Peter Linehan, España Pontificia. Papal Letters to Spain 1198–1303 (Studies in Medieval and Early Modern Canon Law 19) Washington, D. C. 2023, The Catholic Univ. of America Press, XV u. 681 S., ISBN 978-0-8132-3437-3, USD 75. – Der Band knüpft in glücklicher Weise an die vom selben Vf. im Jahr 2013 veröffentlichte Portugalia Pontificia (vgl. DA 70, 232f.) an. Geboten werden darin konzise Regesten (und einige wenige Volltexte) zu knapp 2200 Papsturkunden, die sich an spanische Empfänger richten bzw. in spanischen Archiven überliefert sind. In Anlehnung an das in den 1950er Jahren von Franco Bartoloni begründete Censimento-Unternehmen konzentriert sich der Band fast ganz auf im Original erhaltene Urkunden. In wenigen Fällen – die Kriterien hierfür sind nicht ersichtlich – wurden auch kopial überlieferte Stücke berücksichtigt. Das Werk basiert auf umfangreichen Archivrecherchen, die der Vf. über einen Zeitraum von etwa fünf Jahrzehnten unternahm, nämlich seit den Vorarbeiten für seine 1971 erschienene Diss. über die spanische Kirche und das Papsttum im 13. Jh. (vgl. DA 28, 292f.). Die mühevolle Quellenerschließung in mehr als 60 Archiven, die offenbar nicht immer unter einfachen Bedingungen stattfand (S. 4: „Most of those whose materials are not included here will know well enough why“), war dabei kein Selbstzweck, sondern im Grunde Vorarbeit für eine Vielzahl historischer Studien, die den Fellow am Cambridger St John’s College zu einem der anerkanntesten Kenner der spanischen Kirchengeschichte im MA werden ließen. Der von L. in diesem Band erschlossene Urkundenbestand ist somit organisch gewachsen, wodurch verständlich wird, dass das Corpus keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Bewusst ausgelassen wurden 625 Papsturkunden aus katalanischen Archiven, deren Volltexte seit wenigen Jahren im Butllari de Catalunya (vgl. DA 74, 749f.) greifbar sind. Die Menge der systematisch ausgewerteten Archive bleibt gleichwohl beeindruckend. Die beiden wichtigsten Überlieferungsorte sind das Madrider Nationalarchiv, das die Archivbestände säkularisierter Klöster verwahrt, sowie das an Papsturkunden überreiche Kathedralarchiv in Toledo, aus denen etwa die Hälfte der regestierten Urkunden stammt. Das Regestencorpus ist chronologisch und nach Pontifikaten gegliedert angeordnet. Geboten werden jeweils Aussteller, Ausstellungsort und Datum (letzteres zusätzlich auch in Form der Originaldatierung), ferner, ebenfalls im Wortlaut des Originals, die Inscriptio und das Initium. Elongata bzw. Majuskelschrift werden durch Großschreibung angezeigt, wodurch sich Gnadensachen bequem von Justizbriefen unterscheiden lassen. Im Fall der Privilegien und Gratialbriefe wird zudem der für die jeweilige Urkunde verwendete Begriff in der Sanctio (z.B. constitutio, confirmatio, concessio) zitiert. Bei feierlichen Privilegien sind Rota und Benevalete sowie die Papst- und Kardinalsunterschriften vermerkt. Den eigentlichen Urkundeninhalt fasst ein knappes Regest in englischer Sprache zusammen, das freilich vielfach aus dem Originaltext zitiert. Auf die Angaben zum Inhalt folgen der Nachweis der Überlieferung und von Druckorten – letztere leider nur in Auswahl – sowie ein knapper diplomatischer Kommentar, der insbesondere die Kanzlei- und Prokuratorenvermerke im Blick hat. Die im Ausstellungsvorgang entstandenen Vermerke werden zudem am Ende des Bandes in drei Appendices (S. 533–571) zusammengestellt. Gerade hierin liegt ein wesentlicher Nutzen des Bandes, da bisherige Editionswerke diese meist außer acht gelassen haben. Die damit verbundenen Erkenntnismöglichkeiten verdeutlicht der Vf., indem er in der Einleitung unter anderem die Tätigkeit einzelner Prokuratoren für verschiedene Orden und Bischofskirchen nachzeichnet und damit wichtige Informationen über die Zugangsformen spanischer Würdenträger und Institutionen zur päpstlichen Kurie liefert (S. 7–17). Leider war es L. nicht mehr vergönnt, das Erscheinen seines verdienstvollen Bandes selbst zu erleben. Für die Forschung wird sein Repertorium für lange Zeit ein unverzichtbares Hilfsmittel und ein vorzüglicher Zugang zu den originalen Papsturkunden Spaniens im 13. Jh. sein, zumal es sich in hervorragender Weise als Ergänzung zu den Editionsbänden der Reihe Monumenta Hispaniae Pontificia nutzen lässt. Für die Nachwelt ist es ein beeindruckendes Monument eines fruchtbaren Gelehrtenlebens.
Daniel Berger