David Richter, Drobná šlechta v Čechách na přelomu pozdního středověku a raného novověku: Chrudimsko [Kleinadel in Böhmen an der Wende vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit], Červený Kostelec 2023, Pavel Mervart, 336 S., Abb., ISBN 978-80-7465-612-5, CZK 399. – Im MA bildete der Kleinadel eine signifikante Bevölkerungsgruppe in den böhmischen Ländern. In der Hussitenzeit hatte er einen maßgeblichen Einfluss auf das Schicksal dieser Region. Es ist daher begrüßenswert, dass die regionalen Forschungen von R. über das Schicksal des Kleinadels an der Wende vom Spät-MA zur frühen Neuzeit (15./16. Jh.) nun erschienen sind. Das Buch, ursprünglich eine Diss., wird durch eine ausführliche terminologische Einleitung sowie eine Einführung in die zeitgenössischen Quellen eingeleitet und ist in zwei Kapitel unterteilt, in welchen der Vf. allgemeine Tendenzen nachzeichnet und anhand von Fallbeispielen spezifische Problembereiche (Regionalversammlungen, Verhältnis zu den Städten, Anteil der Adligen im Stadtrat sowie die Frage der Freigerichte in Vlčnov) oder das Schicksal bestimmter Personen behandelt. Die Auseinandersetzung mit den Regionalversammlungen führt zu dem umfassenderen Problem der Herausbildung eines Staats. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Beschränkung der Grundherrschaft, die Dezentralisierung der Verwaltung sowie die Entstehung von regionalen Gerichtshöfen zu nennen. Die Veränderungen im zeitgenössischen Sprachgebrauch, im Lebensstil sowie im wirtschaftlichen Status werden sorgfältig untersucht, und es werden einige Trends ebenso wie öfter vorkommende Unregelmäßigkeiten herausgearbeitet. Die ausgewählte Region Chrudim ist insofern von Interesse, als sie sich durch eine vielfältige Besitzstruktur auszeichnet. Zudem wird die wichtige Rolle der königlichen Stadt Chrudim und der Stadt Pardubice/Pardubitz ersichtlich. Dazu kamen Dutzende von kleinen Gütern. Die Regionalversammlungen fungierten als Foren, welche den weniger wohlhabenden Mitgliedern des niederen Adels eine politische Stimme verliehen, sofern sie über Grundbesitz verfügten. Dies wurde dadurch begünstigt, dass Vertreter der Regionalversammlungen in die Landesversammlung entsandt wurden, was durch vom Kreishauptmann erhobene Gelder finanziert wurde. Obschon die Stellung dieser Versammlungen gegen Ende der Hussitenzeit durch die Wiederherstellung der Zentralgewalt geschwächt wurde und zu Beginn des 16. Jh. wiederum Streitigkeiten zwischen Adel und Städten den Großteil der behandelten Themen bildeten, waren diese Versammlungen immer noch an der Festlegung der militärischen Pflichten und der Steuern beteiligt. Erst mit dem Dekret Ferdinands I. von 1528, welches die Einberufung der Regionalversammlungen von seiner Zustimmung abhängig machte, nahm ihre Bedeutung ab. Die Städte nahmen eine wichtige Rolle im Leben des Kleinadels ein. Kleinadlige veräußerten ihre Besitztümer und bestritten ihren Lebensunterhalt von den Zinserträgen, dafür erwarben Stadtbürger die Liegenschaften und strebten den sozialen Aufstieg in die Reihen des niederen Adels an. Es lässt sich erkennen, dass der Adel in den Städten Güter erwarb, was jedoch in Verbindung mit dem Verlust ländlicher Besitztümer eine potenzielle Bedrohung für den adligen Status darstellte. Die Ansiedlung des Adels in der Stadt führte zu Konflikten zwischen Land- und Stadtrecht. Als Fallbeispiel wird der Anteil von Adligen im Rat der Stadt Chrudim nachgezeichnet. Dabei stellt R. die Frage, ob es sich bei den Ratsmitgliedern um Bürger handelte, die in den Adel erhoben worden waren, oder um Adlige, die sich in der Stadt niedergelassen hatten (S. 188–223).
David Kalhous