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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,2 (2024) *.

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Piotr Okniński, Wehikuły pamięci. Przeszłość i władza w dawnym Krakowie (do końca XVIII w.) [Die Vehikel der Erinnerung. Vergangenheit und Macht im alten Krakau (bis zum Ende des 18. Jh.)], Warszawa 2023, Wydawnictwo Uniwersytetu Warszawskiego, 266 S., ISBN 978-83-235-6159-0, PLN 39. – Dieses Buch ist zwar eine ausführliche Monographie, die ein Bild der städtischen Erinnerungskultur in Krakau zeichnet, ist aber gleichzeitig zusammengesetzt aus vier Studien, die sich ausgewählten Aspekten widmen. Im 1. Kapitel (S. 14–51) geht es um die Rolle des Rathauses als Symbol der Stadt und „Wachturm der Vergangenheit“, Sitz der Schatzkammer und des Archivs, sowie um die Bedeutung des Marktplatzes als zentralen Ortes der Stadt. Kap. 2 (S. 52–104) befasst sich mit den Ratskatalogen. Die eingehende Analyse der erhaltenen Verzeichnisse aus dem 16./17. Jh. führt zu dem Schluss, dass schon um 1379 ein erstes Verzeichnis angelegt worden sein muss. Kap. 3 (S. 105–158) ist der Erinnerung an den „Aufstand des Vogts Albert“ (1311/12) gewidmet, als die Stadt gegen Herzog Władysław Ellenlang rebellierte und schwer bestraft wurde. Diese „Schande der Vorfahren“ belastete die Stadt lange, und die Angelegenheit bekam schnell nationale Implikationen. Um die Verbreitung verschiedener Stränge dieser Tradition aufzuzeigen, nutzt der Vf. zahlreiche neuzeitliche Texte. Wichtig ist die Feststellung, dass die bekannte Episode in annalistischen Aufzeichnungen aus dem 15. Jh. über deutsche Rebellen, deren Kenntnisse der polnischen Sprache überprüft wurden, sich auf einen auch später populären Witz bezieht. Kap. 4 (S. 159–207) betrachtet „städtische Wappenlegenden“ als Ausdruck der Entstehung einer Tradition, die das Bürgertum auf eine Stufe mit dem Adel setzt. Das kurze Fazit (S. 208–212) trägt den Titel: „Auf dem Weg zu einer Synthese“. Tatsächlich zeichnen die Studien ein kohärentes und äußerst interessantes Bild des Aufbaus und der Funktionsweise des historischen Gedächtnisses einer Stadtgemeinde, das auf die „Legitimierung der kommunalen Autonomie“ ausgerichtet war, wobei die enge Beziehung der Stadt zum Herrscher und ihr Anteil an der Politik hervorgehoben sowie Muster der Adelskultur nachgeahmt wurden. Die Instrumente dieser „Politik der Erinnerung“ waren Urkunden und Amtsbücher, später auch „heraldische und genealogische Kompendien“. Von grundlegender Bedeutung ist die Analyse von Texten aus dem 16.–18. Jh., auf deren Basis der Vf. geschickt die frühere Traditionsentwicklung rekonstruiert, was eine wichtige methodische Anregung für künftige Forscher sein kann. Leider ist die englische Zusammenfassung äußerst knapp (S. 253f.).

Tomasz Jurek