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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,1 (2025) *.

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Daniel Götte, Die Siegelpraxis der Fuldaer Stiftspfleger (1011–1531) (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 193) Darmstadt / Marburg 2023, Historische Kommission für Hessen, IX u. 517 S., 2 Tab., Siegelkatalog mit 118 farbigen Abb., ISBN 978-3-88443-348-5, EUR 34 (gebunden); EUR 24 (digital); EUR 45 (beide zusammen). – In seiner von Ingrid Baumgärtner, Univ. Kassel, betreuten Diss. untersucht der Vf. in einer materialreichen und kleinteilig gearbeiteten Studie den Siegelgebrauch der an 15 Pflegschaften der Abtei Fulda beteiligten Personen auf ihre Funktionen und Wirkungsweise hin. Die in den Bestallungen definierten Handlungsräume werden ermittelt, welche die Landes- und Finanzverwaltung der Abtei und deren Schutz sichern sollten. Die Positionierung und die Kombinationen der von den beteiligten Personen verwendeten Siegel werden untersucht, um gegenseitige Abhängigkeiten festzustellen und um die konsensuale Verwaltung in meist krisenhaften Zeiten herauszuarbeiten. Die Arbeit von Andrea Stieldorf über die Siegel der Fuldaer Äbte und des Konvents hat den Vf. „inspiriert“ (S. 8). In einem breit angelegten Forschungsbericht werden unterschiedliche Siegeltypen von Pflegern geistlicher Institute in Europa zusammengestellt. Unter „Methode und Vorgehen“ folgt ein Überblick über die zentralen Aussagen der jüngeren Siegelforschung. B. Bedos-Rezak wird breit zitiert, nicht jedoch die für die Siegelentwicklung im römischen Reich und damit auch für das Mainzer Erzbischofssiegel und für Fulda zentrale Arbeit von Hagen Keller über ottonische Herrschersiegel in der Festschrift Hansmartin Schwarzmaier (1997, vgl. DA 56, 691). Fünf Kapitel behandeln Pfleger mit persönlichen und klösterlichen Siegeln (S. 39–113), Personale Amtssiegel der Verwalter (S. 115–170), Gemeinschaftssiegel der Äbte und Pfleger (S. 171–216), Wappensiegel von Abt und Koadjutor (S. 217–293) und korporatives und persönliches Siegel der Pfleger (S. 295–373). Eine generelle Regelung oder die Verwendung bestimmter Siegel konnte nicht ermittelt werden. Zunächst siegelten die Pfleger mit ihren persönlichen oder Amtssiegeln. Erstmals 1382 ist ein korporatives Pflegschaftssiegel der sechs Verwalter überliefert (S. 342, Abb. S. 466 Nr. 2.7.7), ein Zeichen für die Institutionalisierung der Pflegschaft. „Die (kombinierten) Anwendungs- und Funktionsweisen der von den Verwaltern zur Landesadministration verwandten personalen und klösterlichen (Amts-) Siegel, korporativen Pflegschaftssiegel und Gemeinschaftssiegel mit den Äbten veranschaulichten hierbei sowohl die diplomatische Einflussnahme der Pfleger auf das zu verwaltende Hochstift als auch ihre seitens der Klosterleitung und Stände limitierte Verfügungsgewalt über die zu leitende Abtei Fulda in krisenhaften Zeiten“ (S. 375). Ein breit angelegter Siegelkatalog mit Abbildungen und ausführlicher Siegelbeschreibung beschließt die Arbeit: Äbte in Auswahl (S. 429–451), Siegel der Fuldaer Stiftspfleger und ihre Gemeinschaftssiegel mit den Äbten (S. 452–480), Siegel des Konvents in Auswahl (S. 480–490), weitere Siegel des Klosters Fulda (S. 491–495), Stadtsiegel aus dem Hochstift Fulda in Auswahl (S. 496–499), Siegel benachbarter Landesherren (S. 499–505) und Siegel edler und gemeiner Vasallen der Reichsabtei in Auswahl (S. 506–514). Ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis und ein Index der Siegelführer runden die Arbeit ab.

Wilfried Schöntag