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Nele Bösel-Hielscher, Der Osnabrücker Rat im Mittelalter. Entstehung, Entwicklung, Kompetenzen (Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen 57) Bielefeld 2023, Verlag für Regionalgeschichte, 414 S., Abb., ISBN 978-3-7395-1502-1, EUR 69. – Die Osnabrücker Diss. – dieser Umstand ist aus dem Buch selbst nicht zu entnehmen – behandelt die Geschichte des Osnabrücker Rats, die bislang noch nicht Gegenstand einer eingehenden Untersuchung gewesen ist. Die einleitenden drei Kapitel (Forschungsstand und Quellenlage, Stadtgenese, Bürgerschaft und Autonomie) bieten die wesentlichen Informationen und betten die Arbeit in die Osnabrücker Stadtgeschichtsforschung ein. Der eigentliche Hauptteil widmet sich der Geschichte des Osnabrücker Rats als zentralen Selbstvertretungsorgans der Osnabrücker Bürgerschaft. Bemerkenswert ist die andernorts nicht anzutreffende synonyme Verwendung der Bezeichnungen Schöffen und Ratsherren (Zitat aus der Ratswahlordnung von 1348: de [...] schepenen, de dat jar den raed besethen, S. 63). Die Vf. behandelt ferner u. a. die Ratswahl, die Amtsdauer der Ratsherren sowie die Voraussetzungen für die Ratsfähigkeit. Im Anschluss werden die einzelnen Ratsgremien in den beiden Osnabrücker Teilstädten Neustadt und Altstadt, der „Große Rat“ als Vertretung der Gesamtstadt, die Rathäuser als administrative Orte sowie die Aufgaben der einzelnen Ratsgremien in den Blick genommen. Besonders verdienstvoll und anschaulich ist das Kapitel 4.5 „Ratsfamilien“, in dem am Beispiel der Familien Twent, von Melle, Ertman und von Leden die engen Beziehungen analysiert werden, die zwischen den führenden Familien der Stadt und dem Rat bestanden. Das letzte Kapitel über Stadt und Geistlichkeit erhellt zum einen die im Laufe des Spät-MA zunehmenden Versuche des Osnabrücker Rats, Einfluss auf die geistlichen Institutionen innerhalb der Stadt zu gewinnen. Zum anderen wird das Verhältnis zum bischöflichen Stadtherrn vor dem Hintergrund des erfolgreichen städtischen Strebens nach weitgehender Autonomie dargestellt. In der ersten Hälfte des 15. Jh. gelang es dem Osnabrücker Rat sogar zeitweise, Einfluss auf die Bischofswahl zu nehmen. Eine recht knappe Zusammenfassung (S. 169–173) beschließt den darstellenden Teil. Der umfangreiche Anhang (S. 187–414) bietet einen prosopographischen Katalog der Osnabrücker Ratsherren, eine Ratsliste der Jahre 1231–1505 sowie Verzeichnisse der Richter der Alt- und Neustadt, der Inhaber der Hospitalämter sowie der Kirchenräte und Werkmeister. Der Vf. ist für ein wichtiges Kompendium zur Osnabrücker Stadtgeschichte zu danken, insbesondere die Ratsherrenverzeichnisse im Anhang werden alle einschlägig Interessierten sicher gerne konsultieren. Dass auf einen Index der Personen- und Ortsnamen verzichtet worden ist, schränkt die Benutzbarkeit des Werks leider ein.

Henning Steinführer