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Räume höfischen Lebens. Sammelband zur internationalen Konferenz des Forschungszentrums Höfe und Residenzen am Historischen Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, des Projekts Corona regni Bohemiae / Krone des Königreichs Böhmen des Instituts für Tschechische Geschichte der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag und des Projekts Residenzstädte im Alten Reich (1300‒1800) der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Prag, 1. Oktober 2021, hg. von Dana Dvořáčková-Malá / Jan Hirschbiegel / Robert Šimůnek / Sven Rabeler / Jan Zelenka, Ostfildern 2023, Thorbecke, 284 S., 28 Abb., 4 Tab., ISBN 978-3-7995-1593-1, EUR 39. – In dem Band sind zwölf Studien der trilateralen Tagung zu den räumlichen Zusammenhängen von Höfen im vormodernen Mitteleuropa versammelt. Die Frage nach räumlichen Aspekten sozialer Hierarchien, zu Haushalt und Dienstleuten in der Hofgesellschaft, thematisieren zunächst fünf Beiträge, die einen sozial fragmentierten Raum zeigen, sei es in Verwaltungsresidenzen, Festungssiedlungen, herzoglichen Burgen oder Königspalästen. Drei Aufsätze betrachten danach das Verhältnis von „guter Obrigkeit“ und „treuen Bürgern“ in adligen Residenzstädten, deren Zusammentreffen, Kommunikation und Raumbildung. Sven Rabeler, Grenzen und Übergänge. Topographien, Wahrnehmungen und Gestaltungen von Bezügen zwischen Residenz und Stadt im 15. und 16. Jahrhundert (S. 137‒173), misst anhand von Hofordnungen, repräsentativen Aufführungen und Reisebeschreibungen die Grenz- und Übergangserfahrungen zwischen Hof und Stadtraum sinnfällig aus, wie die Irritation Herzog Heinrichs von Liegnitz und seines Hofmeisters Hans von Schweinichen über die Zugangsregulierung in Wolfenbüttel eindrücklich belegt. – Die letzten vier Artikel nehmen die Territorialdimensionen in den Blick: die Haupt- und Nebenresidenzen, Jagdschlösser und Kammerherrschaften, Vernetzung, Übertragung und Nachahmung des Herrscherhofs. Nach Lenka Bobková, Das Netzwerk von gelegentlichen Residenzen der böhmischen Könige in den Ländern der Böhmischen Krone im Spätmittelalter (S. 193‒219), verdeutlichen königliche Paläste und Häuser in den Nebenländern sowie bauliche Aktivitäten Karls IV. in der Oberpfalz und Brandenburg eine hochentwickelte Residenzenstruktur, von der um 1500 nur Verwaltungssitze der böhmischen Könige in den immediaten Ländern erhalten blieben, darunter die Ortenburg in Bautzen und das Breslauer Kaiserschloss. – Petr Kozák, Residenzlandschaft(en) des jagiellonischen Prinzen Sigismund um das Jahr 1500. Auf dem Weg zwischen Ofen, Krakau, Breslau, Troppau und Großglogau (S. 221‒234): Prinz Sigismund verfügte laut den Hofrechnungen innerhalb seiner Länder über ein System von befestigten Herrensitzen, von denen nur die Burgen in den Hauptstädten seiner Fürstentümer Residenzen waren; andere wurden zu Sitzen von Weichbildhauptmannschaften und Kammergütern umgewandelt. Zudem hielt sich der Jagiellone oft und lange Zeiten in den ungarischen und polnischen Residenzen seiner königlichen Geschwister auf. – In den aufgezeigten wie auch in anderen in dem Band behandelten Fällen bildeten höfische Orte in städtischen Räumen zahlreiche Typen von Herrschersitzen und vielfältige außerhöfische Beziehungen aus. Nicht allein Trennlinien, sondern zugleich Überschneidungen und Verschränkungen kennzeichnen die mitteleuropäische Residenzstadt.

Andreas Rüther