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Die Volkszählung von 1470 im Hochstift Speyer, bearb. von Matthias Dreyer / Johannes Weingart (Pfälzische Geschichtsquellen 20) Neustadt an der Weinstraße 2023, Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, 413 S., ISBN 978-3-942189-37-8, EUR 44. – Die Edition des 1470 für das Hochstift Speyer angelegten Verzeichnisses von Einwohnern des Territoriums (Generallandesarchiv Karlsruhe, 67/296) schließt ein Desiderat der Forschung. Der im deutschsprachigen Raum für das ausgehende MA einzigartige Text, der auf Initiative des Speyerer Bischofs Matthias Rammung entstand, vermerkt für die links- und rechtsrheinischen Städte und Dörfer des Territoriums die Geistlichen und die Leibeigenen samt Nennung ihrer herrschaftlichen Zugehörigkeit. Begonnen wurde das Editionsprojekt bereits von dem Karlsruher Archivar Hans-Dietrich Siebart (1898–1953). Für Qualität bürgen die erfahrenen Bearbeiter, die bereits mehrere einschlägige Quellen zur pfälzischen Geschichte für die Forschung aufbereitet haben. Insgesamt lässt die Edition keine Wünsche offen. Nach der konzisen Einleitung zu Hs. und historischem Kontext folgt eine gelungene Wiedergabe des Texts. Kommentiert wurde, wo dies notwendig war. Sichtbar wird die Vielgestaltigkeit der herrschaftlichen Zugehörigkeit der Leibeigenen im Speyerer Hochstift, die neben dem örtlichen Bischof vor allem der nahen Pfalzgrafschaft bei Rhein, aber auch einer Vielzahl weiterer geistlicher und adliger Herren verbunden waren. Die umfangreichen Personen-, Orts- und Sachregister werden eine detaillierte Untersuchung dieser nicht nur regional bedeutsamen Quelle ermöglichen, die bisher umfassend nur im Kontext eines bereits mehr als 30 Jahre alten Sammelbands gewürdigt wurde (vgl. DA 48, 345). Ob der als Titel gewählte Begriff der ‘Volkszählung’ die Quelle angemessen charakterisiert, ist angesichts der fehlenden Aufführung von Kindern in den einzelnen Haushalten allerdings in Frage zu stellen. Ein 1530 erstelltes Verzeichnis für das Hochstift kommt einer solchen schon näher (Volkszählung im Hochstift Speyer 1530, bearb. von Erwin H. Ofer, 1999). Es bleibt zu hoffen, dass die finanzierend hinter diesem Projekt stehende, 1979 begründete Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, in deren Publikationsreihe die wertvolle Edition erschienen ist, auch weiterhin die Veröffentlichung von Bänden wie dem vorliegenden fördert. Ebenfalls erfreulich wäre es, würde sie zudem der Aufarbeitung der Rolle ihres „spiritus rector“ Karl Richard Weintz (1908‒2010), eines ehemaligen Mitarbeiters von Gestapo und Reichssicherheitshauptamt (vgl. Benjamin Müsegades, NS-Täter zwischen Gestapo und pfälzischer Geschichtsforschung. Karl Richard Weintz, 1908‒2010, 2023), dessen Nachlass die Stiftung bis heute in Neustadt/Weinstraße unter Verschluss hält, die gebührende Aufmerksamkeit widmen.

Benjamin Müsegades