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Florian Chamorel, Un destin méditerranéen. Les princes de la Maison de Savoie en Méditerranée orientale (XIVe–XVe siècle) (Études d’histoire médiévale 18) Paris 2023, Honoré Champion, 699 S., 8 Abb., ISBN 978-2-7453-6004-5, EUR 98. – Das Werk trägt zu einem neuen Aufschwung in der Erforschung der späten Kreuzzüge und der lateinischen Präsenz im Orient bei. Zwar sind die untersuchten Einzelaspekte in der Historiographie weitgehend bekannt, doch Ch. integriert sie in eine kohärente Langzeitstudie. Dabei beginnt er mit der Untersuchung der politischen Aspekte der savoyischen Präsenz im Orient, insbesondere der Heiratspolitik. Der zweite Teil, der mit Abstand bedeutendste, behandelt detailliert die von den Savoyern für ihre Expeditionen eingesetzten personellen und materiellen Mittel. Die präzise und systematische Auswertung der Verwaltungs- und Rechnungsdokumente, die einen großen Schatz der in Turin aufbewahrten savoyischen Archive darstellen, ermöglicht sowohl einen umfassenden Überblick über einen längeren Zeitraum als auch detaillierte Einblicke in einzelne Expeditionen. Der Kriegshistoriker, der sich mehr für die pragmatischen Realitäten als für die Ereignisse interessiert, wird hier Informationen von immensem Wert finden. Der dritte Teil verfolgt eine institutionelle und kulturelle Perspektive und bewertet sowohl den Einfluss des Hauses Savoyen im Orient als auch mögliche Einflüsse des Orients auf den savoyischen Hof. Zwischen tatsächlicher Präsenz und politischem Imaginären wird untersucht, ob Aspekte wie die Beanspruchung orientalischer Titel lediglich ein Sprungbrett für fürstliche Ambitionen im Westen darstellten oder konkrete Interessen im Osten widerspiegeln. Hier besteht Potenzial für Vergleiche mit anderen politischen Kulturen, die nicht nur für Spezialisten des Hauses Savoyen von Interesse sind. Insgesamt liegt ein wichtiger Beitrag dieser Arbeit in der Zusammenstellung eines Corpus aus sehr verstreuten Dokumenten, hauptsächlich aus Archiven, aber auch aus gedruckten Quellen, wodurch ein überraschend wenig bekannter und bisher wenig erschlossener Bereich der Gelehrsamkeit gewürdigt wird. Die Untersuchung der Turiner Bestände findet in dem im selben Jahr erschienenen Werk von Simone Lombardo (siehe die folgende Rez.) ein Echo: Da sich letzterer stärker auf die Archive von Hafenstädten wie Genua und Venedig konzentriert, ergänzen sich die beiden Werke ideal. Obwohl das Buch keine kritische Edition von Dokumenten enthält, bietet Ch. eine ebenso wertvolle Analyse unveröffentlichter Quellen, indem er daraus 32 Datentabellen extrahiert, die als Vergleichsbasis für andere Forscher dienen können. Da es sich hauptsächlich um Verwaltungsdokumente handelt, erscheint diese Auswahl besonders klug. Die Originaltexte sind ebenfalls präsent und werden durch umfangreiche Transkriptionen in den Anmerkungen für künftige Forschungen zugänglich gemacht.

Ludovic Pollet