Charles West, The Simony Crisis of the Eleventh Century and the ‘Letter of Guido’, in: The Journal of Ecclesiastical History 73,2 (2022) S. 229–253, 3 Abb., prüft in einer kodikologisch, paläographisch und Kontext-orientierten Bestandsaufnahme die Argumente, mit denen ein kurzer, aber prominenter Text des hochma. Simoniediskurses (MGH Ldl 1 S. 5–7) seit seinem Herausgeber Friedrich Thaner (1891, nicht 1892, wie der Vf. S. 235) Guido von Arezzo zugewiesen und näherhin ins Jahr 1031 gesetzt wird. Stattdessen vermutet W. in dieser – in den Hss. vornehmlich einem nicht-existenten Papst Paschasius zugeschriebenen – sogenannten Epistola Widonis ein vielleicht dem Umkreis Humberts von Silva Candida entstammendes, vielleicht seitens der Mailänder Pataria als Propagandamittel bewusst pseudonym in Umlauf gebrachtes Schreiben, das er entschieden erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstanden sieht. Damit entfielen die Gründe, die Epistola als Beleg für eine früh, nämlich vor der Synode von Sutri (1046) grassierende „anxiety about simoniacal ordinations“ (S. 252) oder „‚moral panic‘“ (T. Reuter, zit. S. 230 u. 253) zu verstehen, und erfahre gegenüber der ökonomischen und der soziologischen die theologische Dimension des Simoniediskurses eine Akzentuierung.
A. Ö.