Ermanno Orlando, Matrimoni medievali. Sposarsi in Italia nei secoli XIII–XVI (La storia. Temi 107) Roma 2023, Viella, 306 S., ISBN 979-12-5469-233-2, EUR 27. – Die Ehe im MA ist derzeit ein sehr beliebtes Forschungsthema, zu dem O. einen Überblick über die Heirat in Italien beiträgt, vom Spät-MA bis zum Konzil von Trient, das die kirchlichen Vorstellungen von einer gültigen Eheschließung grundstürzend veränderte. In der Einleitung legt O. dar, was Heirat im MA bedeutete, und kommt zu dem zutreffenden Schluss, dass es nicht möglich ist, von einem ma. Modell der Eheschließung zu sprechen, sondern dass von Modellen die Rede sein muss; denn die Vorstellungen von dem, was eine rechtlich gültige Heirat ausmacht, unterschieden sich deutlich, je nach Ort, Zeit und sozialem Status der Brautleute. O. geht auch auf die Diskussionen über den Konsens ein, über verschiedene Formen der Heirat und über den Konflikt zwischen kirchlicher und säkularer Gesetzgebung. Dann wendet er sich der konkreten Praxis der Eheschließung zu: Wie verlief eine Heirat? Wer verhandelte über die Mitgift? Wo fand die Eheschließung statt? Wer war anwesend, wer leitete die Zeremonie? Dann widmet sich O. einem breiten Spektrum von Einzelfragen mit Bedeutung für das Thema: Welche Rolle spielte die Familie beim Prozess der Eheschließung? Welche Alternativen zur Heirat gab es? Es geht auch um vorgetäuschte Heiraten, Hochzeiten Minderjähriger, erzwungene Verbindungen sowie Heiraten zwischen Christen und Andersgläubigen. Das Buch ist im Grund eine Neuauflage von O.s Werk Sposarsi nel medioevo (2010, vgl. DA 68, 768f.), aber der Vf. hat es stark überarbeitet und die Perspektive von Venedig auf ganz Italien geweitet. Die Argumentation wird unterstützt durch zahlreiche Fallbeispiele aus verschiedenen italienischen Archiven, und diese anschaulichen Details machen die Lektüre vergnüglich. Insgesamt ist das Buch eine gelungene Überblicksdarstellung zu den verschiedensten Aspekten der Eheschließung in Italien. Nur ein abschließendes Kapitel, das die einzelnen Themenkomplexe zusammenführen würde, fehlt. Ebenso hätte man sich einen Vergleich mit den Praktiken in anderen europäischen Ländern gewünscht, um spezifisch Italienisches von Allgemeingültigem trennen zu können. Und seltsamerweise ist in dem Kapitel über das Konkubinat an keiner Stelle von Priestern die Rede.
Kirsi Salonen (Übers. V. L.)