Ein neuer Frühling für die Pfalz. Erste Ergebnisse und Perspektiven eines digitalen Urkundenprojekts 1449–1508. Wissenschaftliche Tagung des Landesarchivs Baden-Württemberg und des Instituts für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde der Universität Heidelberg im Generallandesarchiv Karlsruhe am 24. und 25. Oktober 2023, hg. von Rainer Brüning / Benjamin Müsegades / Andreas Neuburger / Jörg Peltzer, bearb. von Stefan Bröhl / Benjamin Torn (Werkhefte des Landesarchivs Baden-Württemberg 32) Ostfildern 2024, Jan Thorbecke Verlag, 172 S., 19 Abb., ISBN 978-3-7995-2100-0, EUR 24. – Bis 1939 waren, herausgegeben von der Badischen Historischen Kommission, die Regesten der Pfalzgrafen bei Rhein bis zum Jahr 1410 erschlossen worden; danach brach das Unternehmen ab, das nun zunächst für die Jahre von 1449 bis 1508, also die Zeit Friedrichs des Siegreichen (1425–1476) und Philipps des Aufrichtigen (1448–1508), wiederaufgenommen wurde und die Bestände mehrerer Archive – vor allem Karlsruhe, Darmstadt, Koblenz, Speyer, München und Amberg – aufarbeiten wird. Insgesamt ist für den anvisierten Gesamtzeitraum von 1410 bis 1508 mit rund 7000 pfalzgräflichen Urkunden zu rechnen. An die Hauptüberlieferungsorte lehnt sich die auch im Open Access zugängliche, sich vor allem mit Pfalzgraf Friedrich beschäftigende Broschüre an, die mit einer forschungsgeschichtlichen, das Problemfeld der nie zu erreichenden Vollständigkeit thematisierenden Umschau aus der Feder von Benjamin Müsegades, Fortschritt durch Regesten. Potentiale von Forschungen zur Kurpfalz im Spätmittelalter (S. 11–36), zur Erschließung sowie vornehmlich zu den bisher problematisierten Feldern der Beschäftigung mit Pfalzgraf Friedrich einsetzt. – Benjamin Torn, Urkunden der Pfalzgrafen bei Rhein 1449–1508. Ein länderübergreifendes Projekt zwischen normierten Daten und Einzelbefunden (S. 37–56), stellt das DFG-Projekt vor, dessen in mehreren Bearbeitungsschritten angesteuertes Ziel eine vielseitig recherchierbare, verknüpfte und erweiterungsfähige Bereitstellung des Materials auf der Plattform Archivportal-D ist. – Die bayerische Perspektive mit Schwerpunkt auf den als „sehr flexible Instrumente“ (S. 67) einsetzbaren, formelhaften Landfriedenseinungen steuert Gerhard Immler, Oberdeutsche Landfriedenseinungen unter Einschluss pfälzischer und bayerischer Wittelsbacher zur Zeit der Kurfürsten Friedrich I. und Philipp (S. 57–67), bei, die Pfalz-Neumarkter Sicht der Dinge liefert dann Maria Rita Sagstetter, Kurfürst Philipp und das Neumarkter Erbe Pfalzgraf Ottos II. (S. 69–105), die umfangreich die Amberger Bestände auswertet und zeigen kann, wie komplex sich der Übergang des Neumarkter Fürstentums an die kurpfälzische Linie nach dem Erbfall von 1499 gestaltete. – Martin Armgart, Kurfürstliche Städtepolitik – Wandel im 15. Jahrhundert (S. 107–121), wirft in Diskussion der Thesen Christian Reinhardts, der für die zweite Hälfte des 15. Jh. eine integrierende Haltung der Kurfürsten hervorhob, einige Forschungsfragen auf, nicht zuletzt bezüglich einer politischen Programmatik der Pfalzgrafen. – Carolin Schreiber, Umbruch im Kloster Lorsch. Die Verpfändung des Lorscher Klosters an die Kurpfalz Mitte des 15. Jahrhunderts und die damit verbundenen Auswirkungen (S. 123–138), zeichnet den Prozess nach, der letztlich zur Einsetzung eines Stiftprovisors durch Pfalzgraf Friedrich führte. – Vor der Zusammenfassung Jörg Peltzers (S. 163–169) hebt Stefan Bröhl, Die Ordnung der Metalle – Bergbau und Montanunternehmer im Kanzleischriftgut der spätmittelalterlichen Kurpfalz. Mit einem Exkurs zum Burgenbau zu Daimbach und Gau-Bickelheim (S. 139–162), in einem Überblick zur Quellenlage, die gerade in der Zeit Pfalzgraf Friedrichs, der nach einem Zeugnis die Bergwerke besunderlich inbrunstig liebte, anschwoll (korrespondierend zu den zeittypischen landesherrlichen Interessen), die methodischen Potentiale hervor, die nicht zuletzt in prosopographischen Studien liegen.
Christof Paulus