Jennifer Mara DeSilva, The Office of Ceremonies and Advancement in Curial Rome, 1466–1528 (Studies in Medieval and Reformation Traditions 230) Leiden / Boston 2022, Brill, XIV u. 252 S., Abb., ISBN 978-90-04-44493-5, EUR 123,05. – Während die Formierung und Stratifizierung des päpstlichen Zeremoniells sowie der Symbolgehalt von Räumen, Gesten, Gegenständen und Worten bereits seit etlichen Jahrzehnten Gegenstand intensiver Reflexion sind, ist den päpstlichen Zeremonienmeistern, die die relevanten normativen und deskriptiven Quellen produzierten, bislang weniger Aufmerksamkeit gewidmet worden. Dieses Manko soll die Arbeit für jene Phase beheben, in der das Papstzeremoniell erforscht, reflektiert, kodifiziert und ausführlich aufgezeichnet wurde. Im Zentrum des Interesses stehen die drei berühmten Zeremonienmeister Agostino Patrizi, Johannes Burchard und Paride de’ Grassi. Sie werden nicht nach ihrer Leistung für die Zeremonialentwicklung befragt, sondern als exemplarische Repräsentanten einer „Mittelschicht“ an der Kurie: Kleriker in führenden Positionen, die nicht den obersten Rang des Kardinalats erreichten. Gefragt wird nach ihren Karrierewegen, ihrem Selbstbild und der Art, wie sie ihr Amt weiterentwickelten. Während die ersten Kapitel eher hinführend die Forschungslage zusammenfassen, wird in den nachfolgenden beiden Kapiteln die ökonomische Seite des Amts fokussiert. Sehr überzeugend wird herausgearbeitet, dass das Amt des Zeremonienmeisters zwar durch hochrangige Patronage erworben werden konnte und prestigeträchtig war, seine Inhaber ihren sozialen und ökonomischen Status jedoch durch geschickte Kombinationen aus Ämtern und Benefizien absicherten. Für alle drei Zeremonienmeister war das Bischofsamt die höchste Stufe ihrer Karriereleiter, freilich standen ihre Verpflichtungen in Rom in einer nicht zu übersehenden Spannung zur eigentlich geforderten Residenzpflicht. Doch auch wenn sie als Bischöfe keine herausragenden Leistungen vollbrachten, trugen sie – so die Argumentation – zum Funktionieren der Gesellschaft bei, nicht zuletzt durch Patronage an ihren Bischofssitzen. Zwei weitere Kapitel sind der schriftlichen Hinterlassenschaft der Zeremonienmeister gewidmet. Während D. Zeremonialdiarien und zeremonielle Handbücher zu Recht als Organisation des zeremoniellen Wissens und damit als Teil der Professionalisierung des Amts wertet, werden darüber hinausgehende historische oder liturgische Arbeiten eher kursorisch beleuchtet. Ein wenig aus dem Rahmen fällt das abschließende Kapitel, in dem die Predigt in der Capella papalis als Chance für sozialen Aufstieg an der Kurie thematisiert wird: Hier geht es weniger um die Karrieren der Zeremonienmeister als ihren Blick auf den „klerikalen Wettbewerb“. Ihre Stärken hat die Studie, wo sie aus den Quellen schöpfend Karrieren und Posten der Zeremonienmeister behandelt und Anschlussmöglichkeiten für weitere Forschungen zur „mittleren Ebene“ an der Kurie bietet; andere Kapitel bleiben dagegen stark der englisch- und italienischsprachigen Literatur verhaftet. Gleichwohl wird die künftige Beschäftigung mit der römischen Kurie im ausgehenden MA nicht um diese Studie herumkommen.
Bernward Schmidt