Lidia Buono, Medioevo monastico nello specchio dei libri (I tascabili 3) Spoleto 2023, Fondazione Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo, XIV u. 472 S., 76 Abb., ISBN 978-88-6809-404-1, EUR 40. – Die in sechs Kapitel gegliederte Abhandlung beleuchtet die Entwicklung des Studiums der Freien Künste und insbesondere des Quadriviums im ma. Westeuropa. Die Vf. stützt ihre Analyse auf Hss. und literarische Quellen verschiedener Art, die zwischen dem 5. und dem 12. Jh. entstanden sind. Besonderes Augenmerk gilt einigen unedierten Kompilationen, die eindeutig didaktischen Zwecken dienten und somit die Inhalte und Methoden des Unterrichts auf lokaler Ebene widerspiegeln. Ein Schwerpunkt liegt auf der Produktion der Abtei Montecassino. Auf ein kurzes Vorwort (S. XI–XIII) folgt ein erstes Kapitel (S. 3–8), das sich mit dem kontroversen Verhältnis der spätantiken christlichen Gelehrten zur klassischen Kultur befasst. Das zweite Kapitel (S. 9–28) beleuchtet den Stellenwert der Schriftkultur in der Ausbildung der spätantiken Mönche am Beispiel der von Eugippius und Cassiodor geleiteten Gemeinschaften. Das dritte Kapitel (S. 29–85) beschreibt die Bedeutung des Studiums im benediktinischen Mönchtum und enthält ausführliche Informationen zu den Orten der Buchproduktion und -aufbewahrung. Das vierte Kapitel (S. 87–121) rundet den einleitenden Teil ab. Es befasst sich mit der karolingischen Reform und den Inhalten der Elementarbildung, wie sie sich aus den monastischen Consuetudines und den Kommentaren zur Benediktsregel ergeben. Das fünfte Kapitel (S. 123–180) ist der Untersuchung des Triviums (Grammatik, Rhetorik und Dialektik), der Entwicklung der ars dictandi und der Anwendung der Dialektik auf die Bibelauslegung gewidmet. Das umfangreiche sechste Kapitel (S. 181–417) befasst sich schließlich mit den Künsten des Quadriviums (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik). Die Vf. betont die grundsätzliche Abhängigkeit der frühma. Traktate von der klassischen und spätantiken Tradition, um dann die Fortschritte zu beschreiben, die durch die Verbreitung von Wissen und Instrumenten aus dem indo-arabischen Kulturkreis erzielt wurden. Von besonderem Interesse sind die Abschnitte über die ma. Zeitmessung und die Entwicklung der Komputistik zwischen insularer Tradition und karolingischer Überarbeitung. Die Werke Abbos von Fleury und Gerberts von Aurillac werden als Beispiele für die Blüte des Studiums des Quadriviums im 10. und 11. Jh. vorgestellt. Musikalische Traktate und Liturgie der Karolingerzeit sowie die Entwicklung der Polyphonie und der musikalischen Notation bilden den letzten Schwerpunkt des Kapitels. Ohne Fazit endet die Abhandlung mit einem Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 419–450), einem Hss.- (S. 451–454) und einem Namenregister (S. 455–471). Ein Abbildungsverzeichnis fehlt. Der Band enthält keine Fußnoten, sondern abgekürzte Literaturhinweise am Ende jedes Kapitels, die auf die abschließende Bibliographie verweisen, mit seltenen Ungenauigkeiten. Sehr wenige Tippfehler sind anzumerken, meist in der zweiten Hälfte des Buchs. Die Sprache der Franken wird fälschlicherweise als romanische Sprache dargestellt (S. 220): „che l’insegnamento venisse impartito in latino ad allievi la cui madrelingua era una delle lingue romanze, come il franco o un dialetto germanico“. Das Buch bietet eine Synopsis von höchster Qualität. Die Vf. hat der Fachwelt ein bisher fehlendes Nachschlagewerk zur Verfügung gestellt und gleichzeitig einem breiteren, interessierten (italienischsprachigen) Publikum eine spannende Abhandlung geboten. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Zitate aus unedierten hsl. Quellen, die sorgfältigen Übersetzungen ins Italienische und die aufschlussreichen Abbildungen. Die Vf. widmet der Arbeit der ma. Gelehrten, dem soziokulturellen Kontext, in dem sie wirkten, den Bedürfnissen ihrer Schüler und den konkreten Formen der Verbreitung ihrer Werke große Aufmerksamkeit und vermeidet so irreführende Verallgemeinerungen.
Cinzia Grifoni