Arnold Esch / Ludwig Schmugge, Menschen in ihrer Gegenwart. Die Fülle spätmittelalterlichen Lebens im Spiegel der Apostolischen Pönitentiarie, mit einer Einleitung von Tobias Daniels (Online-Schriften des DHI Rom, Neue Reihe 10) Heidelberg 2024, Heidelberg Univ. Press, 417 S., Abb., ISBN 978-3-96822-261-5, EUR 50; ISBN 978-3-96822-262-2 (PDF). – Erst seit etwa 40 Jahren ist das Archiv der Apostolischen Pönitentiarie mit den darin enthaltenen Supplikenregistern dieser kurialen Behörde für die Forschung zugänglich und hat sich seitdem als eine unschätzbare Quelle für verschiedene Bereiche der Mediävistik erwiesen. Dabei sind es vor allem die in den Bittschriften erzählten Geschichten der meist einfachen Menschen, die einen Blick in die ma. Lebenswelt ermöglichen. Zugänge zum Alltag des MA bieten E. und Sch. mit insgesamt 20 ausgewählten Beiträgen, welche die Vielfalt der in den Bittschriften zu findenden Geschichten in exemplarischer Weise wiedergeben. Die behandelten Sachthemen sind weitgespannt, von medizinischen Gutachten bis zu Luther und der Reformation sowie von entlaufenen Mönchen und wallfahrenden Frauen bis zum spätma. Umgangslatein. Neben dezidiert deutschen Themen werden Suppliken aus der gesamten Christianitas berücksichtigt, unter anderem zu Kämpfen im Mittelmeer und zur portugiesischen Expansion im Atlantik. Insgesamt handelt es sich um bereits an verschiedenen, meist nur schwer zu findenden Stellen publizierte Aufsätze der beiden Vf. Ihre gemeinsame Zusammenstellung ist sehr zu begrüßen. Die meisten Beiträge wurden ohne Änderungen erneut abgedruckt. Allerdings wurde ein Beitrag aus dem Englischen (S. 237–263) und einer aus dem Italienischen (S. 265–274) ins Deutsche übersetzt. In vier Fällen gibt es teils umfängliche Überarbeitungen und Erweiterungen (S. 189–208, 275–293, 295–310, 337–376). Am Ende des Bandes findet sich eine Liste der Erstveröffentlichungen (S. 415–417). Eingeleitet wird der gelungene Band von D., der fachkundig einen knappen Überblick über Quellen, Forschungsgeschichte und die wiedergegebenen Aufsätze gibt, bevor er in einem Ausblick mögliche zukünftige Forschungen skizziert. Die von D. aufgezeigten zahlreichen Desiderate machen deutlich, dass die zusammengestellten Aufsätze von E. und Sch., bei denen es sich jeweils nur um einen Ausschnitt aus ihrem reichen Werk handelt, keineswegs den Abschluss der Forschungen zur Pönitentiarie bilden sollen, sondern vielmehr als Vorbilder und Anregungen für weitere Auseinandersetzungen mit den Supplikenregistern und den darin enthaltenen „wahren Geschichten“ zu verstehen sind. Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass der Band, der zudem in der Online-Version kostenlos zur Verfügung gestellt wird, eine breite Rezeption erfährt und dadurch neue Fragestellungen und Forschungen anregt!
P. W.