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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,1 (2025) *.

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Ide François, Francesco Filelfo, Consolatio ad Iacobum Antonium Marcellum de obitu Valerii filii. Text and Context (Travaux d’Humanisme et Renaissance 650) Genève 2024, Droz, 448 S., 5 Abb., ISBN 978-2-600-06428-6, EUR 65,40. – Francesco Filelfo (1398–1481) verfasste neben Tausenden von Briefen, Zehntausenden von Versen sowie vielen Reden und Dialogen Ende 1461 auch eine umfangreiche Trostschrift in Prosa. Gerichtet ist sie an den venezianischen Patrizier Jacopo Antonio Marcello (1398/99–1463/64), dessen Sohn Valerio am 1. Januar 1461 im Alter von acht Jahren in Venedig verstorben war. F. legt dieses herausragende Stück humanistischer Konsolationsliteratur im Rahmen einer von Jeroen De Keyser betreuten Löwener Diss. nun erstmals in einer kritischen Edition vor; der in 168 Paragraphen gegliederte lateinische Originaltext mit seinen 3005 Zeilen ist mit einem dreifachen Apparat (Quellen, Randbemerkungen und Überlieferungsvarianten) ausgestattet und wird von einer englischen Übersetzung begleitet (S. 51–233). Die komplexe Textüberlieferung (darunter 20 Hss.) wird einleitend genau beschrieben (S. 21–49, ein Stemma auf S. 45). Die Mailänder Inkunabel von 1483/84 (Sigle „S“) dient als Leittext; obwohl sie erst zwei Jahre nach Filelfos Tod erschienen ist, soll sie die voluntas auctoris ultima am besten abbilden (so S. 46). Im zweiten Teil („Context“, S. 237–371) beschreibt F. zunächst den kultur- und gattungsgeschichtlichen Kontext der Trostschrift. Anknüpfend an die rhetorische Gliederung der Consolatio mit ihrer langen philosophischen Refutatio (§§ 54–128, vgl. S. 15) skizziert F. danach die antike und zeitgenössische Debatte über die Unsterblichkeit der Seele, die in Filelfos Oratio parentalis von 1467 ebenfalls eine Rolle spielt (vgl. dazu die Appendix, S. 377–384). Anschließend erörtert F. die rhetorischen Strategien, die Filelfo mit seinem auch an ein größeres Publikum gerichteten Text verfolgt. Eine knappe Zusammenfassung (S. 373–375), Abbildungen aus vier der Hss., das Literaturverzeichnis (S. 391–411) und vier Indices beschließen den Band. Es handelt sich um eine glänzende Edition, die nicht zuletzt durch ihren reichen Quellenapparat besticht. Etwas gewöhnungsbedürftig erscheint das Verfahren, Editionen nicht unter dem Namen des Autors, sondern nur des Herausgebers zu zitieren. Jeroen De Keysers magistrale vierbändige Ausgabe von Filelfos Epistolarum libri XLVIII wird daher im Literaturverzeichnis lediglich als „De Keyser 2015b“ geführt; dass das häufig verwendete Kürzel „PhE“ (erstmals S. 36 Anm. 20) ebenfalls auf diese Ausgabe verweist, wird im Buch nicht erläutert. Angesichts von Filelfos mitunter bizarrer Orthographie (sopnus statt somnus, sagipta statt sagitta, vgl. S. 37 und 49) lässt sich kaum entscheiden, ob es sich etwa bei lat. Abacue (S. 191, Z. 2289, für den Propheten Habakuk) um eine Varia lectio für Abacuc oder nur um einen Druckfehler handelt.

Matthias Dall’Asta