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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 81,1 (2025) *.

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Elmar Hofmann, Armorials in Medieval Manuscripts. Collections of Coats of Arms as Means of Communication and Historical Sources in France and the Holy Roman Empire (13th – early 16th centuries) (Heraldic Studies 4) Ostfildern 2022, Thorbecke, 377 S., Abb., ISBN 978-3-7995-1554-2, EUR 58. – Die durchdachten Fragestellungen in dieser Münsteraner Diss. setzen Maßstäbe. Es geht nicht nur um Wappenbücher im engeren Sinn, sondern allgemein um Wappendarstellungen, die aus dem gesellschaftlichen Leben des Spät-MA nicht wegzudenken sind. Die ersten drei Abschnitte klären den Zugriff forschungsgeschichtlich und methodologisch (S. 11–104). Ihre Lektüre macht deutlich, welch bedeutsame Erkenntnispotentiale zeitgemäße Heraldik bietet. Es folgen vier Hauptabschnitte. Sie beschäftigen sich mit den Wappendarstellungen selbst (S. 105–165), mit dem Personal, das solche Darstellungen produzierte (S. 167–202), den Grundsätzen der visuellen Präsentation (S. 203–239, eher knapp) und schließlich generalisierend mit den vielfältigen Zwecken, denen Wappendarstellungen dienten (S. 241–276). Die ausführliche Zusammenfassung (S. 277–292) endet mit kurzen Anregungen für künftige Forschungen. Im Anhang werden die Probleme, Wappenbücher zu datieren, erörtert (S. 293–297). Wichtig ist eine datenbankgerecht aufbereitete Liste von 135 benutzten Hss. mit ihren Merkmalen (S. 298–344). Was fehlt, ist ein Register. Die gezielte Benutzung wird dadurch erschwert. Das kann man nur bedauern angesichts der Informationsfülle nicht nur zu adeligen, geistlichen und bürgerlichen Wappenträgern selbst, zunehmend professionalisierten Herolden sowie dem Botenwesen und dem Nachrichtenaustausch, sondern weit darüber hinaus zur Festkultur sowie den sozialen Rängen und Gruppen an Höfen und in Städten. Dass die Arbeit auf Englisch erschienen ist, mag ihr international bessere Beachtung sichern. Andererseits zeigen sich hier Probleme im Lektorat. So werden die Benützer von Hss. durchgängig als „consumers“ statt als „users“ bezeichnet (was der Google-Translator besser kann). Und darf man Beischriften (Legenden) zu Zeichnungen wirklich im Englischen als „legends“ benennen (S. 160 u. ö., statt „captions“)? Nebenbei bemerkt: Wappenlegenden und fiktive Wappen werden immer wieder angesprochen, doch fehlt ein systematisches Kapitel darüber in der ansonsten nahezu enzyklopädischen Übersicht zum Wappenwesen des Spät-MA. Das ist bedenklich, denn H. konzentriert sich sehr stark auf die Formen der Kommunikation zwischen Produzenten und Konsumenten von Wappendarstellungen. Man fragt sich unwillkürlich, ob es nicht auch Aufgabe der Heraldik als Wissenschaft ist, inhaltlich zwischen zutreffenden und nichtzutreffenden Behauptungen kritisch zu unterscheiden. Trotzdem bleibt diese Arbeit eine respektheischende Leistung, die auch dem letzten Skeptiker klarmachen dürfte, dass Heraldik mehr ist als bloße Liebhaberei: Wappen waren ein zentraler Bestandteil alteuropäischer Lebenswirklichkeit spätestens ab dem 13. Jh. und bis weit über das sogenannte MA hinaus.

K. B.