Worms 1018–2018. Dom und Stadt, hg. von Ludger Körntgen (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen KG 150) Münster 2024, Aschendorff-Verlag, 266 S., Abb., ISBN 978-3-402-26638-0, EUR 48. – Der Band ist das Ergebnis einer aus Anlass des 1000. Weihejubiläums des Wormser Doms 2018 (!) veranstalteten Tagung und wartet mit acht Beiträgen vom 11. Jh. bis in die kirchliche Zeitgeschichte auf, von denen die ersten vier das MA in den Blick nehmen. Der Hg., Endzeit oder Aufbruch? Kirchenbau und religiöse Mentalität am Beginn des 11. Jahrhunderts (S. 11–29), eröffnet mit einem Blick auf die vieldiskutierten Zusammenhänge zwischen dem vor allem bischofsstädtischen ‘Bauboom’ um 1000 und der Frage nach der Endzeiterwartung in den Diskursen der Zeit und schlägt einen Bogen bis zum Bußbuch im Dekret des Wormser Bischofs Burchard. – Bislang für Worms noch nicht geleistet wurde der inzwischen vielfältig etablierte Blick der Liturgiegeschichte auf den Dom, für den kein Liber Ordinarius überliefert ist. Mit Andreas Odenthal, tres lampades ante altare sancte crucis perpetue ardentes. Liturgie, Totenmemoria und ihre Sakraltopographie im Wormser Dom (S. 31–66), wirft ein namhafter Experte einen erhellenden und innovativen, stets vergleichenden Blick auf die quellenmäßig komplexen Gegebenheiten an der Domkirche (mit Edition einer spätma. Lampen- und Läuteordnung, S. 59–63) im Hinblick auf die sakrale Binnentopographie, liturgische Vollzüge, Altäre, Patrozinien, Probleme der bischöflichen Grablegen sowie Fragen der Stationsliturgie. – Unter Zusammenfassung ihrer 2018 veröffentlichten baugeschichtlichen Dokumentation im Zusammenhang der seit 2001 laufenden Außensanierung des Doms präsentiert die Trierer Bauforscherin Sibylle Bauer, Baugeschichte am Wormser Dom im Spiegel mittelalterlicher Gerüste (S. 67–107), die reichen Erträge der dendrochronologischen Datenauswertung, v.a. im Hinblick auf die ermittelten Gerüstdaten (mit aussagekräftigen Abbildungen). Der Beitrag führt das große Potential der ermittelten Daten für das Verständnis der Baugeschichte des romanischen Doms eindrucksvoll vor Augen und bezieht Aspekte der Umwelt- und Handwerksgeschichte mit in den Blick ein. – Im Anschluss kann Sabine Reichert, Inmitten der Stadt? Der Dom als öffentlicher Ort im Mittelalter (S. 109–125), ausgehend von ihrer Diss. über das Verhältnis von Stadt und Bischofskirche in Trier und Osnabrück (2014, vgl. DA 73, 878f.) wichtige Beobachtungen zu Fragen der verfassungstopographischen und liturgischen Funktionen von Dom und Dombezirk im hohen und späten MA zur Debatte stellen; der Blick geht dabei bis zum spektakulären Auszug des Wormser Klerus im Konflikt mit dem Rat ab 1499. – Zu verweisen ist noch mit Blick in das 16. Jh. auf Daniela Blum, Recht und Fakt, Sakraltopographie und Geschlecht. Aspekte der Wormser Mehrkonfessionalität und ihrer Erforschung (S. 127–144), sowie Busso Diekamp, Martin Luther auf dem Reichstag 1521. Wormser Erinnerungsorte (S. 145–228), der quantitativ und thematisch den Band allerdings fast sprengt. Die ohnehin weit gespannte Thematik der Beziehungsfelder Dom und Stadt trägt zu einem recht disparaten Gesamteindruck des Bandes bei. Von daher ist das Fehlen sowohl einer inhaltlichen Einführung oder verklammernd-bilanzierenden Zusammenfassung als auch von Registern und Informationen zu den Vf. zu bedauern.
Gerold Bönnen