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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,1 (2025) *.

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Writing Holiness. Genre and Reception across Medieval Hagiography, ed. by Jessica Barr / Barbara Zimbalist (Cursor mundi 43) Turnhout 2023, Brepols, 281 S., ISBN 978-2-503-60198-4, EUR 85. – Die Hg. geben zu Beginn (S. 7–32) zugleich eine Handreichung und eine Zusammenfassung des Bandes, in der „a reassessment of a critical tradition with long-standing patriarchal, colonialist, and logocentric associations“ (S. 8) bezüglich der hagiographischen Literatur angekündigt wird. Natürlich dürfen da „queer theory, trans theory, medical humanities, and disability studies“ (S. 12) nicht fehlen. Die einzelnen Beiträge sprechen für sich. Freilich stellt sich die Frage, ob die Kriterien der Gegenwart der historischen Situation gerecht werden können oder ihrerseits den Blick eher verengen. Jedenfalls hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit hagiographischen Texten eine seriöse Tradition und tragfähige Methoden. – Die bibliographische Dokumentation beschränkt sich teilweise auf englischsprachige Literatur ab dem Jahr 2000.
Die zehn Aufsätze sind drei Teilen zugeordnet. Der erste mit dem Titel „Saints across Borders“ wird eingeleitet von Marianne P. Ritsema van Eck (S. 35–64). Ausgehend von der historischen Kaiserin Helena zeichnet sie nach, wie sich ihr Kult im Zusammenhang mit Reliquien aus dem Heiligen Land bis ins 17. Jh. entwickelte. Bianca Lopez (S. 65–84) befasst sich mit dem Kult der „santa casa“ in Loreto und der Verehrung des heiligen Nikolaus von Tolentino in den Marken. Naoë Kukita Yoshkiawa (S. 85–108) vergleicht die Metaphorik des Wassers im Liber specialis gratiae der heiligen Mechthild von Hackeborn und dem Dialogo der heiligen Katharina von Siena. Jenny C. Bledsoe (S. 109–135) stellt aus der bisher kaum beachteten neuzeitlichen Sammlung von Viten (bis auf eine Ausnahme) weiblicher Heiliger in englischer Sprache in der von einer Frau geschriebenen Hs. Washington, DC, Folger Shakespeare Library, MS Folger V.b. 334, die Texte zu den drei heiligen Schwestern von Ely vor und untersucht ihre Genese. Teil 2, „Crossing Gender and Genre“, beginnt mit Christine Cooper-Rompato (S. 139–161). In den Sermones eines mittelenglischen Mirror werden Episoden aus Heiligenviten neu in den Blick genommen, wie an den exempla von Furseus, Cäcilia, Thaïs und Makarius gezeigt wird. Sie erlauben, so C.-R., Überlegungen zu physischen Assoziationen der Hörerschaft. Caitlin Koford (S. 163–178) zeigt auf, wie im Verbund mit Illustrationen die teils auch in die Volkssprache übersetzten Predigten von Maurice de Sully über das Erwachsenenleben Christi zu Erbauungsliteratur für Laien werden (Stichwort „hybrid devotion“). Matthew V. Desing (S. 179–196) beschäftigt sich mit der Gestalt der Tarsiana „across Genre and Gender“ in einer kastilischen Fassung (13. Jh.) der Historia Apollonii regis Tyri. Den Anfang von Teil 3, „Writing across Languages“, macht Racha Kirakosian (S. 199–233). Sie plädiert anhand von Beispielen zu Redaktionen und Übersetzungen von mystischer Literatur in die Volkssprachen dafür, derlei Texte als eigenständige Quellen zu würdigen und besser zu erforschen. Steven Rozenski (S. 235–253) schreibt über spätma. Übersetzungen des Lebens der heiligen Katharina von Siena von Raimund von Capua in England und Deutschland. Jennifer N. Brown (S. 255–281) fragt anhand von Beispielen aus hagiographischen Schriften in Mittelenglisch, wann und wie sich Frauen äußern (u.a. Maria von Oignies, Birgitta von Schweden, Katharina von Siena bei Raimund von Capua, Margery Kempe).

Mechthild Pörnbacher