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Klaus Unterburger / Daniel Rimsl (Hg.), Wolfgang. Bischof von Regensburg, Heiliger Europas. Geschichte – Verehrung – Kunst, Regensburg 2024, Schnell und Steiner, 512 S., zahlreiche Abb., ISBN 978-3-7954-3885-2, EUR 50. – Das Geburtsjahr des 1052 kanonisierten Regensburger Bischofs Wolfgang (972–994) ist zwar nirgends überliefert, sondern wird bloß aufs Geratewohl mit 924 angesetzt, hat aber zum mutmaßlichen 1100-jährigen Jubiläum immerhin den hier anzuzeigenden schönen, material- und perspektivenreichen Sammelband hervorgebracht – da will man sich als Rez. nicht allzu buchhalterisch geben. Nach einem einfühlsamen Lebensabriss durch Klaus Unterburger (S. 23–34) vergleicht Veronika Lukas (S. 37–47) die Darstellung des Heiligen in der Klosterchronik Arnolds von St. Emmeram (1036/37) und in der darauf aufbauenden Wolfgangsvita Otlohs (1052?). Abweichungen ergeben sich nicht nur aus der gattungsbedingt unterschiedlichen Erzählperspektive, sondern anscheinend auch aufgrund unterschiedlicher Einstellungen zum amtierenden Bischof Gebhard III. (1036–1060). Laut Jörg Bölling (S. 49–56) wurde Wolfgang von seinem Biographen Otloh (bekanntlich ein Benediktinermönch) gerade wegen seiner monastischen Prägung als idealer Bischof wahrgenommen. Elmar Hochholzer (S. 59–98) beschreibt ebenso aspektereich wie quellennah und methodisch reflektiert die Reform des Klosters St. Emmeram durch den von Wolfgang berufenen Abt Ramwold (975–1000), mit einem „Nachklang“ zu Reformen in Niederaltaich und Tegernsee. Christof Paulus (S. 101–113) widmet sich dem Verhältnis des Bischofs zu König und Herzog und blickt dabei auch auf Wolfgangs personelles Netzwerk im bayerischen Episkopat. Petr Kubín (S. 115–122) schreibt Wolfgang nicht nur, wie bereits von Otloh berichtet und allgemein anerkannt, die Zustimmung zur Errichtung des Bistums Prag auf Regensburger Diözesangebiet 972/73 zu, sondern darüber hinaus auch eine aktive Mitwirkung bei der Heiligsprechung des böhmischen Herzogs Wenzel (spätestens 975). Harald Buchinger (S. 125–144) vergleicht die Vorschriften von monastischen Consuetudines des 10. und frühen 11. Jh. zu Prozessionen mit dem Repertoire erhaltener Choralhss. derselben Zeit und findet Diskrepanzen, die auf eine nur eingeschränkte Umsetzung der schriftlich fixierten Normen in der liturgischen Praxis hindeuten. David Hiley (S. 147–159) präsentiert das Offizium, das Hermann der Lahme († 1054) zu Ehren des heiligen Wolfgang gedichtet und komponiert hat und das mit insgesamt 34 Gesängen recht umfangreich ausgefallen ist. Überliefert ist es nur in wesentlich jüngeren Hss., meist in stark reduzierter Form. Bernhard Lübbers (S. 199–213) beleuchtet zunächst die Hintergründe der 1052 erfolgten Kanonisation und stellt dann fest, dass der Heilige in Regensburg selbst in den folgenden Jahrhunderten eine eher verhaltene Verehrung genoss, während sich die Wallfahrt nach St. Wolfgang im Salzkammergut seit dem 14. Jh. zu einer der beliebtesten in ganz Europa entwickelte. Martin Berger (S. 215–229) kann dazu anhand von drei Libri ordinarii aus dem 14.–16. Jh. ergänzen, dass immerhin der Wolfgangstag am 31.10. (anders als das Translationsfest am 7.10.) am Regensburger Dom liturgisch besonders aufwendig gefeiert wurde. Der Rest der Beiträge ist eher kunsthistorisch ausgerichtet oder behandelt neuzeitliche Ausprägungen der Wolfgangsverehrung, bis hin zur 1964 ins Leben gerufenen, immer noch jährlich gefeierten Regensburger „Wolfgangswoche“. Hingewiesen sei allerdings auf den Beitrag von Fabian Weber (S. 463–469) über die Regensburger Domspatzen (der Name ist ihm zufolge 1872 erstmals belegt), die sich auf eine Gründung durch Bischof Wolfgang 975 zurückführen; er geht dabei nämlich auch auf die (wenigen) Zeugnisse zur Domschule im 10. Jh. ein. Der Preis des Bandes, der durch ein Register der Orts- und Personennamen erschlossen wird, kann angesichts seiner üppigen Ausstattung mit qualitätvollen Farbbildern als durchaus moderat bezeichnet werden.

Roman Deutinger