Legal Pluralism and Social Change in Late Antiquity and the Middle Ages. A Conference in Honor of John Haldon, hg. von Wolfram Brandes / Helmut Reimitz / Jack Tannous (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 337 – Recht im ersten Jahrtausend 3) Frankfurt am Main 2024, Vittorio Klostermann, XIV u. 308 S., Abb., ISBN 978-3-465-04550-2, EUR 89. – Der Band würdigt John Haldons Einfluss auf die byzantinistische Forschung und die Geschichte der Rechtskulturen durch eine Sammlung von Aufsätzen, die rechtliche, soziale und politische Anpassungsprozesse in der römischen und nachrömischen Welt untersuchen und Haldons interdisziplinäre, vergleichende Methodik aufgreifen. Den Auftakt bilden eine biographische Skizze von Averil Cameron (S. 1–18) sowie eine persönliche Würdigung von Chris Wickham (S. 19–22), der Haldons Expertise in der byzantinischen Geschichte sowie dessen marxistische und interdisziplinäre Ansätze hervorhebt. Es folgen vorwiegend Beiträge mit rechtsgeschichtlichem Fokus, ohne auf Byzanz beschränkt zu sein, darunter eine Untersuchung von Helmut Reimitz (S. 117–135) zum Übergang von römischen Rechtsgewohnheiten zu den gentilen leges und der Bedeutung des Militärs in diesem Prozess. Bernard Stolte (S. 137–149) zeigt am Beispiel von Mitgiftfragen die Schwierigkeiten bei der Übertragung römischen Rechts in die byzantinische Rechtskultur. Zachary Chitwood (S. 151–174) verfolgt die Entwicklung des Begriffs psychikon im Totengedächtnis im byzantinischen Recht, während Michel Kaplan (S. 249–270) und Constantin Zuckerman (S. 271–297) das mesobyzantinische Rechtswesen und die byzantinischen Schulen untersuchen. Jonathan Shepard (S. 299–322) befasst sich mit Grenzverträgen, weitere Beiträge behandeln Themen wie christliche Ikonen in Ägypten (Beatrice Daskas, S. 41–62), den Richterstand in Byzanz (Jean-Claude Cheynet, S. 323–344) und das Phänomen der Schwurbruderschaften (Claudia Rapp, S. 367–377). Damián Fernández (S. 229–247) analysiert die rechtliche Differenzierung von Sklaven im westgotischen Recht, deren moralische und forensische Reputation wichtiger gewesen sei als ihre materielle Stellung. Alexander D. Beihammer (S. 345–365) zeigt, dass byzantinisch-fränkische Abkommen zur Zeit des ersten Kreuzzugs keine Abkehr von byzantinischen Rechtskonzepten darstellten und dass Byzanz keine feudalen Elemente in seine rechtlichen Beziehungen übernahm. Der im Bandtitel angeführte Aspekt des Rechtspluralismus, den Walter Pohl (S. 401–421) anhand der langobardischen Gesellschaft eingehend untersucht, wird in den übrigen Beiträgen nur vereinzelt behandelt. Weitere Beiträge bieten breitere thematische Perspektiven, darunter Salvatore Cosentino (S. 23–39), der die ökonomischen und politischen Mittel beleuchtet, die Kyrill von Alexandria zur Durchsetzung seiner christologischen Position gegen Nestorius einsetzte, sowie die Rolle von Geschenken und finanziellen Zuwendungen am kaiserlichen Hof. Ein interdisziplinärer Artikel von Timothy P. Newfield / Neil Roberts / Elena Xoplaki / Jürg Luterbacher / Inga Labuhn / Warren Eastwood / Hugh Elton / Dominik Fleitmann / Adam Izdebski / Arlene Rosen (S. 63–115) stellt paläoklimatologische und palynologische Methoden zur Analyse der ersten Pestpandemie vor und widerspricht der Annahme eines universellen demographischen Zusammenbruchs. Wolfram Brandes (S. 175–228) analysiert das Jahr 691/92 als Wendepunkt der byzantinischen Geschichte mit Blick auf politische und militärische Entwicklungen unter Justinian II. Ian N. Wood (S. 379–390) zieht Parallelen zwischen den religiös-sozialen Strukturen im frühma. Europa und denjenigen im südlichen Indien. William Chester Jordan (S. 391–400) erörtert die Bemühungen Ludwigs IX. von Frankreich, die Mongolen zu bekehren und die christliche Welt unter päpstlicher Führung zu vereinen – diplomatische Initiativen, die eine mögliche französisch-byzantinische Aussöhnung verhinderten und letztlich scheiterten. Der Band stellt insgesamt eine recht heterogene, aber fundierte Sammlung hochwertiger Aufsätze dar, die nicht nur byzantinische Rechtssysteme und deren rechtliche Dimensionen eingehend analysieren und damit eine angemessene Würdigung von Haldons Beitrag zur Forschung bieten.
Laury Sarti