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L’abbazia di Morimondo nei secoli XII e XIII. Prospettive interdisciplinari. Atti della giornata di studio, Abbazia di Morimondo (MI), 5 ottobre 2019, a cura di Guido Cariboni / Caterina Ciccopiedi / Nicolangelo D’Acunto (Incontri di studio 19) Spoleto 2023, Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo, XXII u. 414 S., Abb., ISBN 978-88-6809-400-3, EUR 52. – Der Band versammelt die Ergebnisse einer Tagung, die in der südöstlich von Mailand gelegenen Zisterzienserabtei Morimondo stattfand. Wie aus dem Vorwort von D’Acunto (S. VII–IX) hervorgeht, ist sie Teil eines 2015 gestarteten wissenschaftlichen Projekts, das darauf abzielt, die hauptsächlich zisterziensischen Klöster in Mittel- und Norditalien unter Berücksichtigung der jüngsten historiographischen Errungenschaften und vor allem mit einem stark interdisziplinären Ansatz zu untersuchen, an dem neben Historikern auch Philologen, Paläographen, Kunst- und Architekturhistoriker beteiligt sind. Diese Interdisziplinarität zeigt sich deutlich in der Struktur des Bandes, innerhalb derer sich zwei Schwerpunkte ausmachen lassen: Der erste ist historisch-institutioneller, der zweite künstlerisch-kultureller Natur. Die ersten fünf Beiträge stellen eine wichtige und gründliche Neuinterpretation der Rolle des Klosters auf politischer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene dar. Guido Cariboni (S. 1–11) betrachtet die Ursprünge der Zisterziensergründung in den turbulenten Jahren des Innocentianischen Schismas. Die Situation in Mailand war sehr heikel, vor allem in den Jahren 1128–1135, als die Führungsschicht der Stadt zwischen der Loyalität zu Innocenz II. und seinem Rivalen Anaklet, der vom deutschen König Konrad III. unterstützt wurde, gespalten war. Dementsprechend kann man die Gründung von Morimondo und die etwas spätere von Chiaravalle als Ausdruck dieser politisch-kirchlichen Zerrissenheit verstehen. Giacomo Campagna (S. 13–51) analysiert die Verbindungen zwischen Morimondo und den Grundherren der Umgebung, die zur Bildung eines Kernbereichs des Klosterbesitzes und zu einem Netz von Beziehungen zum Landadel des Gebiets (de Ozeno, de Alliate, de Mairola) führten. Innovativ ist die Neuinterpretation der zwei Jahre nach der Ansiedlung erfolgten Verlegung der Klostergemeinschaft von Coronate in die Ortschaft Fariciola, die nicht als Umzug der weißen Mönche, sondern vielmehr als Ergebnis der durch die Ankunft der Mönche ausgelösten Entwicklung des Territoriums zu interpretieren ist. Stefano Manganaro (S. 53–98) betrachtet die Beziehungen zwischen der Abtei und den staufischen Kaisern anhand der sieben erhaltenen Urkunden aus der Reichskanzlei: Friedrich I. (1174), Heinrich VI. (1195), Otto IV. (1210, 1212) und Friedrich II. (1217, 1219, 1236). Eine sorgfältige Analyse des Inhalts und des historischen Kontexts der einzelnen Diplome zeigt nicht nur die verschiedenen Arten von Begünstigungen, die die Mönche erhielten, sondern auch die Entwicklung ihrer Beziehungen zum Kaiserhof. Während die Beziehungen zu Friedrich I. schwankend waren, ist unter Heinrich VI. eine positive Stabilisierung festzustellen, die dazu führte, dass die Mönche während der kurzen Regierungszeit Ottos IV. und des frühen Friedrich II. erheblichen Einfluss gewannen. Der Konflikt zwischen diesem und dem Papsttum führte zu einer Verschlechterung der Beziehungen in den 1230er und 1240er Jahren. Luca Fois (S. 99–180) unternimmt eine anspruchsvolle Rekonstruktion der Abtsliste von Morimondo im 12. und 13. Jh., wobei er sich sowohl auf notarielle als auch auf liturgische und gelehrte Quellen stützt. Der Vergleich dieser Quellen ermöglicht es, Mailand und seine städtische Aristokratie als Herkunftsort der meisten Äbte zu betrachten, die sich sowohl durch ihre juristische Kultur als auch durch ihre organisatorischen Fähigkeiten auszeichnen konnten. Laura Bertoni (S. 181–209) konzentriert sich auf die Verwaltung des Grundbesitzes und zeigt, wie die Zisterzienser traditionsgemäß eine ausgeprägte Fähigkeit zur Ausweitung ihres Besitzes mit Hilfe verschiedener und flexibler Instrumente bewiesen. Der Erfolg dieser Strategie wird durch die Errichtung zahlreicher Höfe (villae, grangiae) in der zweiten Hälfte des 12. Jh. bestätigt. Im folgenden Jahrhundert geriet das Kloster allerdings in eine wirtschaftliche Krise. Die nächsten fünf Aufsätze befassen sich mit kultur- und kunstgeschichtlichen Aspekten. Simona Gavinelli (S. 211–280) und Milvia Bollati (S. 281–290) untersuchen das umfangreiche hsl. Material, das derzeit in der Biblioteca del Seminario vescovile di Como – Centro studi „Niccolò Rusca“ aufbewahrt wird: G. liefert nicht nur eine analytische Beschreibung von zwei Passionarien aus dieser Sammlung (Morimondo 5 und 6), sondern hebt auch die außergewöhnliche Rolle des Mönchs Beltramus de Reoldis hervor, der mindestens 30 Jahre lang (an der Wende vom 13. zum 14. Jh.) als Schreiber, Bibliothekar und Schatzmeister in Morimondo wirkte; B. identifiziert durch einen überzeugenden stilistischen Vergleich eine Vielzahl von Buchmalern, die zwischen 1170 und 1180 tätig waren und deren Werke eine Verwandtschaft zu den Miniaturen zeigen, die der Mailänder Bischof Algisio da Pirovano (1176–1182) für das Mailänder Domkapitel in Auftrag gab. Die nachfolgenden drei Aufsätze sind ebenfalls kunstgeschichtlich orientiert und heben den guten Erhaltungszustand der Bauten hervor, der es erlaubt, Wechselwirkungen zwischen transalpinem und lombardischem Stil zu erkennen (Silvia Beltramo, S. 291–331), die unruhigen Ereignisse, die das künstlerische Erbe der Abtei von ihrer Gründung bis in die Neuzeit und bis in die Gegenwart beeinflusst haben (Paolo Mira, S. 333–352), die außergewöhnlichen Dekorationen im Bereich des alten Skriptoriums (Ende 13. / Anfang 14. Jh.), die an die Malereien in den oberen Kapellen des Querschiffs des nahe gelegenen Chiaravalle erinnern (Luigi Carlo Schiavi, S. 353–373). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Band eine breite Palette von Themen bietet, die Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen aktuelle und zuverlässige Instrumente zur Verfügung stellen, um den Weg für neue Entdeckungen im Zug der internationalen und natürlich der italienischen Geschichtsschreibung über Morimondo zu ebnen, wie es am Ende von Alexis Grelois (S. 375–379) und Maria Pia Alberzoni (S. 381–386) skizziert wird.

Alberto Spataro