich beschäftigen.
Jörg Rogge