Hannah C. Boston, Lordship and Locality in the Long Twelfth Century, Woodbridge 2024, The Boydell Press, XIV u. 274 S., Diagramme, Karten, ISBN 978-1-78327-783-4. – B. untersucht die Funktion und Häufigkeit von Mehrfachvasallität im England des Hoch-MA (ca. 1066–ca. 1216). Drei Fallstudien aus den Midlands dienen dazu, das Phänomen mehrfacher Loyalitäten besser zu verstehen. B. analysiert Einzelpersonen und Familien aus Leicestershire, Derbyshire und Staffordshire, um die Auswirkungen der geographischen Nähe auf die Mehrfachvasallität zu ermitteln. B. möchte dem historiographischen Trend entgegenwirken, der die Praxis der mehrfachen Loyalitäten in England als zersetzend oder schädlich für die Herrschaft und damit für die Gesellschaft im weiteren Sinn betrachtet. Sie setzt dem entgegen, dass in England, ähnlich wie auf dem Kontinent, Herrschaft und Dienst flexibel waren, wobei herrschaftliche und andere Beziehungen nebeneinander existierten. Das Buch beginnt mit einer aufschlussreichen quantitativen Auswertung, die zeigt, dass Mehrfachvasallität in den Midlands üblich und weit verbreitet war. In den folgenden Kapiteln wird untersucht, wie sich Mehrfachvasallität auf die Ehre der Beteiligten, das kirchliche Patronat und die Städte auswirkte. Das letzte Kapitel konzentriert sich auf die Abtei Burton-upon-Trent. Sie wurde als Fallstudie ausgewählt, weil aus ihr eine Fülle von Aufzeichnungen erhalten sind, die es in Kombination mit der Vita der heiligen Modwenna erlauben, die Beziehungen zwischen der Abtei und ihren Pächtern zu untersuchen. Die wichtigsten Quellen für diese Studie sind jedoch Urkunden (die als Originale oder in Chartularien oder frühen Drucken nach verlorenen Dokumenten erhalten sind) sowie andere edierte wie nichtedierte Eigentums- und Rechtsverleihungen und Aufzeichnungen der königlichen und städtischen Regierung. Für einige außergewöhnliche Dokumente bietet B. Transkriptionen und Übersetzungen. Die fundierte Studie leistet einen wichtigen Beitrag zur Forschung, indem sie detailliert zeigt, wie lokale Gesellschaften und individuelle herrschaftliche Bindungen in den Midlands im 12. Jh. funktionierten. Dank dem prosopographischen Ansatz bietet sie eine vollständige Geschichte der niederen Lords in der Region. Dies ist jedoch manchmal ein Nachteil. Wo es das Quellenmaterial zulässt, stellt B. in jeder ihrer Fallstudien einen umfangreichen Kontext zur Verfügung, der auch über das 12. Jh. hinausgeht (von der Zeit vor der Eroberung bis ins 13. Jh. und darüber hinaus). Weil das Quellenmaterial zu den einzelnen Grafschaften in ganz unterschiedlicher Menge erhalten ist, dominieren bestimmte Regionen die Darstellung. Diese Mängel schmälern aber nicht die überzeugend begründete These, dass die Mehrfachvasallität in den Midlands des 12. Jh. weit verbreitet war und sowohl für die Lords als auch für die Pächter Vorteile bot.
Abigail Armstrong