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Lorenzo Proscio, Lo Schiaffo di Anagni. La storia, i luoghi, le leggende (de ortibus et occasibus) Roma 2023, Edizioni Efesto, 121 S., Abb., ISBN 978-88-3381-489-6, EUR 13,50. – Das schmale und kleinformatige Bändchen widmet sich den Auseinandersetzungen zwischen Papst Bonifaz VIII. und seinen Gegnern aus der Familie der Colonna und dem französischen Königshaus, die im Überfall auf den Caetani-Papst in Anagni im September 1303 gipfelten. Das Ereignis wird breit kontextualisiert: Nach einem Vorwort von Emiliano Bultrini (S. 9–11) umreißt ein kurzes Kapitel zunächst die seit dem 12. Jh. nachweisbare Präsenz der Caetani in Anagni, ehe in einem weiteren Abschnitt der Lebensweg des prominentesten Vertreters der Familie, Benedetto Caetani, von seiner Geburt um 1230 bis zu seiner Wahl zum Papst im Jahr 1294 nachgezeichnet wird. Die drei folgenden Kapitel behandeln die Besitzungen der Caetani im Kirchenstaat und in Anagni bis in die Zeit Bonifaz’ VIII. hinein, dessen territoriale Expansionspolitik zugunsten der eigenen Angehörigen ihn in Gegensatz zu den Colonna brachte und somit zum heraufziehenden Konflikt beitrug. Über einen Abschnitt zum Pontifikat Cölestins V., dessen Rücktritt und der anschließenden Wahl Benedetto Caetanis zum Papst steuert die Darstellung auf den Höhepunkt zu. Im umfangreichsten Kapitel werden zunächst die Auseinandersetzungen mit den Colonna und dem französischen König Philipp IV. in ihrer Genese und ihrem Verlauf geschildert; auch die Rolle von Florenz und der sizilischen Frage, des Streits um die Insel zwischen Aragón und den Anjou, wird thematisiert. Im Anschluss daran werden der Überfall auf den Papst in Anagni unter der Führung Sciarra Colonnas und Wilhelms von Nogaret, seine Gefangensetzung und die Befreiung bis hin zur Rückkehr nach Rom und seinem Tod am 11. Oktober in der Tiberstadt skizziert. Den weiteren Ereignissen unter dem Nachfolger Bonifaz’ VIII., Benedikt XI., dem Prozess im Pontifikat Clemens’ V., der gegen den Caetani-Papst wegen des Vorwurfs der Häresie angestrengt wurde, und der Entstehung der Legende von der Ohrfeige, die Bonifaz während der Attacke am 7. September in Anagni getroffen haben soll, werden knappe Ausführungen in drei kurzen Kapiteln gewidmet. Eine Bibliographie, die Quellen und Literatur in italienischer, französischer und englischer Sprache vereint, beschließt den Band. Gerichtet ist das Büchlein an ein breiteres Publikum, dem der Forschungsstand anhand der Literatur in ansprechender Weise dargelegt wird. Dazu tragen vor allem die gute Lesbarkeit der Abhandlung, aber auch eine reiche Bebilderung (teils in Farbe) bei. Neue Erkenntnisse oder Thesen wird man bei der Lektüre nicht erwarten können. Gleichwohl verleihen die Farbfotografien und Karten zusammen mit der Präsentation jüngerer Forschungen zur Kathedrale und zur künstlerischen Ausgestaltung der Caetani-Kapelle der Darstellung einen ganz eigenen, auf Anagni bezogenen Akzent.

Andreas Fischer