Gabriela Signori, Vom ABC zur Petition. Mädchen- und Frauenbildung im Spätmittelalter (Frauen im europäischen MA. Quellen und Kontexte 1) Freiburg im Breisgau 2024, wbg Academic, 254 S., Abb., ISBN 978-3-534-64055-3, EUR 56. – In der Forschung zu Bildung und Wissen im MA kommt die Rolle von Frauen und Mädchen insgesamt zu kurz. Entsprechend werden sie auch in einschlägigen Einführungen ins Thema, die etwa Martin Kintzinger, Ulrich Nonn oder Robert Gramsch vorgelegt haben, eher am Rande behandelt. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass S. als ersten Band einer von ihr gemeinsam mit Vanina Kopp, Hedwig Röckelein und Claudia Wittig begründeten Reihe eine Veröffentlichung vorlegt, die sich der Mädchen- und Frauenbildung im Spät-MA widmet. Wie bei Einführungen üblich, muss die Vf. eine thematische Auswahl treffen. Räumlich fokussiert sie auf Europa, insbesondere das römisch-deutsche Reich, die britischen Inseln, Frankreich, Italien und die Iberische Halbinsel. Thematisch ist der Band in vier Kapitel zu den Themen „Lehrpläne, Lesestoffe und Erziehungsinhalte“ (S. 17–45), „Infrastrukturen“ (S. 46–112), „Und die Praxis?“ (S. 113–204) und „Frauen-Bibliotheken“ (S. 205–236) aufgeteilt. In ihnen wird eine Vielzahl von Themen behandelt. Die Perspektive zeitgenössischer Autoren wie Pierre Dubois oder Thomasin von Zerklaere wird ebenso in den Blick genommen wie die Rolle von Frauenklöstern, Höfen und städtischen Schulen als Orte weiblicher Erziehung und Bildung. Akteure wie Lehrer, Berufsschreiberinnen oder Übersetzerinnen finden ebenso Beachtung wie die unterschiedlichen Praktiken des Schreibens. Dabei folgen die verschiedenen Unterabschnitte einem stets wiederkehrenden Muster: Nach einer kurzen thematischen Einleitung unter umfangreichem Referieren der Forschungsliteratur wird eine passende Quelle im Umfang von einer halben bis zu drei Seiten in Übersetzung, die oft durch die Vf. selbst geleistet wurde, dargeboten. Immer wieder finden sich auch farbige Abbildungen verschiedener Schriftstücke oder Bildquellen. Allein schon die dargebotenen Texte in Übersetzung sind ein großer Gewinn für jede einschlägige Lehrveranstaltung und werden hoffentlich in der Praxis rege Nutzung erfahren. Allerdings dürfte die Masse an referierter und leider am Ende des Buchs nicht noch einmal in einem Literaturverzeichnis zusammengefasster Forschungsliteratur in den einzelnen Kapiteln Anfänger wohl erst einmal überfordern. Auch das gleichbleibende Schriftbild ohne Heraushebungen durch Fettdruck oder andere graphische Mittel, was deutlich von etablierten Reihen wie Geschichte kompakt oder den UTB-Bänden abweicht, erschwert die Lesbarkeit für das potenzielle Publikum einer Einführung. Am schwersten jedoch dürfte der Preis von 56 Euro wiegen, von dem zu befürchten ist, dass er die Rezeption des Bandes eher hemmt. So bleibt im Gesamtergebnis ein gespaltenes Fazit: einerseits ist die Aufbereitung und Übersetzung der Quellen zu weiblicher Bildung und Erziehung im Spät-MA höchst verdienstvoll und erfüllt ein schon länger bestehendes Desiderat. Andererseits kommt der Band in seiner Konzeption und Ausführung doch in vielen Facetten eher als ein Fachbuch für ein fortgeschrittenes mediävistisches Spezialistenpublikum daher.
Benjamin Müsegades