Katharine Sykes, Symbolic Reproduction in Early Medieval England. Secular and Monastic Households (The Past and Present Book Series) Oxford 2024, Oxford Univ. Press, 240 S., ISBN 978-0-19-284475-0, USD 100. – Das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Sphäre im MA stellt auch für die englischsprachige Mediävistik ein zentrales Forschungsthema dar. S. behandelt diese Konstellation für das angelsächsische England in dem langen Zeitraum von 600 bis 1100, indem sie das spannungsreiche Zusammenwirken von adeligen und insbesondere königlichen Haushalten auf der einen und von Klöstern auf der anderen Seite in das Zentrum ihrer Studie stellt. Um gegenseitige Beeinflussungen sowie soziale und kulturelle Wandlungsprozesse adäquat beschreiben zu können, fokussiert S. vor allem auf den scheinbar eindeutigen Gegensatz zwischen biologischer Vererbung im weltlichen und der Reproduktion durch Normen, Bildung und Sozialisation im monastischen Bereich. Demgegenüber richtet die Vf. ihr Augenmerk besonders auf Verbindungen und gegenseitige Einflüsse, wenn sie anhand von zentralen Texten der angelsächsischen Epoche (u.a. Aldhelm, Beda, Asser, Goscelin) die diskursive Verhandlung von Konzepten wie Verwandtschaft, Familie, Mutter- und Vaterschaft, Kindheit, Heirat, Monogamie oder Jungfräulichkeit analysiert, wobei sie mit Bourdieu und Lacan die Formulierung symbolischer Ordnungen als sehr wirkmächtig für den historischen Wandel von sozialen Praktiken einschätzt. Die Breite der untersuchten Fallbeispiele reicht dabei über Naheliegendes wie Doppelklöster und Familienklöster hinaus. Deutlich wird, dass nicht nur die Christianisierung die Vorstellung von weltlichen Haushalten im angelsächsischen England modifizierte, sondern auch Veränderungen im säkularen Erbrecht Konzepte monastischen Zusammenlebens beeinflussten. Einen historischen Einschnitt innerhalb ihres langen Untersuchungszeitraums erkennt S. gleichwohl wenig überraschend in der Regierungszeit König Alfreds und damit in den monastischen Reformen ab dem späten 9. Jh., betont aber überzeugend die große Bedeutung der bereits seit dem 6. Jh. entwickelten Ideale und Praktiken. Die umfangreiche Bibliographie weist lediglich drei nicht-englischsprachige Publikationen auf, Bezüge zur Geschichte des Kontinents werden nur für die Regierungszeit Karls des Großen hergestellt. Eine knappe Erwähnung gilt aber der seit den 1950er Jahren intensiv betriebenen Erforschung frühma. Konzepte von Verwandtschaft und Reproduktion durch die deutsche und französische Mediävistik (S. 7). Lohnend wäre es, die Resultate der anregenden Studie mit den Ergebnissen der Forschungen zum Kontinent in Beziehung zu setzen.
Andreas Bihrer